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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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auch nicht zu langsam. Er sah nicht links oder rechts, schlängelte sich zwischen einigen Ständen hindurch, und tatsächlich, es achtete niemand auf ihn. Alle waren beschäftigt mit dem Begutachten der Ware und den Verhandlungen, mit einem Schwätzchen oder einer Auseinandersetzung. Für die Jagd auf die Halblinge interessierten sie sich offenbar nicht.
    Fionn verhielt sich in seinen Bewegungen ganz ähnlich wie ein Huhn, nicht zielstrebig und geradeaus, sondern wechselnd, als hätte er nichts weiter sonst zu tun. Beinahe zumindest. Immerhin! Ein Huhn ist doch noch weniger als ein Bogin, denn wir werden wenigstens nicht gegessen.
    Dann hatte er das Fuhrwerk erreicht und rutschte, ohne sich umzusehen, mit einer fließenden Bewegung darunter, wobei er die Plane kaum berührte. In solchen Dingen war er in seiner Kinderzeit immer gut gewesen: Sich schnell zu verstecken, ohne dass es auffiel. Weil man nur so an die für die Herrschaft gedachten Kekse herankam.
    Atemlos kauerte er sich zusammen und musste zulassen, dass sein Körper kurz darauf von einem unkontrollierten Schlottern befallen wurde. Nun, da alles zum Stillstand gekommen war, da er sich verborgen vor der Welt dort draußen fühlte, überfielen ihn Überanstrengung und Angst wie ein Herbststurm nach einem besonders klaren Tag. Er konnte kaum noch atmen.
    Das kann alles nicht wahr sein , dachte er.
    Irgendwann, als das Zittern nachließ, schob er die Plane ein Stück beiseite und beobachtete das Treiben dort draußen, aus weiter, sehr weiter Entfernung.
    Dies also waren die Gassen von Sìthbaile, der großen Emperata, der berühmtesten Stadt der Welt (zumindest sagte man das so), und Fionn, hier geboren, hatte sie nie verlassen. Und doch kannte er die Stadt nicht, nicht einmal aus Erzählungen.
    Wie sollte er sich jemals zurechtfinden und seinen Verfolgern entkommen? Ohne Hut und Mantel, ohne Socken und Schuhe war er losgerannt, das Hemd hing ihm halb aus der Hose, ein Hosenträger war verrutscht. Eine Schande, eine Schande , würde Onkelchen Fasin sagen, wenn er hier wäre, der zu jeder Zeit und an jedem Ort äußersten Wert auf Tradition legte und vor allem darauf, dass ein Bogin, der etwas auf sich hielt, stets adrett und ordentlich gekleidet zu sein hatte. Was somit auf alle Bogins zutraf.
    Aber welche Wahl hatte Fionn denn gehabt? Wie konnte man im Angesicht der Katastrophe noch auf Äußerlichkeiten achten oder sich die Zeit nehmen, einen Reisebeutel zu packen? Gewiss, Onkelchen Fasin war unerbittlich geblieben, doch wohin hatte es ihn gebracht?
    Dorthin, wo sie jetzt alle waren. Die meisten waren bestimmt gut und standesgemäß gekleidet ins Verlies geworfen worden. Doch was half ihnen das?
    Inzwischen mussten die Wachen nahezu alle gefangen haben, und Fionn waren sie weiterhin auf den Fersen, und nicht etwa, um ihm die Hand zu schütteln und ihm recht freundlich zum Volljahr zu gratulieren, zur Doppelzwei, die man nur einmal im Leben dargeboten bekommt. Denn an diesem Tag öffnete sich die Große Arca mit allen zweiundzwanzig Geheimnissen, die einen den Rest des Lebens begleiteten, bis der Kreis sich dereinst wieder schloss und übrig blieb, was begann: der Narr …
    Der bin ich und werde ich bleiben , dachte Fionn bitter, für den kümmerlichen Rest meiner Zwanzigzwei, die ich gestern so euphorisch gefeiert habe. In törichter Unwissenheit! Seht her – hier stirbt der Narr! Warum nur habe ich die Große Arca geöffnet? Oh, warum habe ich Tiw zugehört …
    Während er sich selbst derart bemitleidete, ging das Leben jenseits der herabhängenden Plane munter weiter. Die Leute dort draußen schienen keine Sorgen und Nöte zu haben, und Fionn beneidete sie darum. Vor zwei Tagen noch war er wie sie gewesen, unbedarft und unschuldig, ohne Verantwortung und Last. Nun war er volljährig und gleichzeitig aus der friedvollen Beschaulichkeit gerissen. Er wusste nicht wohin, begriff nicht, wie das alles geschehen konnte.
    Aber er wusste, wer die Schuld daran trug: Tiw!
    Es war ratsam, einen Plan zu fassen, um Ordnung in das Chaos zu bringen, und das Ziel dabei war eindeutig Tiw. Wenigstens ein Anhaltspunkt … doch bevor der junge Mann weitergrübeln konnte, riss ihn ein unmissverständliches Knurren aus der Versunkenheit.
    Sein Magen machte ihm deutlich, dass er seit gestern Abend nichts mehr zu sich genommen hatte und nach all der Aufregung und den Anstrengungen Nahrung benötigte, sonst würde der junge Mann sich nicht mehr lange aufrecht halten

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