Der Fluch der Hebamme
sie sich an ihren Mann. Er brauchte jetzt ihren Trost. »Was auch kommen mag – ich werde zu dir stehen«, war alles, was sie sagte.
Ohne ein weiteres Wort trug Lukas sie zum Bett, und dann liebten sie sich. Innig, leidenschaftlich, zärtlich, verzweifelt.
Marthe verlor kein Wort darüber, dass es ihr schon wie ein Abschied auf lange Zeit vorkam.
Der Klosterschatz
W as für ein wunderbarer Tag gestern«, meinte Albrecht und lehnte sich selbstzufrieden zurück. Er saß beim Frühmahl auf der Freiberger Burg in kleinster Runde. Nur Elmar, Giselbert, Gerald und Reinhard leisteten ihm Gesellschaft und tafelten wahrhaft fürstlich – so üppig, wie es während der Fastenzeit möglich war. »Nun liegt mir Freiberg zu Füßen. Das habt Ihr Euch schlau ausgedacht!« Er wies auf Elmar, der sich für das Lob verneigte. »Jetzt fehlt mir nur noch ein Erbe.«
Dieser Gedanke nagte so sehr an Albrecht, dass er ihn vor den vier Männern aussprach.
Nur mit einem männlichen Erben konnte er die Markgrafschaft dem Haus Wettin sichern. Wenn ihm etwas zustieß, bevor er einen Sohn gezeugt hatte, würde sich der König die Mark Meißen zurückholen. Dass sein Bruder Dietrich ihm nachfolgen könnte, sofern er überhaupt den Kriegszug überlebte, war äußerst unwahrscheinlich.
»Befehlt doch Lukas’ Weib, dass sie dafür sorgt«, schlug Elmar beiläufig vor. »Sie hat gewiss mehr Erfahrung in diesen Dingen als ihre Tochter. Und Ihr könntet sie für den Erfolg verantwortlich machen.« Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten entlockten ihm ein boshaftes Grinsen.
»Um nichts in der Welt!«, wies Albrecht diesen Vorschlag beinahe erschrocken zurück. »Diesem Weib traue ich nicht über den Weg. Sie würde die Markgräfin eher behexen, damit sie
nicht
schwanger wird …«
Mit einer jähen Bewegung schob er das Brett mit dem Aal von sich. Allein der Gedanke an Marthe hatte ihm die Lust aufs Essen verdorben.
»Ihr solltet ihren Mann ohnehin umgehend herbeordern«, fuhr Elmar ungerührt fort. »Denn was Euch wirklich fehlt, sind dreitausend Mark Silber!«
Albrecht erstarrte mitten in der Bewegung. »Dreitausend …? Wieso? Und durch Lukas’ Schuld? Lasst ihm den Kopf abschlagen, sofort!«
Innerlich beglückwünschte sich Elmar zu der Entscheidung, dem neuen Markgrafen erst von dem klaffenden Loch in seinen Geldtruhen zu berichten, nachdem die Zeremonie in Freiberg vorbei war. Es war wichtig, dass Albrecht sich als würdiger Nachfolger Ottos feiern ließ. Ein Wutausbruch von biblischen Ausmaßen, wie er jetzt drohte, mit der unbesonnenen Hinrichtung eines angesehenen Ritters, würde der Prachtentfaltung wohl den Glanz genommen haben. Und Elmar wusste, dass Albrecht für seine Unbeherrschtheit nicht nur gefürchtet war, sondern von manchen – darunter auch Männer von Einfluss – deshalb sogar als untauglich angesehen wurde. Es hatte Jahre geduldigen Einwirkens gedauert, ihn als klugen und bedachten Mann zeigen zu können.
»Während Eurer Abwesenheit habe ich mich etwas genauer mit der Hinterlassenschaft Eures Vaters befasst«, erklärte er deshalb ruhig. »Da gibt es eine rätselhafte Lieferung von dreitausend Mark Silber nach Marienzelle, die dieser Lukas eskortiert hat. Der Kämmerer meint, für das Geld sollen die Mönche für das Seelenheil Eures Vaters beten. Aber es gibt kein Schriftstück darüber.«
»
Dreitausend
Mark Silber? Für das Seelenheil?«, brauste Albrecht auf. »Welche unglaublichen Sünden soll mein Vater begangen haben, dass er meint, so viel Geld vergeuden zu müssen? Die Mönche sind reich, sie bauen und bauen und treiben guten Handel mit Starkbier und illuminierten Büchern!«
»Wenn Ihr gestattet, Durchlaucht – ich kann diese Angelegenheit vielleicht erhellen«, meldete sich Reinhard zu Wort. »Mein Schwiegervater hatte tatsächlich Befehl, dreitausend Mark Silber aus der Freiberger Münze nach Marienzelle zu bringen. Ich war dabei, als Euer Vater den Befehl erteilte, und habe den Schatz unter Lukas’ Kommando begleitet.«
Es hatte keinen Sinn, diese Sache verschweigen zu wollen. Es würde sowieso herauskommen, falls Elmar es nicht längst schon wusste. Und er musste Albrechts Zorn von Lukas ablenken.
»Wie lautete der Befehl genau?«, fragte Albrecht verärgert.
»Das Geld im Kloster zu hinterlegen, damit dort für sein Seelenheil gebetet wird«, erklärte Reinhard, wobei er diesmal Mühe hatte, sich nichts von seiner Unruhe anmerken zu lassen. Seine Gedanken drehten sich im Kreis
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