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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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kannte er die Àrdbéana doch immer nur als zwar ätherische, jedoch kraftvolle, energiegeladene Frau, deren glockenhelles Lachen selbst die Sonne dazu anregte, stärker zu strahlen. In den Kreis ihres Glanzes zu treten, war jedes Mal ein erhebender Moment, und selbst dem alten stolzen Gelehrten fiel es nicht schwer, das Haupt vor ihrer Majestät zu beugen – obwohl sie gar keinen Wert darauf legte und sich häufig darüber lustig machte. Sie trat lieber als die heitere, ausgeglichene Elbenfrau auf, die sie war, und pflegte am liebsten formlosen Umgang. Sie fühlte sich deswegen manchmal von ihrem steifen, allzu streng auf Regeln beharrenden Obersten Haushofmeister regelrecht »tyrannisiert«; was sie gerne lachend in seinem Beisein äußerte, um ihn ein bisschen aufzuziehen. Dass sie es nicht ernst meinen konnte war schon daraus ersichtlich, dass sie einen Menschen mit dieser bedeutenden Aufgabe betraut hatte.
    Jedoch, daran gab es nichts zu rütteln, sie war anbetungswürdig und von einer Hoheit, der man unwillkürlich huldigte. Es war kein Wunder, dass sie seit so langer Zeit den Frieden unter den Völkern hielt. Selbst die zänkischsten Streithähne wurden in ihrer Anwesenheit zu zahmen Tauben und waren zu Verhandlungen mit Worten bereit. Die Àrdbéana war der Inbegriff des Friedens, der Reinheit und der Schönheit; sie war das Gestalt gewordene Albalon, das Weiße Reich, Insel der Glückseligen.
    Sie nun so schwach und dahinsiechend zu erleben, war ein Schock für den alten Mann, der ihn unendlich schmerzte.
    Eine zarte, bleiche Hand mit einem schweren Siegelring am mittleren Finger schob sich zwischen zwei Vorhangbahnen hindurch und winkte leicht. Meister Ian blickte zu Pirmin, der verbissen zur Seite schaute; hier war er machtlos, noch war sie die Gebieterin.
    Vorsichtig näherte der alte Mann sich dem Bett, ließ sich zwei Schritte davor leise ächzend auf die Knie nieder und wagte es, seine im Vergleich große, breite Menschenhand unter die zarte Hand der Elbenfrau zu legen. Leicht wie ein Vogel ruhte sie darauf, fühlte sich kühl und kraftlos an.
    »Meister Ian«, erklang die schwache, dennoch wie Glocken klingende Stimme der Àrdbéana. »Ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid, um nach mir zu sehen. Ihr seid ein so guter alter Freund, ich fühle mich gleich besser und nicht mehr so allein.«
    »Verzeiht, dass ich Euch störe, Mylady«, sagte Meister Ian rau mit einem Seitenblick zu Pirmin, der bei den Worten seiner Herrscherin verbissen die ohnehin dünnen Lippen zusammenpresste. »Ich bin sehr rücksichtslos …«
    »Ihr habt recht daran getan, Euch zu überzeugen«, hauchte sie. »Etwas verdunkelt diese Tage, und ich kann Euch nicht sagen, was es ist, doch es schwächt mich ungemein. Ich mache mir Sorgen, große Sorgen um unsere Insel, und ich bitte Euch, nach der Ursache zu forschen. Unterstützt Pirmin dabei, den Frieden zu bewahren und alles zusammenzuhalten.«
    »Es ist doch meine Schuld«, murmelte er. »Was in meinem Haus geschehen ist …«
    »Ich mache Euch keinen Vorwurf«, unterbrach sie sanft. »Niemals könntet Ihr daran beteiligt sein. Und es tut mir unendlich leid, was mit meinen Bogins, jenem kleinen, zerbrechlichen Volk, dem ich meinen uneingeschränkten Schutz versprochen habe, geschieht. Bitte hadert nicht mit Pirmin, denn er hat alles mit mir abgesprochen und besitzt mein Einverständnis.«
    Meister Ian war erschüttert. »Oh, Herrin«, sagte er, »warum?«
    »Um die Halblinge zu schützen«, antwortete sie. »Ich befürchte schreckliches Unheil, das vor allem dieses Volk bedroht, deshalb muss ich es bei mir versammeln und verhindern, dass jemand zu ihm gelangen kann. Gleichzeitig müssen wir herausfinden, wer diese furchtbare Tat begangen hat. Ich weiß, Ihr empfindet mich als grausam, doch … ich habe keine Wahl. Der Frieden ist bedroht …« Ihre Stimme wurde zusehends leiser und versiegte schließlich ganz. Sie zog ihre Hand zurück.
    »Ihr müsst jetzt gehen, es wird zu viel für sie«, sagte Pirmin schroff.
    »Verzeihung.« Meister Ian stand in gebückter Haltung auf und ging, sich rückwärts bewegend auf Abstand. »Aber … es wird den Bogins doch gut gehen?«, konnte er sich dennoch einer letzten Frage nicht enthalten, denn es war der Grund, weswegen er hierher gegangen war.
    Die Àrdbéana sammelte ihre Kräfte für eine letzte Antwort. »Sie sind bestens untergebracht, wie Gäste, und werden gut versorgt. Ihr habt mein Wort …« Dann sank ihr Kopf zur Seite.
    Meister

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