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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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Handgriffe begleitete – das erste Mal, das sie ihn überhaupt pfeifen hörte –, und war mit einem Mal froh, dass er keine Seele hatte, die mit einem entsetzten Aufflammen auf ihren Angriff reagieren würde. Dann dachte sie überhaupt nicht mehr nach, sondern schnellte nach vorne, stach zu, sprang auf die Beine und begann zu rennen, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Nando hörte das leise Rascheln ihrer Bewegung in seinem Rücken und drehte sich in einem blitzschnellen Reflex nach rechts. Trotzdem war er zu langsam. Schmerz explodierte in seiner Schulter, als der Dolch Muskeln und Blutgefäße zerriss. Nando kippte nach vorne, auf die Gepäckbeutel, und spürte den Lufthauch von Sumelis’ Sprung an seiner Schläfe, mit dem sie dicht an ihm vorbeisetzte. Er versuchte noch, nach ihren Knöcheln zu greifen, doch die Verwundung schuf dunkle Schlieren vor seinen Augen, sein linker Arm fiel kraftlos herab. Tief durchatmend, zwang er sich, innezuhalten, seine Sinne nach seinem Körper auszustrecken und den Schaden wahrzunehmen. Luft strömte kühl und frisch in seine Lungen und warm wieder heraus.
    Nichts Wichtiges verletzt, nur Muskeln.
Seine rechte Hand fuhr an seine linke Schulter, betastete die Wunde und fühlte den Strom warmer Flüssigkeit, der über seine Finger lief, aber das einzige Geräusch, das ihm entwich, war ein wütendes Zischen zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Nando stemmte sich mit dem gesunden Arm hoch, griff nach dem Dolch, den Sumelis nach dem Stich einfach hatte fallen lassen. Er registrierte das Blut auf der Klinge und den Rost darunter, bevor er ihn angewidert von sich schleuderte.
    Kein starker Stich. Wenn sie ihren Schwung ausgenutzt oder mehr Kraft verwendet hätte …
    Sie hätte ihn töten können. Wieso hatte sie es nicht getan?
    Wahrscheinlich hatte sie in ihrer Panik blind zugestoßen, wie ein kleines Kind oder ein hysterisches Weib. Was für eine Närrin!
    Nando kam auf die Füße. Die schwarzen Schleier fortblinzelnd, die sein abruptes Aufrichten vor seinen Augen tanzen ließ, beobachtete er, wie Sumelis über den Bach sprang und zwischen den dunklen Bäumen des Wäldchens auf der anderen Seite verschwand. Sie hatte ihren Rock gerafft, trotzdem blieb sie ständig hängen, und das Gebüsch bremste ihren Lauf. Das Knacken der Äste, auf die sie trat, hallte laut über die Lichtung hinweg zu Nando herüber. Fluchend nahm er die Verfolgung auf.
    Es fiel Nando nicht schwer, den Schmerz, den jeder Satz durch seine linke Schulter jagte, auszublenden, ebenso das Blut, das als pulsierendes Rinnsal seinen Körper verließ und bald schon seine Sprünge verkürzen würde. Wie ein Luchs, der vor sich nur die Beute sieht und dessen Blickfeld sich auf ein einziges Ziel verengt, nahm er nichts anderes mehr wahr als Sumelis’ flatternden Rock, die hellen Waden, die darunter aufleuchteten, und die dunklen Haare, die sich aus ihrem Band über der Stirn gelöst hatten, als würden sie bereits die nahe Freiheit willkommen heißen. Nando war ein Jäger. Es brauchte mehr als einen schlecht geführten Stich, um ihm und dem Eid, den er seinem König geschworen hatte, zu entkommen.
    Er holte Sumelis ein, als ihre abgetragenen Schuhe im krautigen Unterholz des Waldes hängenblieben und sie zu Fall brachten. Sie kam schnell wieder auf die Füße, doch ihr schwerer Umhang verhedderte sich an der Spitze eines abgebrochenen Asts und riss sie zurück. Nando hörte ihren enttäuschten Schrei und machte einen letzten großen Satz. Sein unverletzter Arm schoss nach vorne, schleuderte Sumelis zu Boden, hinein in die niedrigen Sträucher und hüfthohen Farne. Sie stürzte mit dem Gesicht voraus und warf im letzten Augenblick die Arme hoch, um den Fall abzufangen. Ihre Fingernägel krallten sich in den weichen Waldboden, als wollte sie sich wie ein Maulwurf in ihn hineingraben, dann rollte sie herum und sah zu Nando empor. Von Tautropfen behangene Spinnenweben klebten an ihrem Ärmel und glitzerten wie ein Spiegel der Tränen, die über ihr Gesicht rannen. Ihre dunklen Augen weiteten sich beim Anblick von Nandos erhobener Faust, seinen verzerrten Zügen. In Erwartung des drohenden Schlages riss sie beide Hände nach oben, um sich zu schützen.
    Nando zögerte. Der Anblick von Sumelis’ langgliedrigem Körper, der zu seinen Füßen zwischen den Sträuchern lag, hilflos ihm und seinem Zorn ausgeliefert, weckte ein verschwommenes Bild, eine lang vergessene Erinnerung an einen Tag unter einer zu grellen Sonne.

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