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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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als beglichen. Mehr konnte und wollte der junge Bogin nicht verlangen, und so war es auch ausgemacht gewesen. Er würde seinen Teil der Vereinbarung halten. Und wenn er jetzt verschwand, brachte er auch niemanden mehr in Gefahr. Ihm würde schon etwas einfallen, wie er an Essen und vor allem einen Blick auf eine Karte kommen würde; in den wenigen Tagen hatte er sehr viel gelernt und so manches aus dem wortkargen Söldner hervorgelockt. Er konnte es schaffen, und er hatte schon viel weniger Angst.
    Das Einzige, was er bedauerte, war, dass es ihm nicht gelungen war, einen noch so kurzen Blick auf die Zwergenfrau zu erhaschen; dieses Geheimnis sollte sich ihm also nicht offenbaren.
    Also dann. Leb wohl, Tuagh, ich danke dir für alles. Ohne dich hätte ich niemals eine Chance gehabt, aber so sehe ich es als Fügung des Schicksals, die ich annehme .
    Er atmete noch einmal bewusst ein und aus, dann öffnete er so leise wie möglich die Tür und verließ das Haus.
    Draußen herrschte Dunkelheit, doch das erste Dämmern würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Von den Dachbalken tropfte das Wasser, die Wege waren wie am Tag zuvor schlammig, aber der Himmel war sternenklar.
    Alles zeigte sich still und friedlich; kaum zu glauben, aber das unentwirrbar scheinende Chaos hatte sich tatsächlich aufgelöst, jeder Beteiligte war schließlich ans Ziel gelangt, und nun schliefen alle friedlich unter ihren Dächern.
    Fionn blies seinen Atem in kleinen Wölkchen aus, doch er fror nicht, denn das Cape hielt ihn warm. Die matschigen Straßen machten ihm nichts aus, seine Stiefel waren ohnehin noch nass und kaum gesäubert. Er hatte die Füße mit Lappen umwickelt, die er bei der Waschschüssel gefunden hatte, damit sie sich nicht am feuchten Leder wundrieben.
    Obwohl er ins Ungewisse ging, fühlte Fionn sich seltsam befreit. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er eine Entscheidung ganz für sich und ganz allein getroffen, und das fühlte sich gut an. Mit dem heutigen Tag war er kein Sklave mehr, sondern ein wirklicher, freier Bogin, von denen Tiw immer geträumt hatte. Ja, eigentlich vogelfrei, weil er nach wie vor keine Rechte besaß. Aber er würde sie einfach beanspruchen. Bisher hatte niemand etwas gegen Bogins gehabt, abgesehen von den beiden Landstreichern, die ihn verkaufen wollten. Er musste vorsichtig sein, aber sein Vorhaben war keineswegs so aussichtslos, wie er bisher angenommen hatte.
    Munter schritt er auf das Westtor zu; unterwegs würde er nach einem Laden für Reisende suchen, der Karten führte, es gab sie sicherlich auf allen Hauptstraßen. Zunächst aber wollte er die Hauptstraße meiden und sich durch die kleinen Gassen fortbewegen, um nicht doch noch aufzufallen. Vielleicht war ja ein Nachtwächter unterwegs, der die Stunde ausrief. Den Weg nach Westen kannte er, da hatte er gestern genau aufgepasst, sich von Tuagh immer wieder Auskunft geben lassen, und außerdem waren da auch Sternbilder am Himmel, die Tuagh ihm ebenfalls zur Orientierung gezeigt hatte.
    Ich bin nicht dumm, nur ungebildet , dachte er. Das werde ich ändern.
    Er stellte sich selbst gleich auf die Probe; sollte er sich schon in einer verhältnismäßig kleinen Stadt wie Uskafeld nicht zurechtfinden, wie wollte er jemals einen Wald durchqueren?
    Er bog um eine Ecke und noch eine. Es stank; überall verrottete Abfall, und was in den Pfützen schwamm, wollte er nicht wissen. Dennoch musste er hier durch.
    Kurz hielt er inne, um sich zu orientieren und zu lauschen, dann ging er nach links in die nächste Gasse, die wieder Richtung Westen führte. Doch bevor er einen Blick bis zum Ende werfen konnte, bekam er plötzlich, obwohl er keinerlei Geräusch gehört oder eine Annäherung gespürt hatte, einen Sack über den Kopf gestülpt und wurde trotz seiner erschrockenen und heftigen Gegenwehr verschleppt.
*
    Die Gefangenen wussten nicht, wie lange sie schon hier unten ausharren mussten. Sie hatten die Mahlzeiten gezählt, aber den Eindruck gewonnen, dass es keine Regelmäßigkeit dabei gab, also konnten sie nicht feststellen, ob es eine pro Tag war, oder zwei, oder sogar mehr. Nach ihrem Hunger konnten sie dabei nicht gehen, den verspürten Bogins sowieso schneller als andere; obwohl sich die Lage seit des Haushofmeisters Befehl, die Gefangenen besser zu versorgen, entspannt hatte.
    Die Dunkelheit lastete am meisten auf ihnen, und selbst das Gemüt der Zuversichtlichsten verdüsterte sich zusehends. Deshalb hörten Alana und Hagán auch nicht

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