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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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konnte. Wenn Roland ihn zur Hütte des Wilden Mannes rief, mussten sie sich entweder für länger dort verstecken oder fliehen. Also brauchten sie Waffen, Wassersäcke zum Füllen, ein großes Stück Leinen, um bei Bedarf ein Zelt zu errichten, Felle …
    Mit alldem belud er zwei Packpferde. Nach kurzem Überlegen sattelte er für sich nicht den Fuchshengst, sondern einen jungen Rappen, ähnlich dem, den er seinem Sohn zur Schwertleite geschenkt hatte.
    Elisabeth trat zu ihm, während er die Gurte festzog. Sie führte schon ihr eigenes Pferd.
    »Lass mich mit dir reiten!«, bat sie. »Wenn sie verletzt sind oder fliehen müssen … Er ist mein einziger Sohn, und es kann sein, dass ich ihn auf lange Zeit nicht wiedersehe. Ich will mich wenigstens von ihm verabschieden.«
    Statt einer Antwort half Raimund ihr in den Sattel. Für Uneingeweihte mochte es so aussehen, als ob Herr und Herrin einen Ausritt machten. Dass sie dabei auch zwei Packpferde mit sich führten, bekamen nur die Stallburschen mit, und die hatten zu viel zu tun, um sich darüber Gedanken zu machen.
     
    Thomas und Roland mussten nicht lange warten, bis knackende Zweige verrieten, dass sich jemand näherte. Vorsichtshalber zogen sie ihre Waffen.
    Als sie erkannten, dass es Raimund war, der sich durch das Unterholz zwängte, steckten sie erleichtert Dolch und Schwert wieder in die Scheiden. Raimund half seiner Frau durch das Gestrüpp und schloss seinen Sohn in die Arme.
    »Gut, dass du Mutter mitgebracht hast. Ich war schon in Furcht, sie könnten sie als Geisel nehmen!«, brachte Roland hervor.
    Jetzt erst wurde Thomas bewusst, welche Sorgen sich der Freund um seine Eltern gemacht hatte. Dagegen kam er sich beinahe leichtsinnig vor, weil er einfach darauf vertraut hatte, dass seinem kampferprobten und mit allen Wassern gewaschenen Stiefvater schon etwas einfallen würde, um sie aus dieser schwierigen Lage herauszuhauen.
    Auch Rolands Eltern wirkten erschütterter, als Thomas erwartet hatte. Oder lag es daran, dass sie alt wurden? Raimund muss schon um die fünfzig sein, überlegte er, deutlich älter als Lukas und Mutter. Vater wäre jetzt in seinem Alter. Ich hoffe, du bist zufrieden mit mir, wenn du vom Himmel auf mich herabsiehst, dachte er mit einem merkwürdigen Gefühl im Bauch.
    »Was ist geschehen?«, fragte Elisabeth drängend, nachdem sie auch Thomas begrüßt hatte, ohne ihr Erschrecken über dessen Aussehen zu verbergen.
    Während sie vom mitgebrachten Proviant ein paar gute Bissen an die ausgehungerten jungen Männer verteilte, berichteten diese abwechselnd von Albrechts Handstreich in Döben und seinen nächsten Plänen.
    »Wir müssen sofort nach Freiberg«, entschied Raimund. »Normalerweise würde ich sagen, ihr zwei müsst verschwinden oder euch hier verstecken, bis sich die Lage wieder etwas beruhigt hat. Doch diese Sache ist von größerer Tragweite, als ihr ahnt.«
    Zu Thomas gewandt, sagte er: »Es steht mir nicht zu, über dein Schicksal zu entscheiden; das muss dein Stiefvater tun.«
    Dann drehte sich Raimund wieder zu seiner Frau.
    »Elisabeth, komm besser mit. Roland hat recht, es wäre zu gefährlich, dich hier allein zu lassen. Obwohl« – er strich sich schmunzelnd über den Bart und sah anerkennend zu seinem Sohn – »die alte List mit den Masern nicht schlecht war.«
     
    Wie von Hunden gehetzt, ritten Raimund, Elisabeth, Thomas und Roland, um Freiberg vor Einbruch der Nacht zu erreichen. Als
     sie bereits die Umrisse der Stadt erkennen konnten, wies Raimund die anderen an, zu warten.
    »Ich reite allein vor, um erst einmal zu hören, was die Wachmannschaft am westlichen Tor zu berichten hat. Solltet ihr hier schon gesucht werden, schicke ich einen von Lukas’ Getreuen. Dann flieht ins Kloster Marienzelle und bittet um Kirchenasyl.«
    Prüfend musterte er Christians Sohn. »Dich wird keiner erkennen, so wie du derzeit aussiehst. Ihr anderen verhüllt eure Gesichter, so gut es geht, ohne aufzufallen, wenn ihr in die Stadt reitet.«
    Doch vor dem Peterstor wurde Raimund zu seiner Überraschung bereits von einem der rotblonden Schmiedesöhne erwartet.
    »Ritter Lukas hoffte, dass Ihr kommt, Herr! An jedes Stadttor hat er einen von uns geschickt. Ich soll Euch sicher und unauffällig zu ihm geleiten.«
    Guntram, der junge Schmied, sah sich nach allen Seiten um und senkte die Stimme. »Aber wenn Ihr in Begleitung seid, nehmen wir besser das Meißner Tor. Von den Männern dort wird Euch niemand verraten.«

Große

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