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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Pläne
    W o ist Clara?«, waren Thomas’ erste Worte, als er das Haus seiner Eltern betrat. In der Hoffnung, dass niemand sonst es hören konnte, sagte er leise zu Lukas: »Randolfs Sohn hat gedroht, ihr etwas anzutun.«
    Die Gelassenheit seines Stiefvaters und dessen Versicherung, seine Schwester sei in guter Obhut und dieser Rutger habe das Maul zu voll genommen, ließen ihn aufatmen. Doch wirklich erleichtert war er erst, als Lukas den Schmied Guntram beauftragte, zusammen mit zwei vertrauenswürdigen Männern aus der Wachmannschaft nach Clara zu suchen und ihr nicht von der Seite zu weichen.
    Zum Glück hatte Marthe davon nichts mitbekommen angesichts der Aufregung, die das Erscheinen der nächtlichen Besucher mit sich brachte. Ihre Aufmerksamkeit war durch Thomas’ blutverkrustetes und angeschwollenes Gesicht abgelenkt.
    »Bevor ihr beginnt, Pläne zu schmieden, muss ich seine Nase richten!«, sagte sie so bestimmt, dass niemand ihr zu widersprechen wagte.
    Sie bestand darauf, dass die Besucher in die Kammer gingen, und füllte einen Eimer mit kaltem Wasser.
    Zu sechst setzten sie sich um den großen Tisch in der Kammer: Lukas, Marthe, Raimund, Elisabeth und die beiden entflohenen jungen Männer. Lukas übernahm es selbst, Bier an die Gäste auszuschenken, denn seine Frau würde nun erst einmal beide Hände voll zu tun haben.
    Wortlos drückte Marthe ihrem verletzten Sohn eine Schüssel in die Hand, der das Tongefäß verwundert entgegennahm. Bald sollte er begreifen, wozu es gedacht war.
    Marthe betrachtete erst im Schein einer Kerze die gebrochene Nase; dann stellte sie das Licht wieder auf den Tisch. Sie schloss die Augen, um sich zu sammeln, tastete mit den Fingerspitzen vorsichtig die Verletzung ab, stand auf, atmete tief durch und zog mit einem kräftigen Ruck.
    Jäh schossen Thomas Tränen in die Augen, vor ihm schienen Sterne zu tanzen, er spürte gewaltige Übelkeit in sich aufsteigen und drückte die Schüssel fest an sich. Mit Mühe schaffte er es, hier nicht vor aller Augen seine letzte Mahlzeit zu erbrechen.
    »Allmächtiger, womit habe ich das verdient?«, stöhnte er, als er wieder einigermaßen Luft holen konnte.
    Seine Mutter wrang ein Tuch aus, das sie in den Eimer getaucht hatte, und drückte es ihm in die Hand. »Leg das drüber, zum Kühlen!«
    In der Hoffnung auf Linderung gehorchte er sofort.
    »Bist du sonst noch irgendwo verletzt?«, forschte sie nach.
    »Nur ein paar blaue Flecke. Und vielleicht eine angeschlagene Rippe«, verharmloste er seinen Zustand.
    Marthe sah ihn zweifelnd an, aber darum würde sie sich später kümmern. Jetzt hatten die besorgniserregenden Neuigkeiten Vorrang.
    »Vorhin waren hier vier von Elmars Männern und haben alles nach euch abgesucht«, erklärte Lukas den Besuchern, wieso er sie bereits erwartet hatte.
    Reinhard hatte ihm eine Warnung zukommen lassen. So konnte sich Lukas bei Ankunft des Verfolgungstrupps lautstark über die Unverschämtheit empören, sein Anwesen durchsuchen zu wollen. Ein paar gebrüllte Befehle von Höhergestellten waren immer noch das beste Mittel, sich zu behaupten. Dann hatte er den verunsicherten Wachen mit gespielter Großzügigkeit erlaubt, einen Blick in Haus und Stall zu werfen, weil sie schließlich nur ihre Pflicht täten, und ihnen ein paar Pfennige in die Hand gedrückt, damit sie sich im Wirtshaus nach dem langen Ritt stärken konnten. Dort würde jemand von seinen Leuten darauf achten, dass sie blieben und ihre Becher nie leer wurden. Rund um das Haus waren unauffällig mehrere Männer postiert, um sie zu warnen, falls Albrechts Suchtrupp doch zurückkehren würde.
    Deshalb hatte Lukas auch gegen Marthes Bedenken entschieden, Thomas und Roland ins Haus bringen zu lassen statt in ein Versteck, sollten sie in Freiberg auftauchen. Es war derzeit nirgendwo sicherer als in diesen Wänden, fand er, wo sie unter sich waren und genügend zuverlässige Kämpfer in der Nähe wussten.
    »Reinhard schickte uns heimlich durch eine Magd Nachricht, Albrecht habe die Macht über die Mark Meißen ergriffen und unsere Söhne als Geiseln genommen«, erklärte er. »Mehr wissen wir nicht. Was ist geschehen?«
    Erneut erzählten Thomas und Roland abwechselnd.
    Nachdem sie geendet hatten, richteten sich alle Blicke auf Lukas. Jeder schien zu erwarten, dass er einen Ausweg wusste und
     eine Entscheidung traf.
    »Der Kaiser muss unbedingt erfahren, dass einer seiner Fürsten durch einen Gewaltstreich entmachtet wurde«, beschloss er sofort.

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