Der Fluch der Halblinge
Fionn und richtete eine Kammer und Kleidung für ihn her, während er sich hinter einem Paravent in einem Zuber wusch. Sie wies darauf hin, dass eine kleine Mahlzeit für ihn bereitstünde, um den ärgsten Hunger zu stillen; die Vorbereitungen für das große Bankett würden bereits getroffen. Er hatte viele Fragen an sie, und sie beantwortete alle geduldig. Ja, sie wären die freien Bogins; ja, sie wussten von der Sklaverei; ja, sie arbeiteten hier ihr Leben lang. Und ja, Fionn brauche sich keine Gedanken zu machen, seine Gefährten, auch Troll und Oger, würden bestens versorgt, und er würde sie später sehen, doch zuvor gebe es sicher viel zu bereden.
Allerdings , dachte Fionn. Oh ja. Mein Freund ist mir da eine Menge Erklärungen schuldig, und diesmal werde ich ihm ganz bestimmt nicht verzeihen. Nein!
Der Zauberer vom Berge erwartete Fionn, Peredur war bereits eingetroffen. Asgell hatte seinen Studier- und Arbeitsbereich auf einer großflächig ausgebauten Galerie in mittlerer Höhe eingerichtet, von der aus er einen guten Überblick auf die Halle hatte. Sie fanden alle Platz am Tisch, es gab Tee, wie der Zauberer versprochen hatte, und Knabbereien.
»Wir haben uns draußen umgesehen und die Spuren beseitigt«, erklärte er. »Die Myrkalfren waren hier noch nie ein Problem. Sie müssen euch erwartet haben. Die Lage ist also bedeutend ernster als bisher angenommen. Wir werden uns beeilen müssen.«
»Wie hast du das alles hier geschaffen, Bruder?«, fragte Peredur und wies um sich.
»Das begann schon vor langer Zeit, vor deiner und meiner Geburt. Ich habe es lediglich ausgebaut und erweitert und ein wenig gemütlicher gemacht.« Asgell lächelte. »Du hättest schon viel früher daran teilhaben können.«
»Ich weiß.« Peredur starrte düster vor sich hin. »Dass ich es nicht sehen konnte …«
»Tja, mehr und deutlichere Wegweiser konnte ich dir nicht geben. Ein Leuchtfeuer in der Dunkelheit wäre nicht auffälliger gewesen für denjenigen, der den Hintergrund kennt. Ich verstehe nicht, dass dir die Lilien nie aufgefallen sind …«
Peredur biss sich auf die Lippen. »Ich habe kein Herz mehr, um sie sehen zu können.«
»Nun, wenigstens die Bogins haben sie gefunden in all den Jahren. Genau wie Fionn.«
»Also kamen immer wieder welche her?«, fragte Fionn.
Asgell nickte. »Ja. Von Sìthbaile natürlich nicht, ihr wart dort alle zu sehr eingelullt. Aber die weiter entfernt lebenden Bogins erhielten Kunde von diesem Ort hier, und so manch einer machte sich auf den Weg. Ich hätte euch gern alle geholt, aber das war im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten nicht durchführbar. Ich konnte nicht vermeiden, dass es zur Legende des Zauberers vom Berge kam, doch es durfte nicht bestätigt werden, dass ich tatsächlich existierte. Ich musste immer sehr vorsichtig sein. Lady Kymra ist meine Mittlerin für die Verbindung nach draußen, doch habe ich ihr mit ihrem Einverständnis einen Bann auferlegt, dass sie nichts verraten kann. Deshalb durfte sie nicht einmal mit dir klare Worte sprechen, Bruder, andernfalls hätte der Bann seine Wirkung nicht voll entfaltet und vielleicht doch den Feind aufmerksam gemacht. Es war eine verzwickte Sache.«
»Aber wie erklärt sich das hier?«, wiederholte Peredur.
»Es begann mit dem Ende des Großen Krieges. Erinnerst du dich noch daran, warum die Schlacht ausgerechnet bei Plowoni stattgefunden hat, und warum Pellinore euch dort erwartete? Nun?«, fragte Asgell.
Ein Stöhnen erklang hinter ihm. Morcant trat gerade hinzu. »Ich erinnere mich wieder«, flüsterte er. »Es ist die Magie dieses Berges, die das verursacht, nicht wahr?«
»Zum Teil. Aber ich gebe euch auch die entsprechenden Stichworte, welche die Blockaden in eurem Gedächtnis lockern sollen. Nur leider kann ich nicht alle Lücken schließen, denn auch ich bin dem Verlust unterworfen.«
Morcant setzte sich langsam, bleich geworden. »Du hattest es herausgefunden, Asgell. Eine Lüge, die Dubh Sùil viele Jahre vorher gestrickt hatte, um unser Volk an sich zu binden.«
»So ist es. Denn Plowoni«, fuhr Asgell fort, »ist nicht von den Elben erbaut worden, es ist viel älter! Ihr Elben seid erst ins Land gekommen, als Plowoni schon lange in Trümmern lag. Es ist Menschenwerk! «
Fionn riss die Augen auf. Menschen hatten diese … Dinge erbaut? Dazu waren sie fähig? Und … »Die Elben haben Geschichtsfälschung betrieben?«
»Ja, Dubh Sùil, von Anfang an.«
»Augenblick«, unterbrach Fionn erneut.
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