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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prisca Burrows
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die Wangen. »Wie können wir …«
    »Wir müssen.« Cady klopfte Melissas Gewand ab und glättete es. »Wir werden beide jetzt sehr tapfer sein und nichts von dem verlautbaren lassen, was wir gesehen haben. Denn wir wissen tatsächlich nichts. Wir wissen nicht, was das zu bedeuten hat, wir können nur vermuten. Und das ist trügerisch, solange wir nichts Genaues wissen. Daher ist es wichtig, dass wir unsere Gedanken hüten. Spielen wir dem Feind nicht noch in die Hände.«
    Melissa schluckte heftig, dann nickte sie. »Ja, du hast recht. Aber was tun wir jetzt?«
    »Komm. Wir gehen sehr schnell zurück.«
    Damit war Melissa nur allzu einverstanden. Unterwegs redete Cady weiter. »Sehr wichtig ist es, sofort den Schutz für Onkelchen Fasin zu verstärken. Sprich mit Alana, aber sag ihr nicht mehr. Sag ihr zur Not, dass du nicht darüber reden kannst. Du hast mir einen Eid geschworen, und sie wird verstehen. Und dann werdet ihr euch verhalten wie immer, aber ihr müsst euch besser stärken.«
    »Cady, wie redest du denn? Du bist doch auch …«, setzte Melissa an; inzwischen waren sie wieder bis zu ihrem eigenen Verlies zurückgekehrt, und Cady winkte sie zu den Fackeln, ohne sie ausreden zu lassen.
    »Los, heb mich noch mal hoch. Das ist wichtig.«
    »Weitere Fackeln? Aber die werden doch merken, dass sie fehlen …«
    »Sie können es sich aber nicht erklären, wenn die Gitter verschlossen und alle Bogins da sind.«
    »Was willst du denn mit …«
    »Still jetzt und hilf mir! Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«
    Melissa gehorchte erschrocken; Cady nahm sich vier weitere Fackeln. Dann löschte sie alle bis auf eine und steckte die fünf anderen in den Gürtel; mehr passten nicht hinein.
    »Cady«, schluchzte Melissa. »Nein, du bist verrückt …«
    »Hör zu.« Cady stellte sich vor sie hin und ordnete ihr behutsam die Haare, strich sanft über ihre Wange. »Da hinten gibt es weitere Gänge, und ich bin sicher, einer führt hinaus. Ich denke, die Fackeln werden lange genug reichen. Ich glaube, dass es eine Verbindung zwischen dem Labyrinth hier und den Kanälen der Stadt dort draußen gibt. Deshalb werde ich einfach immer dem Wasser folgen. Ich habe mir eingebildet, in der Ferne ein leises Rauschen gehört zu haben.«
    »Und wenn die Verbindung nur so groß wie ein Rattenloch ist? Und wie willst du zurückfinden?«
    »Ich hinterlasse Markierungen.« Cady holte einen blauen Wachsstift aus einer Tasche am Gürtel. Man hatte ihnen nur die Urrams abgenommen, alles andere aber belassen. »Damit, oder mit Fackelruß. Und ich bin sicher, es wird irgendwo einen geheimen Gang geben, der groß genug für mich ist. Vielleicht ein alter Fluchtweg aus dem Gebäude, das vor dem Palast hier gestanden hat.«
    »Aber wenn du wirklich nach draußen findest, wo gehst du dann hin?«
    »Zu Meister Ian Wispermund. Er ist auf unserer Seite, das weiß ich.«
    »Woher willst du …«
    »Er ist nicht so dumm und veranlasst einen Mord in seinem eigenen Haus und lässt dann zu, dass Fionn fliehen kann. Ich kenne ihn mein Leben lang, und ich vertraue ihm mehr als meinem eigenen Herrn. Ich werde zu ihm gehen, und dann wird er mir dabei helfen, euch alle rauszuholen.«
    Melissa schüttelte den Kopf. »Das ist ein undurchführbarer Plan, Cady, und sie werden wissen, dass du fehlst, wenn sie uns zählen.«
    »Dann müsst ihr eben dafür sorgen, dass ich nicht fehle. Lass dir was einfallen, Melissa! Für die Menschen und die Elben sehen wir alle gleich aus, und wenn ihr es geschickt anstellt, zählen sie einen mehr. Das ist doch zu schaffen!«
    Melissa umarmte die jüngere Freundin. »Ach, Cady«, flüsterte sie weinend. »Alana wird mich umbringen, wenn du jetzt auch noch fort bist. Und Onkelchen Fasin wird außer sich sein, er war wegen Fionn schon aufgebracht genug …«
    Cady drückte Melissa fest an sich. »Du bist mir wie eine Schwester. Ich zähle auf dich.«
    Dann huschte sie in den dunklen Gang.
*
    An einem geheimen Ort, während der Stummen Stunden.
    Ein halbes Dutzend, vielleicht waren es auch zwei oder drei mehr, trafen sich zur verabredeten Zeit am verabredeten Ort. Sie gingen verhüllt, weil es ihre Gewohnheit war, denn untereinander kannten sie sich sehr genau, und schon lange. Sie sprachen sich niemals mit Namen oder förmlichen Anreden an, als wären sie alle gleich. Ihre Stimmen waren ton- und farblos, nicht mehr als ein Wispern im Wind.
    »Ich habe die Seiten gelesen. Möchtest du sie in Verwahrung nehmen?«
    »Gewiss. Ich muss sie

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