Der Fluch Der Bösen Tat
hatten Brüder oder Cousins, und als sie älter wurden, erzählten sie, dass sie zu Hause einen Freund hätten, wo auch immer das war. Einige bekamen Briefe, die sie versteckt in ihren kleinen BHs mit sich herumtrugen, weil sie Angst hatten, dass eine Schwester oder ein Lehrer sie entdecken würden.« Ruth seufzte.
»Ich nicht. Ich war unglaublich naiv und unwissend. Ich dachte, eines Tages würde der richtige Mann vor mir auftauchen und nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten würde alles in Glück und Zufriedenheit enden, wie in einem der Romane von Georgette Heyer.«
»Aber so funktioniert es nicht«, sagte Meredith nüchtern und spürte Alans Blicke auf sich ruhen.
»Nein, natürlich nicht! Aber das wusste ich damals nicht. Als ich Simon begegnet bin, habe ich mich in ihn verliebt, von einer Sekunde auf die andere. Er schien meine Liebe zu erwidern. Ich habe nicht an ihm gezweifelt – warum hätte ich es auch tun sollen? Es war unglaublich schmeichelhaft, dass er ausgerechnet mich auserwählt hatte. Er sah fantastisch aus. Die anderen Studentinnen beneideten mich. Es war alles wunderbar berauschend, solange es dauerte. Und es endete ziemlich abrupt in dem Augenblick, in dem ich ihm sagte, dass ich schwanger war. Ich hatte in einer Fantasie gelebt und mir eingebildet, wir würden heiraten und alles wäre in Ordnung. Als ich sein Gesicht sah …« Ruth brach ab und schluckte mühsam. Es dauerte einige Sekunden, bevor sie weitersprechen konnte, und Alan und Meredith warteten schweigend. Das einzige Geräusch war das leise Knistern des Feuers im Hintergrund.
»Er war entsetzt«, sagte Ruth schließlich tonlos.
»Das war er. Er schlug vor, dass ich es irgendwie ›loswerden‹ sollte. Das waren seine Worte. Er redete über sein eigenes Kind. Als ich ihn diese Worte sagen hörte, wurde mir bewusst, dass er nicht nur mich nicht liebte und niemals geliebt hatte, sondern auch, dass ich ihn nicht mehr liebte. Von einer Sekunde zur anderen war er nicht mehr Mr. Wonderful für mich, und ich empfand nichts als Verachtung für ihn. Er machte es noch schlimmer, offensichtlich voller Entsetzen, angesichts der Möglichkeit, zu einer Heirat gezwungen zu werden. Ich würde meinen Eltern doch wohl nichts erzählen, oder?, fragte er. Er hatte nicht die Absicht, es seinen Eltern zu sagen. Ich versicherte ihm, dass ich keine Ansprüche an ihn stellen würde. Ich würde das Baby irgendwie vor meiner Familie verstecken. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung wie.« Ruth sah Markby und Meredith an. Ihre Augen waren groß und voller Tragik in dem blassen Gesicht.
»Sie können sich nicht vorstellen, in welch einem Zustand ich war. Irgendwie gelang es mir, das Semester abzuschließen. Ich weiß bis heute nicht, wie ich das gemacht habe. Vielleicht habe ich mich verzweifelt auf meine Bücher gestürzt, um das eine große Problem aus meinem Kopf zu verdrängen. Doch dann war das Semester zu Ende und die Zeit gekommen, nach Hause zu fahren. Meine Schwangerschaft wurde allmählich sichtbar. Ich trug weite lange Pullover und zu große Hemden. Ich geriet in den Ruf, exzentrisch zu sein, weil alle anderen Mädchen in meinem Alter in Miniröcken herumliefen. Früher oder später wäre jemand dahintergekommen. Ich vertraute mich Hester an. Ich war mit meiner Weisheit am Ende. Hester, Gott segne sie, rettete mich. Sie nahm mich mit nach Yorkshire. Das Baby kam zur Welt, es war ein Junge, und ich gab es zur Adoption frei. Ich fuhr nach Hause, und … und das Leben ging weiter. Das Merkwürdige daran ist, ein Teil von mir wollte immer noch glauben, dass Simon mich irgendwann einmal geliebt hatte und dass es nur die Schwangerschaft war, die ihn verschreckt hatte, weil er nicht darauf vorbereitet gewesen war. Das war mein dummer Stolz, wage ich zu behaupten! Ich wollte nicht wahrhaben, dass ich von Anfang an eine komplette Idiotin gewesen war! Ich habe sogar seine Briefe bis vor kurzem aufbewahrt! Ich las sie von Zeit zu Zeit. Sie hatten ihre verletzende Macht verloren, doch ich dachte, sie müssten einen Hinweis auf seine wirklichen Gefühle enthalten. Ich war wie eine Archäologin, die versuchte, einen Sinn in einer antiken Inschrift zu erkennen. Wenn ich nur das Schlüsselwort finden konnte, würde sich alles andere daraus ergeben. Ich verbrannte die Briefe an dem Tag, an dem seine Knochen gefunden wurden. Ich geriet in Panik. Ich wollte nicht, dass jemand herausfand, dass ich eine Verbindung zu Simon hatte. Doch ich wusste, dass es
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