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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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ihre Kinder in die Hütten.
    Das dritte Heulen scholl herüber, ein schauerlicher Laut, der Fionns Blut in den Adern gefrieren ließ, und schon sehr nahe jetzt.
    »Wölfe?«, wisperte er ängstlich in Tuaghs Ohr, der neben ihm kauerte und angestrengt beobachtete.
    Der schüttelte leicht den Kopf. »Viel schlimmer. Wölfe sind keine Gefahr, was da heult aber schon.«
    »Was sind sie?«
    »Wolfshunde der Elben. Still jetzt, sie sind gleich da, und ihre Sinne sind äußerst fein.«
    Fionn hatte es als Kind geliebt, vor dem Einschlafen eine Gruselgeschichte erzählt zu bekommen und anschließend vor lauter Angst das Nachtlicht nicht löschen zu wollen. So grässlich die Alpträume auch waren, er hatte nicht aufhören können, wieder und wieder den Schauermärchen zu lauschen.
    Auch als nunmehr Erwachsenem war ihm gestern Abend nicht ganz wohl bei dem Gedanken gewesen, so mitten unter freiem Himmel zu schlafen und wehrlose Beute für alles mögliche zu sein – Räuber ebenso wie Nachtmahre. Nachts, wenn der Blick nicht weit reichte, konnte es unheimlich werden, vor allem, weil es viele Geräusche gab, die man tagsüber nicht vernahm, und sie nicht zuordnen konnte. Bogins waren genauso wie Menschen Sonnengeschöpfe. Die Elben führten durch ihre schimmernde Aura ihr eigenes Licht mit sich und brauchten sich vermutlich vor nichts zu fürchten. Sie waren Geschöpfe des Tages ebenso wie der Nacht.
    Sich nun am helllichten Tag bei Sonnenschein wie in einer Geistergeschichte fühlen zu müssen, war etwas ganz Neues für Fionn. Gewiss, auf seiner Flucht war es auch Tag gewesen, aber … nicht unheimlich. Er mochte sich gar nicht ausmalen, wie dieses Heulen nachts auf ihn wirken würde.
    Und da kamen sie auch schon in Sicht – riesige, schlanke, fast weiße Geschöpfe mit kurzem Fell und seidigem Grannenhaar, das für windreiche Gegenden geschaffen war. Zum Laufen geboren, fegten sie auf langen Beinen heran; wenn sie sich aufstellten, wären sie vermutlich so hoch wie Tuagh, wenn sie ihn nicht sogar überragten. In normaler Haltung reichte ihr Kopf bis an Fionns Brust. Mächtige Reißzähne blitzten in den halb geöffneten Mäulern auf, und ihre Augen … Fionn schaute sofort weg und fing an zu zittern. Solche schrecklichen Augen hatte er noch nie gesehen, gelb und feurig, sehr wild und kalt und … Tod verheißend. Kein normales Tier hatte solche Augen.
    Ein halbes Dutzend, und sie rannten ganz selbstverständlich ins Dorf hinein, fingen an zu schnüren und zu spüren, witterten mit großen schwarzen Nasen, liefen zwischen den Hütten herum und knurrten die völlig erstarrten Menschen an. Der Kettenhund jaulte jämmerlich auf und versuchte verzweifelt zu fliehen, als zwei von ihnen ihre Aufmerksamkeit auf ihn lenkten. Sie wollten sich auf ihn stürzen, als ein Pfiff sie aufhorchen ließ, und sie liefen zurück zu ihren Artgenossen und hielten die Menschen in Schach.
    Hufschlag erklang, und dann kamen die Elben, zehn an der Zahl und in lederner Rüstung; alle trugen das Emblem des Palastes auf Brust und Rücken. Fionn sah ihre bleiche Haut, den stolzen, zugleich hochmütigen Gesichtsausdruck, die spitzen Ohren, hinter denen die Haare zusammengebunden waren. Ungefähr die Hälfte trug Pfeilköcher auf dem Rücken und Langbogen, die anderen begnügten sich mit langen Schwertern.
    Die Elbenrösser unterschieden sich ebenfalls von den normalen Pferden, die Fionn bisher gesehen hatte. Wie ihre Herren waren auch sie von Glanz umgeben, und von herrlicher Statur, wie einem Gemälde in Meister Ian Wispermunds Arbeitszimmer entsprungen. Die Nüstern waren rot gebläht, und ihre Augen blickten feurig, aber nicht so schrecklich wie die der Hunde.
    Fionn spürte, wie Tuagh sich anspannte; er bereitete sich darauf vor, sie beide zu verteidigen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Hunde hierher kommen würden, um auch die Scheune zu durchsuchen.
    Sich vor Elben zu fürchten – wenn Fionn das noch heute Morgen geweissagt worden wäre, er hätte sich darüber lustig gemacht. Unvorstellbar wäre das für ihn gewesen, und doch saß er jetzt hier als zitterndes Häuflein.
    »Sind in der letzten Zeit Reisende durchgekommen?«, erklang die scharfe Stimme des Anführers der Truppe.
    »Nein.« Ein Mann, schmal und faltig, mit grauen Haaren, ließ seine Hacke fallen und kam näher. »Es geschieht sehr selten, dass jemand hierher kommt, vielleicht zweimal im Jahr.«
    »Auch kein Einzelner, wie etwa ein Bogin?«
    Fionn schluckte. Wer war wohl damit

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