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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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knapp drei Jahre älteren Bruder war unverkennbar. Doch seine Züge wirkten beherrscht, nicht arrogant wie Albrechts.
    Die beiden jungen Männer knieten vor ihm nieder.
    »Graf, Roland von Muldental und Thomas von Christiansdorf mit dringender Nachricht aus Meißen«, kündigte Wiprecht an.
    Thomas sah, wie schlagartig alle Müdigkeit aus dem Gesicht von Ottos Sohn wich. Dietrich war wohl klar, dass sie keine gute Botschaft überbrachten. Mit einer Geste forderte er Roland und Thomas auf, sich zu erheben und ihn in sein Zelt zu begleiten.
     
    Clara! Ist ihr etwas geschehen? Das war Dietrichs erster bestürzter Gedanke, als er erkannte, wer dort auf ihn wartete.
    Doch schnell verdrängte er seine Besorgnis. Niemand sonst wusste von ihrer heimlichen, unerfüllten Liebe.
    Waren die beiden Hitzköpfe von zu Hause ausgerissen, um sich dem Heerzug ins Heilige Land anzuschließen? Zuzutrauen wäre es ihnen. Doch dafür blickten sie zu düster drein. Also musste er sich wohl eher Sorgen um seinen Vater und seine Mutter machen.
    Schon die ersten Worte von Raimunds Sohn bestätigten diese Vermutung.
    Schweigend hörte sich Dietrich an, was auf Burg Döben geschehen war, während er in Gedanken bereits abwog, wie er auf den Handstreich seines Bruders reagieren konnte.
    »Ich beschaffe euch beiden morgen eine Audienz beim Kaiser«, entschied er. »Ihr werdet ihm die Bitte meiner Mutter um Beistand übermitteln.«
    Als Thomas ihn verwundert ansah – schließlich hatte ihnen die Markgräfin nichts dergleichen ausgerichtet –, erklärte Dietrich: »Ich selbst kann und will mich in diese Auseinandersetzung nicht mit Waffen einmischen. Ich muss mein Wallfahrergelübde erfüllen und darf nicht einfach umkehren. Außerdem ist mir mein Bruder an Truppenstärke deutlich überlegen – erst recht, wenn unser Oheim Dedo auf seiner Seite steht. Ihr kommt gerade noch rechtzeitig, um dem Kaiser den Fall vortragen zu können. Übermorgen bricht Friedrich von hier auf, und fortan wäre der König zuständig. Von Heinrich dürfen wir keine Hilfe erhoffen; er hält große Stücke auf meinen Bruder. Aber der Kaiser wird nicht dulden, dass ein Sohn die Hand gegen den Vater erhebt, um sich ein kaiserliches Lehen zu erpressen.«
    Ohne sich etwas von seinen Gedanken ansehen zu lassen, sagte er: »Lasst euch einen Schlafplatz zuweisen und ruht aus. Es ist spät. Und ihr habt viel gewagt.«
    Als die zwei sich erhoben und gehen wollten, hielt er sie noch einen Moment zurück.
    »Weißt du, Thomas, dass du deinem Vater immer ähnlicher siehst?«
    Der junge Mann lächelte flüchtig. »Ja, Graf. So sagt man.«
    Und deine Schwester ist das jüngere Abbild deiner Mutter, hätte Dietrich am liebsten hinzugefügt.
    »Wie geht es deiner Mutter und deiner Schwester?«
    »Sie sind wohlauf. Jedenfalls waren sie es, als wir aufbrachen.«
    Thomas wog kurz ab, ob er von der Hochzeit erzählen sollte, die inzwischen stattgefunden haben musste. Doch vermutlich war Graf Dietrich an solchen Einzelheiten nicht interessiert.
    Er wollte nicht noch Salz in Rolands blutende Wunde streuen. Vielleicht hatten sie zu Hause doch einen Ausweg gefunden, um
     die Hochzeit aufzuschieben.
    Dietrich erkannte, dass Christians Sohn etwas sagen wollte, sich dann aber anders entschied. Ein unbestimmtes Gefühl hielt ihn davon ab, nachzufragen. So dachte er nur: Was du auch gerade tust, Clara, Gott möge dich beschützen!
    Wohl zum tausendsten Mal fragte er sich, ob es richtig war, das Kreuz zu nehmen, statt zu bleiben und Clara zu seiner Geliebten zu machen, bis er irgendwann eine Ehe aus Vernunft eingehen musste. Doch sosehr er sie auch in den Armen halten wollte – es wäre ehrlos, sie in sein Bett zu holen, ohne sie zu heiraten. Dann würde er auch Christian im Jenseits nicht in die Augen sehen können.
    Aufgewühlt von Erinnerungen und um Künftiges kreisenden Gedanken, ging er zu Bett. In dieser Nacht würde er wohl nicht so bald Schlaf finden.

König und Kaiser
    E ine Audienz beim Kaiser zu bekommen, war keine einfache Sache, selbst wenn ein Sohn des mächtigen Hauses Wettin darum bat. Diese Erfahrung mussten Thomas und Roland am nächsten Tag machen.
    Zwar herrschte trotz des Festmahls am Vorabend bereits seit dem frühen Morgen reges Treiben vor dem farbenprächtigen Prunkzelt Friedrichs von Staufen, dennoch hieß es für sie und Graf Dietrich den halben Tag zunächst: warten.
    »Soll der Kaiser erst alle drängenden Angelegenheiten regeln, damit er sich geduldig anhört,

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