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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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Aussätzigen, der sich nie wieder ins freie Tageslicht wagen durfte. Vàkur zeigte ihm seinen Zustand, zerrte ihn vor einen Spiegel, und Fionn erschrak vor dem, was er da sah. Kein Waldschrat konnte schmutziger, abstoßender und elender sein als er. Die schlimmste Schmach für einen Bogin, der stets auf Reinlichkeit und ordentliche Kleidung achtete.
    »Du schämst dich?«, fauchte Vàkur. »Du ekelst dich? Zurecht! Du bist ein stinkendes, verlottertes Stück Fleisch. Dein Innerstes ist nach außen gekehrt worden, wir haben es sichtbar gemacht. Sieh dich an, das ist dein wahres Selbst! Und deswegen bist du hier. Verlass dich drauf, wir werden dich reinigen!«
    Und so geschah es. Sie banden ihm die Augen zu und schleppten ihn in einen anderen Raum, rissen ihm den Umhang herunter, und dann übergossen sie ihn mit Eimern eiskalten Wassers. Der Schock war so groß, dass sein Herzschlag für einen Moment aussetzte. Fionn schrie und jammerte, sprang hin und her und versuchte auszuweichen, doch sie waren überall, holten Nachschub und schleuderten das Wasser mit Schwung gegen ihn; Kälte und Schmerz.
    Das geschah nun jedes Mal nach dem Verhör, und beim dritten Mal hielten sie ihn fest und schrubbten ihn mit Seife und harten Bürsten, bis er glaubte, keine Haut am Leib mehr zu haben.
    »Du bist ansteckend, du räudiges, krätziges Stück Dreck«, sagte jemand voller Abscheu.
    Ich bin zertrümmert , dachte er, nachdem sie ihn anschließend in seine Zelle geworfen hatten. Seine Haut brannte, und er war sicher, dass die Hälfte seiner Haare ausgerissen waren; aber wenigstens war er sauber, endlich einmal. Es ist hoffnungslos, sie werden niemals aufhören, und Tuagh wird mich niemals finden. Sie werden solange weitermachen, bis ich tot bin. Es gibt keinen Grund für das, was sie tun, aber sie tun es trotzdem. Vàkur tut so, als wäre es nur seine Pflicht, aber er hat Freude daran, ganz gewiss hat er das.
    Er nahm sich vor, Vàkur damit zu konfrontieren, er musste weg von den Fragen gegen ihn, sondern ablenken, auf ein anderes Ziel schwenken. Obwohl er schon so viele Auseinandersetzungen mit seinem Peiniger hinter sich hatte, hatte er sich nie richtig auf ein Verhör vorbereiten und die Unterhaltung vorher einstudieren können. Vàkur hatte ihn jedes Mal überlistet, und es war immer noch schlimmer geworden.
    Heute nicht, das nahm Fionn sich ganz fest vor, heute würde es ihm gelingen.
    Er wartete, bis sie ihn an den Stuhl gefesselt hatten, die Kapuze hinunterschlugen und die Augenbinde abnahmen.
    Und dann wäre er vor Schreck beinahe hintenüber gefallen.
    Ihm gegenüber saß gar nicht Vàkur.
    Da stand ein Troll.
    Fionn blieb die Luft weg, seine Kehle schnürte sich zu, und er schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft.
    Obwohl er noch nie zuvor einen Troll gesehen hatte, hegte er keinerlei Zweifel. Das Wesen war so groß, dass es in die Knie gehen, sich nach vorn beugen und den Kopf einziehen musste, um überhaupt in diesem Raum stehen zu können. Alles an ihm war grob und plump und wirkte steinern. Er trug nicht mehr als einen Lendenschurz, der aus zwei zusammengesetzten Bärenfellen bestand, an denen noch die Pranken baumelten. Die kleinen Augen in dem Felsgesicht glühten rot und wild. Er könnte den jungen Bogin mit seinem Daumen einfach zerquetschen, und dies vermutlich ohne Kraftaufwand.
    Aber eines an ihm war trotzdem merkwürdig. Seine normalerweise steingraue Haut war blau angelaufen, und er zitterte und schlotterte, als würde er unglaublich frieren.
    »Ja, da siehste ma’«, fing der Troll mit röhrender Stimme an, die beinahe den Raum sprengte; unmöglich konnten die Wände diesem donnernden Schwall an Tönen lange standhalten. Fionn wand sich stöhnend und knirschte mit den Zähnen. Er spürte, wie ein Äderchen in seiner Nase platzte und sie zu bluten begann.
    »Jetzt bin ich dran«, fuhr der Troll mit deutlich gedämpfter Stimme fort, als er merkte, dass ansonsten das gesamte Gebäude zusammenbrechen würde. »Ich bin Blaufrost. Ziemlich passend, was?«
    Fionn konnte nicht antworten, seine Ohren klingelten immer noch, und in seinem Kopf dröhnte es. Er keuchte.
    »Scheinst dich nich’ recht wohl zu fühln in meiner Nähe«, mutmaßte der Troll und zog den Mund in die Breite. Jeder einzelne Zahn darin war so groß wie eine Kinderhand und so dick, dass er mühelos einen Stein zermahlen konnte. »Haste recht. Deswegen hamse mich geholt. Weil du nämlich ’n ganz schlimmer Finger bist und dich weigerst,

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