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Der Fluch der falschen Frage

Der Fluch der falschen Frage

Titel: Der Fluch der falschen Frage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lemony Snicket
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Moxie, » wobei der Käse Asiago sein könnte.«
    » Umso besser«, sagte ich und folgte ihr in die kleine Küche des Leuchtturms, in der sich schmutziges Geschirr und maschinenbeschriebene Papierbogen um die Wette stapelten. Moxie räumte auf, und ich röstete die Walnüsse im Backofen an, zusammen mit dem geschälten, in Olivenöl geschwenkten Knoblauch. Ich setzte das Nudelwasser auf, während Moxie im Kühlschrank nach etwas zu trinken suchte. Ich hatte auf Wurzelbier gehofft, aber sie fand nur Preiselbeersaft, der ganz annehmbar schmeckte, aber mehr auch nicht. Gemeinsam zupften wir die Basilikumblättchen von den Stängeln, rieben den Käse und pressten die Zitrone aus; die Kerne fischten wir mit den Zinken einer Gabel heraus, die mit einem Bild der Bordunbestie verziert war. Dann gab ich die Nudeln in das kochende Wasser und verrührte die übrigen Zutaten miteinander, und schon bald saßen wir an dem kleinen hölzernen Küchentisch, der leicht wackelte auf seinen ungleichen Beinen, und aßen jeder eine große Schüssel Orecchiette al pesto. Es war genau das, was ich gebraucht hatte. Ich aß fertig, wischte mir den Mund ab und lehnte mich in meinem Stuhl zurück, der ebenso wackelte wie der Tisch.
    Moxie trank ihren Preiselbeersaft aus. » Also?«
    » Wusstest du«, sagte ich, » dass orecchiette das italienische Wort für ›Öhrchen‹ ist? Das bezieht sich natürlich nur auf die Form der Nudel, aber manche Leute haben ein Problem mit der Vorstellung, eine große Schüssel voll kleiner…«
    » Du weißt genau, dass ich das nicht gemeint habe, Snicket. Warum ist jemand hinter einer Statue her, nach der sonst kein Hahn kräht?«
    » Frag mich was Leichteres«, sagte ich.
    Sie lehnte sich zur Seite und klappte ihre Schreibmaschine auf, um ihrem Resümee ein paar Sätze hi nzuzu fügen. » Irgendwas ist da im Gange, von dem wir nichts wissen.«
    » Das ist meistens so«, sagte ich. » Die Landkarte ist nicht das Gelände.«
    » Was soll das heißen?«
    » Das ist ein Erwachsenenausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.«
    » Erwachsene erzählen Kindern nie irgendwas.«
    » Kinder Erwachsenen aber auch nicht«, sagte ich. » Die Kinder dieser Welt und die Erwachsenen dieser Welt sitzen in getrennten Booten und begegnen sich nur, wenn entweder wir wollen, dass sie uns mit dem Auto irgendwo hinfahren, oder wenn sie wollen, dass wir uns die Hände waschen.«
    Moxie lächelte, als ich das sagte, und fing an zu tippen. Eigentlich hatte ich die schmutzigen Teller in die Spüle stellen wollen, aber es war so nett, am Tisch zu sitzen und ihr bei der Arbeit zuzusehen. » Macht dir das Spaß?«, fragte ich sie. » Über das zu berichten, was in der Welt so passiert?«
    » Ja«, sagte Moxie. » Und du– hast du Spaß an dem, was du tust, Lemony Snicket?«
    Ich starrte aus dem einen kleinen Fenster in der Küchenwand. Der Mond war aufgegangen wie ein aufgerissenes Auge. » Ich tue das, was ich tue«, sagte ich, » um etwas anderes tun zu können.«
    Ich rechnete fest damit, dass sie weiterfragen würde, aber das einsame Schlagen einer Glocke draußen unterbrach uns. Moxie sah stirnrunzelnd auf eine Wanduhr, von der ein wütendes Seepferd die Zähne fletschte. » Normalerweise gibt es um diese Zeit keinen Alarm«, sagte sie.
    » Welche Zeit wäre denn normal?«
    » Je nachdem. Eine Weile hat die Glocke kaum noch geläutet, aber neuerdings kommt sie aus dem Schlagen gar nicht mehr raus.«
    » Wer läutet sie überhaupt?«
    Moxie kletterte auf ihren Stuhl, um ein Regalbrett ganz oben zu erreichen. » Der Glockenturm ist drüben auf der Insel. Früher war da die Offshore-Akademie, so ein Nobelinternat für Hochbegabte.«
    » Du meinst, für Leute mit Lernschwierigkeiten, die sich mit ihren sämtlichen Mitschülern anlegen?«
    Moxie lächelte auch jetzt wieder. » Damals wurde die Glocke von dem jeweiligen Abschiedsredner geläutet, aber die Offshore-Akademie hat schon vor einer Weile dichtgemacht. Jetzt ist dafür die Küstenwache zuständig, glaube ich, oder vielleicht auch die Oktopoden-Behörde.« Sie fischte zwei Masken von dem Regalbrett und gab mir eine. » Keine Sorge, Snicket. Wir haben jede Menge davon. Du wirst keine Salzlunge kriegen.«
    » Salzlunge?«
    » Dafür ist die Glocke doch da«, erklärte sie. » Wenn der Wind zu stark wird, wirbelt er Salzrückstände vom ehemaligen Meeresgrund auf, die die Atemwege angreifen. Die Masken filtern das Salz aus der Luft.«
    » Ich habe gehört, die Masken würden

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