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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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einer tiefen Verbeugung bedankte sich Rupert für das Lob, dann stapfte er los, um für Thomas etwas zu essen aufzutreiben.
     
    Angesichts der vorangegangenen Entbehrungen, des hohen Fiebers und der tiefen Wunde ging es Thomas am nächsten Tag besser, als man erwarten durfte. Vielleicht war es auch der Gedanke, dass er ohnehin weiterziehen musste und vorher noch seine Dankesschuld an Rupert begleichen wollte.
    Sein Knappe und sein Freund hatten dafür gesorgt, dass er eine Suppe aus gekochtem Huhn bekam, was ihn an seine Mutter erinnerte, die behauptete, dies sei die beste Kost für Kranke.
    Stück für Stück entlockte er Roland Einzelheiten darüber, was geschehen war.
    Sie hatten bei dem Angriff mehrere tausend Mann verloren; wie viele, wusste niemand genau. Unter ihnen waren Wiprecht von Starkau, Humfried von Auenweiler und der alte Gottfried. Der Gegner hatte noch mehr Kämpfer eingebüßt, und da niemand sie begrub und auch nicht die toten Stadtbewohner, war der Gestank von Verwesung mittlerweile so gewaltig, dass das Heer deshalb den Palast und die anderen reichverzierten Häuser verließ und wieder in die königlichen Gärten zog. Dort würde am nächsten Tag ein Markt stattfinden, und nach drei weiteren Tagen sollte das Heer weiterziehen – nach Kilikien, ans Meer. Vom Reich der armenischen Christen aus war es dann nur noch ein Katzensprung nach Antiochia, wo Fürst Bohemund und Markgraf Konrad von Montferrat, der Vetter des Kaisers, sie fürstlich empfangen würden.
    Ein Lichtblick, dachte Thomas. Aber er konnte sich nicht einmal vorstellen, wie er es bis zu den Gärten schaffen sollte, auch wenn er von Roland zu seiner großer Überraschung und Erleichterung erfahren hatte, dass sein Hengst noch lebte. Um an die Küste zu gelangen, mussten sie erneut eine Kette hoher Berge überqueren.
    Ich weiß wirklich nicht, was schlimmer ist: das, was ich überstanden habe, oder das, was vor mir liegt, überlegte er ebenso grimmig wie hilflos. Aber vielleicht will ich es auch gar nicht wissen. Herr im Himmel, wenn Du noch irgendeinen Auftrag für mich hast – dann bitte, gib mir Kraft!

10. Juni 1190, nahe Seleukeia an der kilikischen Küste
    E ine Steinsalve stürzte prasselnd den Abhang hinab und zog eine rasch wachsende Staubwolke hinter sich her. Jemand schrie entsetzt auf, und etwas Rotes flog links an Thomas vorbei.
    Im ersten Moment dachte er, einer der Männer sei gefallen und würde nun den steilen Berg hinunterstürzen, ohne Halt zu finden. Dann erkannte er, dass es ein Stoffballen war – etliche Ellen von den kostbaren Purpurstoffen, die viele der Ritter als Beute aus Ikonium mitgenommen hatten. Nun entrollte sich die Bahn im Fallen und segelte als purpurnes Band in die Tiefe, um sich im Tal in dornigen Sträuchern zu verfangen. Ob es ein Geschenk sein sollte für eine zu Hause gelassene Ehefrau oder Braut, ob sein Besitzer es bei nächster Gelegenheit in Silber oder Nahrung umtauschen wollte – nun würde es niemandem mehr etwas nützen.
    Der Hang war so steil, dass die Marschordnung längst aufgegeben war; jeder versuchte nur, irgendwie heil unten anzukommen, verzweifelt Halt suchend oder sogar auf allen vieren. Schwerkranke, von denen es immer mehr gab, wurden bis zum Kamm auf Rutschen von Pferden gezogen, doch bergab mussten sie sich von Helfern stützen lassen. Die Pferde hatten auch ohne Last schon Mühe, den Abhang hinunterzugelangen, der höchstens für Bergziegen geeignet schien.
    Rechts von Thomas wieherte ein stämmiger Brauner in Todesangst auf und stürzte, sich mehrfach überschlagend, in die Tiefe. Schon mehr als ein Dutzend Pferde hatte er seit dem Morgen auf diese Art qualvoll sterben sehen, und er betete, dass Radomir klug und stark genug war, um sicher im Tal anzukommen. Statt den Rappen am Zügel zu führen, ließ er ihn den Weg frei wählen, während er sich selbst mit der Rechten, so gut es ging, auf sein Schwert stützte, um Halt zu finden und nach Möglichkeit den immer noch schmerzenden linken Arm zu schonen.
    Dabei sollte jetzt alles besser werden!
    Sie waren nun endlich wieder in christlichem Gebiet, im armenischen Königreich von Kilikien. Die Einwohner hatten sie freundlich empfangen und verpflegt, Fürst Leo ihnen Wegführer geschickt.
    Von der Spitze des Berges aus konnte Thomas das Ziel schon sehen, die am Meer gelegene Stadt Seleukeia mit ihren hellen Bauten und Kirchtürmen. Und aus dieser Höhe schwindelte ihn angesichts dessen, wie groß und blau die See

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