Der Fluch der Hebamme
Regieren zu anstrengend wurde. Er erholt sich dort bei bester Pflege. Ich bin sicher, er wird uns bald wieder mit seiner Anwesenheit erfreuen.«
Dann schlug Albrecht einen schärferen Ton an.
»Aus Sorge um Euer Wohlergehen muss ich Euch bitten, diese Kammer vorerst nicht zu verlassen, Teuerste, bis Ihr Euch entschieden habt, wo Ihr Eure letzten Tage künftig verbringt – ob auf einem entlegenen Landsitz oder in einem Kloster. Zwei Hofdamen und drei Mägde seien Euch gewährt. Ihr« – er wandte sich um und winkte die beiden Wachen heran, die sich vor der entmachteten Markgräfin verneigten – »werdet sie nicht aus den Augen lassen. Ihr begleitet jedes dieser Weiber, ganz gleich, ob sie in die Küche gehen, zum Brunnen oder auf die Heimlichkeit. Ihr haftet mit eurem Kopf dafür, dass sie niemandem eine Botschaft zustecken oder zuflüstern.«
Mit einer Handbewegung wollte er Hedwig am Sprechen hindern. Doch seine Mutter hatte nicht die Absicht, jetzt etwas zu sagen. Albrecht würde ihr ohnehin nicht antworten.
Also wollte sie sich gar nicht erst vor ihm selbst demütigen. Ein paar Getreue würden schon einen Weg finden, Verbindung mit ihr aufzunehmen. Oder
sie
würde einen Weg finden, mit ihnen in Verbindung zu treten. Als Albrecht sich schroff umdrehte, um zu gehen, tauschte sie einen Blick mit Susanne, der Magd, die ihr schon am längsten diente, und wusste, dass diese ebenfalls bereits Pläne schmiedete.
»Aber den Weg in die Kapelle wirst du mir doch nicht verwehren, Sohn!«, rief sie Albrecht kühl hinterher.
Der wandte sich noch einmal um, unverkennbar wütend. Das listige Weib hatte wieder einmal ein Schlupfloch gefunden! Nein, ein Gebet in der Kapelle konnte er ihr wirklich nicht verbieten, ohne schlecht dazustehen.
»In Begleitung meiner Männer«, entschied er und wollte gehen, tat dann jedoch so, als sei ihm noch etwas eingefallen.
»Bevor ich es vergesse, Mutter: Ihr solltet mich von nun an nicht mehr so formlos mit ›Sohn‹ ansprechen. Sagt doch ganz einfach ›Fürst‹ oder ›Markgraf von Meißen‹ zu mir. Durchlaucht … Hoheit und dergleichen. Ihr kennt Euch ja aus mit derlei Dingen.«
Sehr zufrieden mit sich, ihr so gewandt seine Verachtung gezeigt zu haben, ging er endgültig hinaus.
Nun wollte er sehen, was seine eigene Frau zu den Neuigkeiten sagen würde. Bis das Festmahl zu seinen Ehren zubereitet war – er hatte am Morgen einen Boten vorausreiten lassen, um dem Küchenmeister genaue Anweisungen zu erteilen –, blieb noch ein wenig Zeit. Und die gedachte er für etwas ganz Besonderes zu nutzen.
Mit einem rüden »Verschwindet!«, scheuchte Albrecht die Mägde und Hofdamen seiner Frau hinaus, nachdem er die Tür zu deren Kammer aufgestoßen hatte.
Sophia, die Tochter des Herzogs Friedrich von Böhmen, rotblond, schlank, wirklich eine Schönheit, aber mit einer gewissen Neigung zu Hochnäsigkeit, die er ihr gleich zu Beginn ihrer Ehe ausgetrieben hatte, saß über einer Stickerei. Vorsichtig erforschte sie das Gesicht ihres Gemahls. Seine Zornesausbrüche waren gefürchtet; auch sie hatte schon manchen erdulden müssen. Doch diesmal schien ihn nicht Zorn zu treiben, sondern etwas anderes …
Was er in den Tagen seiner Abwesenheit unternommen hatte, schien gut verlaufen zu sein, denn nun stand er da mit so viel eitlem Stolz und strotzend vor Kraft, dass sie nur mit Mühe ein Schaudern unterdrückte.
Anfangs war sie glücklich gewesen, als ihr Vater ihr seinen Beschluss mitteilte, sie mit dem künftigen Markgrafen von Meißen zu vermählen. Der Bräutigam sah gut aus und war noch jung, nicht dreißig Jahre älter wie die anderen Bewerber. Doch in der Hochzeitsnacht, als er sie roh und rücksichtslos entjungferte, erkannte sie: Sie war mit dem Teufel vermählt.
Entgegen den Versicherungen ihrer Mutter konnte sie sich nicht an seine brutalen Besitznahmen gewöhnen und war mehr erleichtert als gekränkt, dass er seine Wollust lieber mit Hofdamen, Mägden und Huren auslebte. Halt gab ihr jetzt nur noch der Gedanke, dass sie als Tochter eines Herzogs von Böhmen von höherem Rang war als der Sohn eines Markgrafen.
Doch sie wusste, was meistens folgte, wenn ihr Gemahl so gelaunt war, und das Grauen davor begann sie schon wieder zu überwältigen. Hastig senkte sie die Lider.
»Ihr dürft mir Eure Glückwünsche aussprechen«, verkündete Albrecht herablassend. »Im ehrlichen Kampf ist es mir gelungen, meinem Vater die Mark abzutrotzen. Freut Euch, meine Liebe. Ich bin
Weitere Kostenlose Bücher