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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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dabei. Sie mussten doch wissen, dass es zwei verschiedene Verhörmethoden gab!
    Aber was konnten Elben schon von Bogins wollen?
    Ich muss es herausfinden .
    Sie orientierte sich zuerst an den Elben, dann an den Menschen. Elben gingen immer gleich sorgfältig vor, sie vergaßen niemals etwas und wurden nicht nachlässig. Damit erleichterten sie es Cady, herauszufinden, welche Zeitabstände zwischen den Mahlzeiten vergingen, den Verhören, und der allgemeinen Kontrolle. Elben waren so gesehen absolut berechenbar, sie rückten niemals von der Linie ab.
    Menschen waren in diesen Dingen nie so sehr exakt. Zu Beginn vielleicht, aber ihre Sorgfalt ließ bald nach. Cady kannte das aus dem Haushalt ihres Herrn. Die Elben führten selbst kleine Handgriffe immer in derselben Reihenfolge aus, jede Wiederholung unterschied sich in nichts von der vorherigen Handlung. Die sie begleitenden Menschen achteten darauf nicht sonderlich; sie verteilten das Essen mal so und mal so, vergaßen schon mal den Schlüssel für eine Gittertür oder hatten den falschen dabei. Die Elben reagierten darauf ungehalten, das war ihren Mienen anzusehen; kritisiert jedoch, noch dazu vor den Gefangenen, hätten sie nie. Das kam aber sicher später, auf dem Posten – was aber nichts änderte, wo die Elben gleichbleibend sorgfältig waren, waren die Menschen gleichbleibend von einer gewissen Nachlässigkeit.
    Diese beiden Völker sahen sich so ähnlich wie kein sonstiges Volk einem anderen glich, nahezu zum Verwechseln, und trotzdem waren sie grundverschieden. Die Menschen ließen sich nicht von anderen dreinreden, und die Elben auch nicht. Sie gingen auf einander ein, soweit sie es als notwendig erachteten, und kamen einander aber auch keine Zehenlänge weiter entgegen.
    Damit hatte Cady mehrere Ansatzpunkte. Da sie ohnehin nichts zu tun hatte, beobachtete sie jeden Schritt, jeden Handgriff ganz genau. Und dann, als ein Verhör stattgefunden hatte und die nächste Mahlzeit noch nicht zu erwarten war, handelte sie.
    Einen Bogin sieht man nicht.
    Das wurde schon den Kleinsten beigebracht, aber Cady hatte das nie wörtlich genommen, sondern als Anweisung gesehen, die Herrschaft nicht zu stören. Doch es war ihre Stärke, das begriff sie jetzt. Sie beobachtete, wie die Wachen in ihre Zelle schauten, und ihr Blick glitt jedes Mal an Onkelchen Fasin, Alana und Hagán vorüber; wahrscheinlich auch an einigen anderen, doch auf die achtete Cady nicht. Und nun verstand sie, wie das eigentlich gemeint war – ein Bogin wurde nicht bemerkt, wenn er es nicht wollte. Er tat einfach, als wäre er nicht da; und das funktionierte! Es war wie eine magische Macht; vielleicht lag es an der Aura der Bogins, denn sie strahlten an sich Stille und Bescheidenheit aus, die von jedem gern übersehen wurde.
    Cady versuchte es einfach. Als ihre Tür geöffnet wurde, befand sie sich direkt neben dem Schloss. Der Mensch sah sie, doch er nahm sie nicht bewusst wahr, denn er achtete nicht weiter auf sie. Cady hatte ein Stück Stoff bereitgehalten, das verhindern sollte, dass sich der Riegel vollends schlösse. Außerdem hatte sie eine Nadel aus einer Mantelschließe dabei, die man ihr nicht abgenommen hatte.
    Zwei Verstörte wurden ins Verlies zurückgebracht und zogen die Aufmerksamkeit aller auf sich. Sie wurden umringt und besorgt befragt. Die Wachen achteten nur noch auf die Gruppe um diese beiden, Cady war endgültig vergessen. Sie schob den Stoff vor das Schloss und war kurz erschrocken, als sie das vertraute »Klick« hörte, doch der Stoff saß fest. Vielleicht war er zu dünn gewesen …
    »Gebt Ruhe!«, sagte eine Elbenwache und trat näher ans Gitter. »Benehmt euch gefälligst anständig und hört mit diesem Geschrei auf! Die kommen schon wieder zu sich, wie alle anderen auch.«
    Cady hielt die Luft an, doch auch der Elb bemerkte sie nicht. Verdammt, warum hab ich das nicht schon längst herausgefunden? Warum hat mir das keiner gesagt, nicht mal hier unten? – Nun gut, ›du weißt es jetzt, und das genügt doch‹, würde Onkelchen Fasin sagen. Und recht hätte er . Aufgeregt presste sie die Faust gegen die Brust. Phänomenal , dachte sie.
    »Aber warum tut ihr das?«, rief jemand. »Wir haben niemandem etwas getan, das muss euch doch inzwischen klar geworden sein!«
    »Niemand ist unschuldig«, schnarrte der Elb. »Niemand ist grundlos im Verlies.«
    »Ach, das hätte jetzt auch ein Mensch sagen können«, erklang eine andere Stimme. »Irgendwann wird man euch gar nicht

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