Der Fluch der Halblinge
ihn. Was stimmte denn nicht?
Unterhalb der Portaltreppe lagen einige erschlagene Palastwächter, und ganz oben, im Schatten des Daches verborgen, sah Fionn eine Bewegung, und dann trat Gru Einzahn ins Licht.
»Da sindse!«, rief er und winkte. »He, huhu, hierher! Der Wech is’ frei! Wir ham ’n bissl aufgeräumt, weilse uns nich’ reinlassen wollt’n! Un’ jetzt traut sich keiner mehr her. Die Versammlung hat grad begonn’n!«
Alskárs Elbensoldaten eilten die Treppe hinauf und postierten sich am Eingang. Zehn von ihnen flankierten den Elbenkönig und seine Begleiter.
Vor ihnen trat Blaufrost krachend die massive Tür ein und stampfte in den Palast, gefolgt von Gru Einzahn.
»Platz da!«, dröhnten sie gemeinsam und mit vornehmster Aussprache, die sie wahrscheinlich während der Zeit des Wartens eingeübt hatten. »Macht Platz dem Hochkönig der Elben und seinem Gefolge, und macht Platz der Fiandur, den Befreiern!«
»Ich finde, das klingt gut«, sagte Valnir vergnügt neben Fionn.
Alskár und Peredur hatten die Spitze übernommen. Peredur hatte sich einen langen weißen Umhang übergeworfen und die Kapuze tief in die Stirn gezogen. Man konnte ihn für einen der Weisen halten.
»Es sind alle da«, erklang Morcants Stimme hinter ihnen, während sie in die große Halle marschierten, die voll besetzt war, mit Ausnahme der breiten Gasse zum Thron. Der Elb zählte einige der Adligen und Würdenträger auf, die zusammen mit Wachen und Hofstaat an den Seiten aufgestellt waren.
Fionns Herz schlug schneller, wollte ihm schier aus der Brust springen, als er die Angeklagten seitlich des Throns stehen sah. Meister Ian Wispermund, Rafnag, Ingbar, Randur, Tiw … und Cady. Da stand Cady! Dünn und blass, aber aufrecht, und er winkte ihr zu, so heftig er konnte, und da sah sie ihn und … schüttelte den Kopf. Wies mit dem Kopf zur Tür, ihre Lippen formten lautlose Worte, die er nicht verstand. Bei Hafrens Lilien, was hatten sie ihr angetan? Sie musste Schreckliches durchgemacht haben, wenn sie so verstört und voller Angst war. Aber bald … bald war alles gut. Bald würde der Àrdbéana die Wahrheit bekannt werden und sie würde das Machtwort sprechen, das Dubh Sùil aus dem Palast trieb.
Und dann richtete er den Blick auf den Thron, und dort sah er sie, die Erhabene, mit Haaren wie Gold, himmelsklaren blauen Augen und trotz ihrer Schwäche von strahlender Schönheit. Man sah ihr an, wie ausgezehrt sie nach der langen Krankheit war, doch sie hielt sich stolz mit eisernem Willen aufrecht.
Fionn zuckte zusammen, als der Elbenkönig abrupt langsamer wurde. »Oh, was für ein Narr bin ich gewesen«, stöhnte Alskár auf. »Und jetzt ist es zu spät.«
»Was?«, entfuhr es Fionn.
»Es ist eine Falle«, sagte der Elbenherrscher leise. »Und wir sind ahnungslos hineingetappt.«
»Was sagt Ihr da?«, flüsterte Morcant.
Fionn blickte rasch zu Tiw, der ihn wütend anstarrte und sich mit dem Finger an der Kehle entlang fuhr. Eine eiskalte Hand krallte sich um sein Herz.
»Das ist nicht die Strategie der Àrdbéana, sondern die Dubh Sùils«, fuhr der Elbenkönig fort. »Wir sind alle hier versammelt, um magisch gebannt zu werden, zu willenlosen Handlangern geformt. Albalon wäre damit auf einen Streich in Schwarzauges Hand. Welch ein Tor bin ich gewesen, all die Jahre über.«
»Aber das ist doch völlig unmöglich!«, zischte Morcant. »Die Àrdbéana sitzt auf dem Thron, sie hat die Macht! Und die wird noch verstärkt durch die Anwesenden. Gerade in diesem Moment kann kein Feind der Versammlung schaden, darum geht es doch!«
»Nur die Ruhe. Asgell und ich haben uns schon so etwas gedacht«, sagte Peredur gleichmütig. »Wir haben uns deshalb vorbereitet. Tut mir leid, Alskár, ich habe dich benutzt … aber wir hätten uns auch irren können. Und jetzt brauche ich dich.« Er wandte sich zu Morcant um. Sie hatten es nun nicht mehr weit zum Thron, bis zu der Linie, zu der man vortreten durfte. »Deine Lyra, schnell«, raunte er ihm zu. Der Meersänger hielt sie ihm hin, und Peredur träufelte den Inhalt einer Phiole, die Fionn nur allzu bekannt vorkam, hinein, und ein betörender Duft breitete sich aus. »Spiel!«
»Und was?«
»Die Hymne des Friedens, fülle jeden Winkel dieser Halle aus! Keine finstere Magie kann sich dann noch halten.«
»Der Friedensbann? Woher habt ihr … schon gut, ich will es nicht wissen. Spiel, Morcant! Sonst sind wir verloren.«
Der Meersänger trat nach vorn, verbeugte sich tief
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