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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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er blass wurde.
    »Wenn sich der Graf nicht so nachdrücklich für Euern Freund eingesetzt hätte und ich nicht Anweisung meines Fürsten hätte, seinen Wünschen zu folgen, würde ich auf der Stelle umkehren. Anderswo wird meine Arbeit ebenso gebraucht, aber wenigstens geschätzt!«, erklärte der Feldscher beleidigt.
    Thomas erinnerte sich vage daran, ihn bei der Mannschaft Herzog Friedrichs gesehen zu haben. Hatte Graf Dietrich sogar beim Sohn des Kaisers um Hilfe für ihn gebeten?
    Bei dem Feldscher siegte währenddessen die berufliche Neugier über seinen Stolz.
    »Ich denke, ich habe das bessere Messer für diese Arbeit«, verkündete er, rollte ein Bündel aus und holte eine schmale, sehr feine Klinge hervor – Damaszenerstahl, wie die kleinen Wirbel verrieten.
    Zwei weitere Eisen mit breiten, schaufelförmigen Klingen legte er in das Kohlebecken und befahl Rupert, sie tief in die Glut zu halten, damit sie ausreichend heiß wurden.
    »Ihr habt vor der Schlacht gebeichtet?«, erkundigte er sich bei dem Kranken. Als Thomas nickte, fuhr er gelassen fort: »Seitdem werdet Ihr angesichts Eures Zustandes wohl kaum Gelegenheit gehabt haben, zu sündigen. Also beginnen wir auf der Stelle.«
    Ich habe Menschen getötet in der Schlacht!, dachte Thomas beklommen. Sicher, es waren Ungläubige, und der Papst sagt, es sei eine gute Tat, sie zu töten. Aber ihr Blut war rot wie meines, und sie schrien vor Schmerz, wie ich geschrien habe. Verunsichert sah er zu dem kleinen Mönch, doch der erhob keinen Einwand. Also schien auch er keine Notwendigkeit zu sehen, dass Thomas noch einmal beichtete, obwohl er getötet hatte und gleich sterben könnte.
    Nach einem prüfenden Blick auf den Ritter mit den braunen Locken, der hier offenkundig das Sagen hatte, legte der Feldscher Thomas eine Aderpresse an und bat Roland, den Arm des Verletzten mit aller Kraft festzuhalten.
    »Dies ist der Moment für ein Gebet«, verkündete der Feldscher dann und sah zu dem Benediktiner. Notker, noch magerer und verzagter als sonst, kniete am Lager des Kranken nieder.
    »Der Herr wird Euch beistehen«, sagte er, faltete die Hände und forderte Thomas auf, mit ihm das Vaterunser zu sprechen.
    Der Feldscher bekreuzigte sich, und bevor Thomas damit rechnete, schnitt er schon in das Fleisch.
    Er war wirklich schnell. Keuchend vor Schmerz, versuchte Thomas, das Vaterunser zu Ende zu bringen. Doch noch schlimmer war das Ausglühen. Wohlweislich hatte der Feldscher das Beten nun dem Mönch überlassen und Thomas einen Stock zwischen die Zähne geklemmt, damit er sich nicht die Zunge abbiss.
    Zur Erleichterung aller verlor dieser bald das Bewusstsein.
    »Ich danke Euch für Eure Arbeit, Meister«, sagte Roland, als der Wundarzt seine Arbeit getan hatte. Der ganze Raum stank nach verbranntem Fleisch, und ihm selbst stand der Schweiß auf der Stirn.
    »Dankt Gott – und bittet ihn um Rettung für Euern Freund«, erwiderte der Feldscher, nachdem er seinen Lohn bekommen und die Klingen wieder eingepackt hatte.
     
    Thomas wurde wach von dem Geräusch mehrerer Stimmen … und brennendem Durst. Erst dann fühlte er lodernden Schmerz, erinnerte er sich an das Geschehene und fuhr erschrocken auf, um zu sehen, ob er seinen Arm noch hatte.
    Bevor er sich erleichtert wieder sinken lassen konnte, war Rupert schon zur Stelle und hielt ihm einen Becher Wasser an die Lippen. Thomas trank, und erst dann erkannte er die Stimmen der Männer in seiner Nähe.
    Er unternahm einen zum Scheitern verurteilten Versuch, sich zu erheben, doch Graf Dietrich forderte ihn lächelnd auf, liegen zu bleiben.
    Beklommen murmelte Thomas ein »Danke, dass Ihr mir den Wundarzt geschickt habt!«.
    Immer noch lächelnd, meinte der Graf von Weißenfels: »Deine Mutter hätte mir die Hölle heißgemacht, wenn ich zugelassen hätte, dass dir einer dieser Metzger einfach den Arm abhackt.«
    Und deine Schwester hätte mich so vorwurfsvoll angesehen, dass ich das nicht ertragen könnte, dachte er wehmütig, ohne es auszusprechen.
    Stattdessen sagte er: »Wir sind alle froh, dass Ihr nicht auch zu den Toten gehört.«
    »Wie viele Männer haben wir verloren?«, fragte Thomas beklommen.
    »Zu viele«, antwortete Dietrich düster. »Aber jetzt müsst Ihr zu Kräften kommen. Morgen verlegen wir unser Lager wieder in die Gärten, und vorher solltet Ihr Euch wenigstens so lange auf den Beinen halten können, dass Ihr diesem tapferen jungen Mann das Schwert umgürten könnt. Er hat es verdient.«
    Mit

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