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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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ein Schläfchen hingelegt, dazu war der Hals zu widernatürlich verdreht, der Kopf in einem unmöglichen Winkel zu den Schultern. Jemand hatte ihm das Genick gebrochen, und zwar erst vor kurzem.
    Atharic war jetzt keine fünfzehn Schritte mehr vom Zelt entfernt. Er erahnte zwei Menschen hinter dem hellen Leinen, das sich an der Seite leicht blähte, dann Murmeln. Geduckt schlich er näher. Der Zelteingang stand offen. Im selben Moment schob sich eine Gestalt rückwärts daraus hervor, mit unter einer schweren Last gebeugten vorsichtigen Bewegungen. Atharic sah Sandalen ähnlich wie seine eigenen, eine dunkle lange Hose, darüber ein tunikaartiges Hemd. Kurze blonde Haare und lederne Armschützer an muskulösen Unterarmen, die einen schlanken Körper hielten, der sich an den Mann, der ihn hielt, klammerte, als hinge sein Leben daran. Atharic konnte lediglich den Hinterkopf der Frau erkennen, das dunkle wellige Haar, kürzer als früher, aber was er sah, genügte. Mit zwei Schritten überquerte er den Abstand zwischen sich und dem Fremden und presste ihm seine Klinge an die Kehle.
    »Lass sie hinunter!«, knurrte er leise. »Sanft!«
    Ein Rucken von Sumelis’ Kopf, sowie sie Atharics Stimme vernahm. Lange Finger, die sich enger um den Nacken des Mannes, der sie hielt, krampften. Sumelis, die zischend den Atem einsog, ein Schluchzen, in dem Freude und Hysterie nahe beieinanderlagen.
    »Lass sie los«, wiederholte Atharic drohend, »oder ich töte dich auf der Stelle!«
    Der Fremde stand mitten in der Bewegung erstarrt. Er folgte weder Atharics Befehl, noch drehte er sich um. Einzig seine Schultern bewegten sich, als er die Last in seinen Armen zurechtrückte und sie noch enger an sich zog. Atharic drehte den Dolch, bis die Schneide in die verletzliche Haut des Halses schnitt. Der Mann schluckte. Ein Tropfen Blut rann seinen Hals hinab und umfloss grüßend Atharics Knöchel. Er sprach dennoch, und seine Worte klangen beinahe spöttisch.
    »Hallo, Vater«, sagte er.
     
    Nando trug Sumelis, bis sie das Ende der Wagenreihe erreichten. Er hörte die Schritte seines Vaters hinter sich, wie sie ihm dicht folgten, eine überraschend vertraute und doch irgendwie beunruhigende Präsenz in seinem Nacken. Nando drehte sich nicht zu Atharic um. Dieser hatte einmal kurz gefordert, Nando solle Sumelis ihm geben, er würde sie tragen, aber Nando hatte einfach nur nein gesagt und war weitergegangen. Hier, am Rande des freien Platzes vor der Wagenreihe, wo der Schein eines noch hochflackernden Feuers sie einem aufmerksamen Beobachter zu verraten drohte, begann Sumelis nun, in Nandos Armen zu zappeln, und zwang ihn dadurch, innezuhalten.
    »Lass mich runter, Nando!«, bat sie. »Ich kann selber laufen.«
    Vorsichtig stellte Nando sie ab. Zwar mochte Sumelis längst nicht kräftig wirken, dafür war das Glück diesmal auf ihrer Seite gewesen: Im Laufe dieses hektischen Tages, der Boiorix’ Treffen mit dem römischen Konsul und die Verabredung zur Schlacht gesehen hatte, hatte keiner daran gedacht, Sumelis einen weiteren Trank zu bringen. Nicht einmal Wasser oder Essen hatte man ihr gegeben. Mit Ausnahme der unglückseligen Wache, die Nando getötet hatte, hatte sich niemand um die Gefangene gekümmert.
    Sumelis schenkte Nando ein zittriges Lächeln und drückte seine Hand. Dann richtete sie den Blick an ihm vorbei auf den Mann hinter ihm. Aufschluchzend streckte sie ihre Arme nach Atharic aus. Dieser warf einen letzten wachsamen Blick auf Nando, bevor er endlich seinen Dolch einsteckte und einen großen Schritt auf Sumelis zutat, um das Mädchen in seine Arme zu reißen.
    Sumelis vergrub die Fäuste in Atharics Hemd und ihr Gesicht an seinem Hals. Stumme Schluchzer schüttelten ihren Körper. Vor Nando hatte sie sich nie derart gehen lassen, ein Kind, das sich in die Arme der Eltern warf im Wissen, hier würde es immer beschützt sein, der sicherste und zuverlässigste Ort auf der Welt. Eine Flut von Eifersucht wallte durch Nando hindurch, während er danebenstand und zusah, wie Atharic Sumelis durch die Haare strich und flüsterte, es würde alles gut werden. Eifersucht auf den eigenen Vater und das grenzenlose Vertrauen und die Liebe, die Sumelis diesem entgegenbrachte.
    Der lächerliche Gedanke:
Es ist
meine
Aufgabe, sie zu retten!,
der ihm durch den Kopf schoss, erschütterte Nando selbst.
    »Wir müssen weiter!«, schnappte er.
    Atharic ließ Sumelis los. Von irgendwoher förderte er einen Stofffetzen zutage, den er Sumelis

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