Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
Vom Netzwerk:
des Felsens führte, wurde es heller. Der rötliche Schimmer legte sich auf die kalten, feuchten Wände und färbte das Wasser, das in kleinen Bächlein an ihnen hinunterlief, so rot wie Blut. Als wir das Ende des schmalen Ganges erreicht hatten, blieben wir stehen. Vor uns lag ein riesiger Saal, der die Ausmaße einer Kathedrale hatte. Von dessen gewölbter Decke wie auch von dem nackten Boden schienen Stalaktiten und Stalagmiten säulenartig den Raum zu stützen. Etwa in der Mitte gähnte wie ein überdimensionales Taufbecken ein blutroter See, dessen Oberfläche glatt wie ein Spiegel war. Ich misstraute dem Wasser sofort, denn obwohl es zu schlafen schien, fühlte ich eine lebendige Kraft von ihm ausgehen. Er war wie ein gefährliches Tier, das regungslos im Tarnmantel der Natur seiner Beute auflauert. Ständig fielen Tropfen von der Decke. Ein Höhlenecho ließ das Geräusch mehrfach durch den Raum hallen, sodass ein bizarres Klirren und Plätschern die Luft erfüllte.
    Den Grund für das mysteriöse Licht konnten wir bislang nicht erkennen. „Geh weiter!“, flüsterte mir Robert zu. Ich nickte. Gerade wollte ich den Saal betreten, als etwas passierte, was mein Herz ein, zwei Schläge aussetzen ließ. Als wäre ich gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen, prallte ich unwillkürlich zurück. Im selben Moment tauchten zwei Gestalten vor mir auf, unwirklich wie Hologramme projiziert aus rotem Licht. Ihre Gestalt war menschlich, wenn auch geisterhaft. Doch anstelle von Köpfen trugen sie den knöchernen, schwarzen Schädel des einäugigen Frosches mit einem blutroten Auge, das allem Anschein nach die Quelle des seltsamen Lichtes war. Die beiden Augen blickten uns lange an, als wollten sie uns durchleuchten.
    „Was ist das?“, wisperte Oliver entgeistert und drückte sich fest an mich. „Ich hab keine Ahnung.“ Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich die Worte aussprach oder lediglich den Kopf schüttelte, so gelähmt war ich von der plötzlichen Erscheinung.
    „Was hattest du noch mal über Zauber und den Glauben daran gesagt, Mel?“, hörte ich Robert unsicher flüstern. Beinahe unmerklich hob ich die Schultern. Die Antwort war mir augenblicklich entfallen als ich die langen Speere in den Händen der Lichtgestalten erblickte, die sie dicht vor meiner Brust gegeneinander gekreuzt hielten, ganz als wollten sie uns sagen: Bis hierher und nicht weiter!
    Noch bevor wir uns von dem ersten Schrecken erholen konnten, kam schon der nächste: Eine Stimme, dunkel und klar, mächtig und erhaben, erfüllte die Höhle und hallte von den feuchten Wänden wider. Es waren fremde Worte, die von einem unsichtbaren Mund gesprochen wurden. Auf sonderbare Weise verstanden wir aber jedes einzelne Wort:
    „ Du, tapferer Pilger, stehst hier nun am Start.
    Vergiss, wer du bist, und vergiss, wer du warst.“
    „Wieso du und nicht ihr ?“, wunderte sich Oliver verständnislos. „Weiß er denn nicht, dass wir zu dritt sind?“
    „Vielleicht ist es nicht üblich, hier als Gruppe zu erscheinen“, wisperte Robert. „Womöglich ist es so ein Standardspruch, mit dem…“
    „Ssscht!“, zischte ich und brachte meine Brüder zum Schweigen. Ich wollte hören, was die Stimme zu sagen hatte:
    „Willst du den tückischen Weg nun wagen,
    so sei gewarnt und lass dir sagen:
    Einen Schritt weiter und es gibt kein Zurück!
    Gegen die Zeit sollst du streiten, Stück für Stück.
    Tief im Felsen wartet die erste Prüfung auf dich:
    Sie hält genau das, was das Symbol der Makaá verspricht.
    Bestehst du die Taufe mit rotem Blut?
    Vertrau dem Verstand und zeig nicht nur Mut!
    Trau niemandem. Sei auf alles gefasst.
    Suche nach dem Teil, das nicht hierher passt.
    Es soll dir die Richtung des Weges weisen,
    auf dem du zukünftig wirst reisen.
    Für drei Prüfungen hast du bis Vollmond Zeit.
    Ist er wieder rund, dann ist es soweit:
    In den geheimen Hallen erwarten wir dich.
    Doch wenn du’s nicht schaffst,
    bedenke es gut, dann wirst du bestraft:
    Die geheimen Hallen seien dir für immer verborgen,
    doch selbst wenn du siegst, mach dir weiterhin Sorgen.
    Prüfe den Grund für deinen Besuch:
    Ist er nicht edel, zerstört dich der Fluch.
    Ist er aber rein, so wird er dir bei gutem Gelingen,
    Freude und Ansehen in unserer Mitte bringen.
    Dies ist die Warnung, die Wahl ist dein.
    Weichst du zurück, und scheust du die Pein?
    Einen Schritt weiter, und die Zeit wird zerrinnen.
    Bist du bereit, so lass das Spiel nun beginnen!“
    Die Worte in der Höhle

Weitere Kostenlose Bücher