Der Fluch der Halblinge
verharrte staunend.
Das Ödland hatte sich verändert. Worüber er gestolpert war, war eine alte Speerspitze, die aus dem Boden ragte. Und da war noch mehr. Tausende Waffen und Gerippe von Pferden und Menschen und Elben, Überreste eines Schlachtfeldes – jenes Schlachtfeldes, dessen Nachhall Fionn letzte Nacht erlebt hatte.
»Es ist alles noch erhalten, weil es seither nie mehr geregnet und sich nichts mehr verändert hat«, sagte Tuagh. »Das hier muss das Zentrum gewesen sein.«
Stofffetzen fanden sich unter dem Geröll, Überreste von Zelten und Kleidungsstücken, dazu Rüstungen, Stiefel, Helme, Schmuck.
Ein schauriges Zeugnis vergangener Zeiten. Fionn riss sich zusammen; hier musste er hindurch, ohne zu zögern.
»Das also ist Krieg?«
»Mhm.«
Fionn hätte sich besser abgewandt, und doch starrte er fasziniert nach unten, dieses in der Vergangenheit festgebrannte Bild fesselte ihn. Rostige und matte Schwerter, Äxte und Keulen und Morgensterne, Speere, Lanzen, Hellebarden und viele weitere tödliche Waffen. An einer Stelle ragte eine Standarte halb aus dem Boden, an der noch der verblichene Fetzen einer Fahne hing. In unmittelbarer Nähe fand Fionn eine Brosche. Als er sie aufheben wollte, schoss etwas steil daneben hervor, und er prallte zurück.
Wie ein Tentakelarm schlängelte sich etwas von der Dicke eines Oberschenkels in die Höhe, an seinem Ende eine schmale Spitze, an der so etwas wie knöcherne Kettenglieder befestigt waren. Diese Spitze begann heftig zu zittern und hin und her zu schwingen, und ein schauerliches, rasselnd-klapperndes Geräusch erklang, wie gegeneinander schlagende Knochen.
Fionn erstarrte, als daraufhin mehr und mehr solcher »Arme« in die Höhe schossen, mühelos durch den Erdboden brachen, und laut rasselten, dass es weithin schallte. Es sah aus wie ein Feld gigantischer Grashalme.
»Blutklapper!«, rief Blaufrost.
»Lasstse mir!«, brüllte der Oger, legte Morcant ab, packte zu und riss heftig an dem »Arm«, zerrte und ruckte, und plötzlich kam der Rest des Wesens aus dem Boden.
Fionn sah, dass der »Arm« in Wirklichkeit eine Schwanzspitze war, die zu einer mindestens sechs Manneslängen messenden Schlange von der Dicke eines Baumstamms gehörte. Das Tier besaß einen breiten, flachen, schuppigen Kopf mit kleinen Hörnern auf der Oberseite, eiskalte, starre Augen und ein riesiges Maul mit mächtigen Giftzähnen.
»Fionn!« Tuagh packte den wie erstarrt dastehenden Bogin und schleppte ihn zu Valnir, die bereits mit gezückten Waffen dastand. »Da, pass auf ihn auf!«
Die Zwergenkriegerin nickte. »Verlass dich auf mich.«
Fionn wusste, dass es kaum etwas bringen würde, aber dennoch zog er seinen Urram. Kampflos würde er sich nicht von der Schlange fressen lassen.
Die Blutklapper wand sich nach oben und schnappte nach Gru Einzahn, doch der lief mit ihr los, hob dabei die Arme und ließ sie über sich kreisen. Die Schlange rasselte und zischte, als sie herumgeschleudert wurde; vergeblich versuchte sie, sich zusammenzuringeln und zuzustoßen.
»Un’ platt!«, rief der Oger und schleuderte das Reptil mit voller Wucht zu Boden, sprang zum Kopf, packte ihn vorn mit den Händen, trat kräftig mit dem Fuß in den Nacken und brach ihr mit einem heftigen Ruck nach oben das Genick.
Das Rasseln schwoll zu ohrenbetäubendem Dröhnen an, die Schwanzspitzen wogten hin und her wie Getreidehalme im Wind. Gru und Blaufrost zogen eine nach der anderen heraus und zerschmetterten sie, doch es waren zu viele. Immer mehr brachen zischend durch den Boden und griffen die kleine Gruppe an. Einige wandten sich auch den getöteten Artgenossen zu und schlugen ihre Zähne hinein.
Tuagh benutzte zunächst die Axt und schlug mit mörderischer Kraft zu. Die Schuppenhaut erwies sich als empfindlich; die Schneide drang hinein wie in Butter und riss tiefe Löcher, aus denen Blutfontänen schossen.
Der Oger und der Troll brüllten, sprangen im Kreis, trampelten und stampften die Klappern nieder und schlugen auf jede Schlangennase ein, die sich zeigte. Tuagh wehrte die Reptilien im Kreis um sich herum ab, griff nach den herumliegenden Waffen, wie er sie gerade erwischen konnte, und schleuderte diese gegen die Angreifer.
Plötzlich stieß eine Schlange hinterrücks an Valnir und Fionn heran und packte das arme Pony, das schrill aufwieherte. Valnir musste hilflos zusehen, es ging zu schnell. Mit einem wütenden Schrei hob sie die Axt und rannte dem Reptil nach, doch das Reptil war zu schnell.
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