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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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berichtete, daß die iranischstämmige Autorin Sara Santanda eine Reihe europäischer Länder besuchen werde, darunter Dänemark. In einem anderen Artikel stand, daß dem CIA sechzehn Milliarden Dollar bewilligt worden seien, um das Mullahregime im Iran zu unterminieren. Vuk begriff die USA nicht. Wie konnte man nur veröffentlichen, daß der Geheimdienst solch ein Projekt plante? Vuk hoffte auf einen Erfolg des CIA-Unternehmens. Er haßte die Iraner. Er hatte sie in Bosnien erlebt, wo die heiligen Krieger auf Regierungsseite kämpften. Sie waren Fanatiker, die schonungslos metzelten. Aber sie schonten sich auch selbst nicht. Sie glaubten wohl, Allah halte ihre Hand über sie, aber er hatte mehrere von ihnen mit dem Gewehr erwischt, als sie bosnisch-muslimische Rekruten ausbildeten. Da nützte auch Allah nichts.
    Er war wieder auf dem Damm. In der großen, anonymen Stadt fühlte er sich geborgen. Hier war er mit seinen Jeans, dem karierten Hemd und der braunen, abgetragenen Lederjacke lediglich ein junger Mann unter vielen jungen Leuten. Der Berliner Abend war kühl, aber nicht kalt. Die Straßen waren voller Menschen. Er ging den Kurfürstendamm hinunter und weiter in Richtung Brandenburger Tor. Die Baukräne erhoben sich vor dem Nachthimmel wie die Kirchturmspitzen der neuen Zeit. Der Verkehrslärm hämmerte in seinen Ohren und ließ seine Nerven flattern. Er war schon lange nicht mehr in einer Großstadt gewesen, die nicht unter Krieg oder Blockade zu leiden hatte. Aber er empfand die Stadt rasch als einen freundlichen Handschuh, in dem er sich verkriechen und verschwinden konnte. Er war achtsam, fühlte sich aber sicher. Keiner wußte, wo er war. Trotzdem traf er seine Vorsichtsmaßnahmen. Mehrmals wechselte er den Bürgersteig. Ging den Weg zurück, den er eben gekommen war. Betrat schnell ein Café und verließ es wieder. Verharrte lange vor einer Schaufensterscheibe und benutzte sie als Spiegel. Er war allein unter vielen.
    Er sah eine Weile zu, wie ein paar Rumänen einige Berlinbesucher zu betrügen versuchten. Der Trick war uralt, funktionierte aber offenbar immer noch. Eine kleine Erbse lag auf einem eilig aufgeklappten Tisch. Die Erbse wurde abwechselnd unter insgesamt drei Streichholzschachteln verborgen. Die Kunden sollten mit dem Mann und seinen Helfershelfern wetten, unter welcher Schachtel sich die Erbse befand, nachdem der Rumäne die Schachteln in Windeseile hin- und herbewegt hatte. Vielleicht war der Trick doch zu alt. Denn die Rumänen spielten meist für sich selbst, um Opfer anzulocken, und der Mann an den Schachteln verlor.
    Vuk wußte, daß der Schwindler gewinnen konnte, wann immer er wollte. Die wenigen Neugierigen am Tisch schienen das Schauspiel jedenfalls bereits zu kennen.
    Vuk ging weiter und fand schließlich ein Steakhaus. Am Fenster war ein Tisch frei. Er aß ein Steak und trank eine Flasche Wasser und hinterher einen Kaffee. Dann ging er weiter. Er überquerte die alte Sektorengrenze. Von der Mauer gab es keine Spur mehr. Sie schien nie etwas anderes als ein Alptraum gewesen zu sein. Niemand hatte daran gedacht, sie als historisches Denkmal zu bewahren. Anstelle der Mauer befand sich dort nun ein breiter Streifen aufgewühlter Erde, Grasbüschel und verwitterter Steine. Und natürlich waren da noch die Kräne und die halbfertigen Bauten. Aber Vuk wußte sofort, daß er jetzt im östlichen Teil war. Er war umgeben vom sowjetischen Betonbaustil und hätte sich auch in Belgrad oder Minsk befinden können. Aber jetzt gab es hier mehr Neon und Westautos, und die Schaufenster warfen ein goldenes Licht auf die Bürgersteige vor den einheitlichen Blöcken, die wie Riesensoldaten eines versteinerten Heeres aufmarschiert zu sein schienen.
    Vuk erreichte den Alex, der nur von wenigen Menschen bevölkert war. Marx und Engels standen allein unter dem Fernsehturm und sahen verlassen und vergessen aus. Sie sahen auch klein aus. Als hätte das Regime doch nicht so sehr an sie geglaubt, daß es mehr Granit zu opfern bereit gewesen war. Vuk ging zu der Statue und zündete sich eine Zigarette an. Er holte den Berliner Stadtplan hervor und überzeugte sich, daß die Nebenstraße mit dem Café nur ein paar hundert Meter entfernt lag.
    Es glich einer alten ostdeutschen Kneipe, immerhin hatte der Besitzer ein neues Schild und etwas Wandfarbe geopfert, als es privatisiert wurde. Er konnte sich vorstellen, daß Russen hier tatsächlich gerne hinkämen. Vuk postierte sich in einer Türöffnung gegenüber

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