Der Fluch der Hebamme
als wolle er aller Welt beweisen, dass er schneller war als jedes andere Pferd auf diesem Platz.
Noch ehe sichs der Groitzscher versah, war Lukas heran und stieß seine Lanze mit aller Wucht gegen den Schild des Gegners.
Edwin stürzte nach hinten und verlor das Gleichgewicht, sein Hengst stieg und versuchte, die wankende Last abzuwerfen. Im nächsten Moment lag der Groitzscher im Staub, während Lukas unter dem Jubel der Menge seine zersplitterte Lanze hob und auf die Tribüne zuritt.
»Sieger im Wettstreit ist Lukas von Freiberg«, verkündete der Ausrufer.
Kuno und Bertram rannten herbei und nahmen Lukas Schild und Lanze ab, damit dieser die Hände frei hatte, um den Helm abzusetzen, wie es sich gehörte, wenn er nach dem Kampf vor den Fürsten ritt.
Er sah die Erleichterung in Marthes Gesicht, das Leuchten in Claras Augen und Elmars verkniffene Miene.
Albrecht nickte ihm mit gespielter Gleichgültigkeit zu und ließ ihm vor der Menge einen silbernen Becher als Preis überbringen.
Die Anzahlung für Thomas’ Pferd, dachte Lukas, während er wendete und die Hochrufe der Zuschauer entgegennahm. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Edwin sich endlich von seinem Knappen hatte aufhelfen lassen und davonhumpelte, ohne den Gegner zum Sieg zu beglückwünschen.
Für heute war es gut geendet. Vorerst.
Böse Überraschungen
E uer Plan ist nicht aufgegangen!«, zischte der Markgraf wütend seinem Truchsess zu.
»Aber nur, was diesen Kerl betrifft«, antwortete Elmar gelassen, ja, beinahe zufrieden. »Es wird sich schon eine Gelegenheit finden, ihn loszuwerden. Und was will er nun noch ausrichten? Seht Euch doch um, Durchlaucht – Freiberg feiert Euch!«
Mit dem Arm wies er auf die jubelnde Menschenmenge, die den Marktplatz füllte.
»Das Überleben dieses Bastards zwingt mich, meine Pläne geringfügig zu ändern«, erwiderte Albrecht und befahl mit einer knappen Geste den Ausrufer zu sich.
Der rannte so schnell herbei, wie es seine Körperfülle erlaubte, nahm den fürstlichen Befehl entgegen und hob erneut die Hand, um die Freiberger zur Ruhe zu bringen.
»Anlässlich des Sieges von Ritter Lukas zu Ehren der heute mit dem Ritter von Reinhardsberg vermählten Jungfrau Clara hat sich der hochedle Herrscher der Mark Meißen, Albrecht von Wettin, zu einer weiteren Gunstbezeugung entschlossen. Das neuvermählte Paar wird ab sofort zum Zeichen der Verbundenheit zwischen Freiberg und Meißen in das Gefolge der Markgräfin Sophia von Böhmen aufgenommen.«
Während die Zuschauer erneut in Hochrufe auf Albrecht ausbrachen, erstarrte Clara vor Schreck. Eben noch erleichtert über den Sieg ihres Stiefvaters, wandte sie nun kreidebleich den Kopf zu Reinhard.
»Habt Ihr davon gewusst?«
»Nein, ich schwör es!«, antwortete dieser, ohne dass sein Gesicht irgendeine Regung erkennen ließ. »Kommt, rasch, wir müssen uns für die Ehre bedanken …«
Er zog seine fassungslose junge Frau vom Platz, damit sie vor dem Fürstenpaar niederknien konnten.
Reinhards Arm bot Clara Halt, während sie der höfischen Sitte folgten. Dabei wirbelten ihre Gedanken durcheinander.
Auf den Burgberg nach Meißen, in dieses Schlangennest! Wie sollte sie dort überleben? Bis eben hatte sie noch geglaubt, sie würde in Freiberg bleiben und in Reinhards Haus im Burglehen ziehen. Ihre Kleider und ihr Hausrat waren bereits dorthin gebracht worden.
Würde sie gleich nach der Hochzeitsnacht mit ihrem Mann nach Meißen müssen? Sicher. Und vermutlich bekam sie nicht einmal Gelegenheit, sich richtig von ihren Eltern und Freunden zu verabschieden.
Marthe, kaum weniger getroffen von dieser Wendung, umarmte ihre Tochter, als diese auf ihren Platz zurückkehrte. »Wir schicken dir Hilfe auf den Burgberg«, flüsterte sie dabei. »Und so kannst du Hedwig eine Nachricht zukommen lassen. Halte dich an Susanne, ihre Magd!«
Clara nickte zustimmend und suchte den Blick ihres Stiefvaters. Lukas wirkte eindeutig besorgt.
Elmar gab den Zuschauern Befehl, abermals niederzuknien, da Fürst und Fürstin nun zurück zur Burg reiten würden.
Um die Tribüne herum setzte reges Gedränge ein; die Pferde der hohen Gäste wurden herangeführt. Das Festmahl in der Halle würde bald beginnen, und der Gedanke an die anschließende Brautlegung stimmte sowohl Albrecht als auch Elmar erwartungsfroh. Der offensichtliche Widerwillen von Lukas’ Stieftochter und ihre Furcht würden sie beide wenigstens etwas für den Ausgang des Tjostes entschädigen.
»Ich will dieses
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