Der Fluch der Makaá
Kopf. Nein.
„Tut mir leid, Bley“, sagte ich entschuldigend und reichte ihm die Hand. „Aber wir können leider keinen Tag mehr warten. Trotzdem danke für das Angebot. Machs gut, ja?“
„Ja. Ihr auch“, sagte Bley. „Und viel Glück.“ Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
W ir gingen in Richtung Osten und hielten uns bewusst abseits der Wege. Wie Schatten schlichen wir manchmal durch das üppige Gras, das so hoch wuchs, dass der trockene Steppenwind es züchtigte und zur Seite neigte. Es war eine reine Vorsichtsmaßnahme, die uns allen sinnvoll erschien. Es war zwar nicht so, dass wir die Begegnung mit anderen Menschen fürchteten, aber wir wollten sie vermeiden, auch wenn die Wahrscheinlichkeit jemanden zu treffen mit jedem Schritt, den wir gingen, sank. Eine kaum befahrene Straße wand sich wie eine riesige, endlose Schlange durch die karge Landschaft. Auf dem Mittelstreifen bohrte sich das spitze Gras durch den grauen Asphalt und reckte sich siegreich der Sonne entgegen. Die Natur triumphierte schweigend, aber selbstbewusst über das Menschenwerk.
Das einzige Geräusch, das wir seit dem Verlassen San Franciscos vernommen hatten, stammte von den lästigen Fliegen, die uns um die Ohren summten. In Bächen rann uns der Schweiß an den Schläfen, am Nacken, am ganzen Körper hinab. Ganz besonders jedoch am Rücken, denn auf diesen hatten wir die Schlafsäcke geschultert. Bald klebte unsere gesamte Kleidung an unseren Körpern, und es dauerte nur wenig mehr als zwei Stunden, bis wir uns alle total erschöpft und müde fühlten.
„Das Wetter bringt mich noch um“, stöhnte Oliver und zog einen schiefen Mund. Aber niemand antwortete darauf. In der Tat war es der heißeste und feuchteste Tag, den wir je erlebt hatten. Die Schwüle war unerträglich und drückte auf die Stimmung. Selbst die Natur schien den Atem anzuhalten in Erwartung auf Erlösung durch einen wohltuenden Wolkenbruch, und der Wind, der uns hin und wieder, selten genug, von vorne durch die Haare fuhr, war mehr ein schwaches Seufzen des Himmels, als eine Aufforderung der Natur zum Wetterumschwung.
Weit hinter uns braute sich am Horizont etwas zusammen. Die Ebene leuchtete beinahe weiß, und flimmerte in der Hitze. Dicke, dunkle Wolken türmten sich am Horizont randvoll gefüllt mit Regen. Lange würden sie ihre Last nicht mehr tragen können. Doch wir würden von dieser Wohltat nicht profitieren: unser Weg führte in die andere Richtung, dorthin, wo die Ebene der Gran Sabana dunkler als der Himmel war.
„Das Ganze wird in San Ignacio runtergehen“, prophezeite Mateo mit kritischem Blick. „Wir werden davon nicht einen einzigen Tropfen abbekommen.“
„Toll“, murrte ich und warf einen letzten sehnsüchtigen Blick über die Schulter. „Robert, kommst du an deine Flasche ran? Meine liegt ganz unten, und ich habe Durst.“
Mateo und Robert führten unsere kleine Karawane an. Ein paar Schritte dahinter folgte Oliver, und ich hatte das Schlusslicht übernommen. Robert blieb stehen, um eine Wasserflasche aus dem Rucksack zu kramen. In gleichmäßigem Tempo war er voranmarschiert, beinahe wie ein Roboter. Ich beeilte mich aufzuholen und ließ dankbar das Wasser durch die Kehle rinnen. Danach ging die Flasche einmal herum und war anschließend leer, obwohl keiner von uns seinen Durst richtig gelöscht hatte. Wir hatten für diese Expedition einen ausreichenden Wasservorrat mitgenommen. Trotzdem hielten wir uns etwas zurück, denn wir wussten, dass wir bei diesem Wetter mehr schwitzten als üblicherweise. Wir mussten damit rechnen, dass dieses höllische Wetter noch ein wenig andauern würde. Wann oder wo wir die nächste Wasserquelle finden würden, war total ungewiss. Vorsicht war besser als Nachsicht.
Eine weitere halbe Stunde verging, als sich endlich ein Lichtblick zeigte. Lichtblick ist vielleicht das falsche Wort, denn gerade das Gegenteil war es, dass uns schließlich Erleichterung verschaffte: Schatten. Unweit von uns entfernt wechselte die Landschaft ihr Bild. Sträucher und niedrige Bäume wuchsen zwischen den Gräsern. Die Bäume, deren Blätter weit ausladend über dem Stamm aufgespannt waren wie ein grüner Schirm, bildeten schon bald einen ganzen Wald.
„Das sind Baumfarne“, erklärte Mateo als wir sie staunend betrachteten.
Natürlich kannten wir Farne von zu Hause, doch noch nie hatten wir ganze Bäume davon gesehen! Freudig tauchten wir in ihren kühlen Schatten ein und wandelten wie unter einem
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