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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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– vielleicht auch Tiw – und verfuhren mit allen auf die gleiche Weise?
    Ob Tuagh wohl schon nach ihm suchte? Sicher waren inzwischen einige Stunden vergangen, und seine Abwesenheit aufgefallen. Fionn hatte keinerlei Nachricht hinterlassen, also konnte der Wanderkrieger sich keinen Reim darauf machen, was passiert war, und musste annehmen, dass Fionn nicht freiwillig verschwunden war.
    Er befand sich immerhin noch in Uskafeld, also bestand eine winzige Chance, dass Tuagh ihn finden würde. Der ältere Mann war so erfahren, er wusste bestimmt, wie man nach Spuren suchte.
    Vielleicht findet er mich, und solange muss ich durchhalten , dachte der junge Bogin. Es wird egal sein, was ich sage, sie werden mir nicht glauben, denn sie haben mich bereits schuldig gesprochen .
    Damit stand auch sein Entschluss fest, ihnen keinesfalls zu geben, was sie wollten. Er war unschuldig, und es war ungerecht, ihn im Vorhinein zu verurteilen, nur weil er ein Bogin war.
    Ich verstehe diese Welt nicht, und ich glaube, sie versteht mich auch nicht. Liegt es an unserer Sklaverei, dass wir so anders sind? Weil wir niemals aus den Häusern gekommen sind, sondern beschützt hinter Mauern gelebt haben? Wir sind … wir sind naiv, unbeholfen, unbedarft. Es ist mir nunmehr unverständlich, wieso Tuagh mich mit solchem Respekt behandelt hat … zumeist wenigstens. Und ich verstehe auch, dass man uns als Bucca beschimpft, weil unsere rosigen Wangen ein Ausdruck unseres sorglosen, leichten Lebens sind. Da kann man natürlich immer frohgemut und gut gelaunt sein!
    Tuagh hatte ihn mehrmals gewarnt, seine Nasenspitze allzu weit vorzustrecken, und nun war er hineingerissen worden in etwas, das so ganz und gar das Gegenteil seines bisherigen Lebens war, dass er es als grotesk empfand. Vom einen Extrem ins Andere, und dazwischen schien es nichts oder nicht viel zu geben.
    Fionn zog die Beine fest an und schlang die Arme darum; wieder einmal fror er, und jedes Mal gab es eine neue Abstufung von »kalt«. Nun war er wahrhaftig elend dran; gedemütigt in seiner Nacktheit noch dazu.
    Schluchzend flüchtete er sich in Schlaf.
    Fionn wurde geweckt, als ihm etwas zu essen gebracht wurde; einer der Verhüllten (vielleicht war es auch jemand Neues) brachte ihm ein Stück Brot, eine Schale wässrigen Eintopf und ungesüßten Kräutertee.
    »Wie viel Zeit ist vergangen?«, fragte er schüchtern und rieb sich die Augen, doch er erhielt keine Antwort.
    Er musste essen und trinken und bei Kräften bleiben, nur so konnte er herausfinden, was das alles zu bedeuten hatte. Ob er etwa einen Unfall erlitten hatte und träumte, oder ob er dies alles wirklich erlebte. Der Tee war lauwarm und wärmte ihn leicht, belebte ihn sogar ein wenig, sodass er den Eintopf hinunterwürgen konnte. Das Brot hob er sich bis zum Schluss auf und kaute es intensiv, bis es süß zu schmecken begann.
    Die Fackeln waren halb heruntergebrannt, und Fionn dachte bei sich, wie dumm er doch war zu frieren, wo es hier Wärme gab. Er brauchte nur eine Fackel steckenzulassen, die anderen konnte er zu sich herunterholen und sich daran wärmen, bis sie niedergebrannt waren. Die Luft im Raum selbst war gar nicht so kalt, weil sie von den Fackeln erwärmt wurde, aber der feuchtkalte Steinboden und die Wände waren es, die Fionn schlottern ließen.
    Er stand auf und ging zu der ersten Fackel, streckte die Hand aus – und war zu klein. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, sprang hoch, versuchte alles, doch er reichte nicht heran. Die Zelle war völlig leer, es gab nichts, worauf er sich stellen konnte.
    »Aaaahhhh!« Fionn leerte seine Lungen mit einem Schrei und schöpfte dann neuen Atem. Es half nichts; wahrscheinlich gehörte das zur Strategie, ihn mürbe zu machen, ihn zu entmutigen. Er war ja nur ein dummer kleiner Bucca, der nicht lange durchhalten würde.
    Und dann gab es noch ein Problem. Was er gegessen und getrunken hatte, musste irgendwann auch wieder aus ihm heraus. Aber wo?
    Fionn schrie ein zweites Mal auf. Allmählich begriff er das Spiel.
    Es gab eine zweite Mahlzeit, dann kamen sie und holten ihn ab. Fionn hatte zwischenzeitlich wieder geschlafen, es blieb ihm nichts anderes zu tun, und er wollte seine Gedanken nicht noch mehr zermartern.
    Sie hüllten ihn in einen Umhang, verbanden ihm die Augen und zogen ihm die Kapuze über. Dann legten sie Fesseln um seine Handgelenke und schleppten ihn aus dem Raum, Treppen hinauf – er zählte sie mit, es mussten dreizehn sein –, und dann hörte er

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