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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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scheiden zu lassen? Absurder Gedanke!, dachte sie, denn Bill würde sie niemals im Stich lassen. Ihre Liebe war größer als die Macht seines Vaters. Dafür würde sie ihre Hand ins Feuer legen. Vielleicht würde er Bill nun enterben und alles Steven vermachen. Kate lächelte in sich hinein. Dann gehe ich mit Bill eben nach Apia zurück, denn in diesem Augenblick sehnte sie sich mit jeder Faser ihrer Seele in das Paradies zurück.
    »Kate, würdest du dich bitte in deine Räume begeben!«, bellte Steven.
    »Du musst nicht Vaters Soldat spielen!«, mischte sich Nora ein »Wenn sie geht, gehe ich mit nach oben und nehme meinen Kaffee dort ein!« Sie sprang auf, nahm Kates Hand und zog sie vom Stuhl. Bills andere Schwester, deren Namen Kate nicht einmal kannte, funkelte sie giftig an, und ihr beleibter Ehemann musterte sie herablassend. Sie gaben Kate die Gewissheit, dass ihre Anwesenheit bei Tisch nicht länger erwünscht war.
    »Was hat sich Bill nur dabei gedacht? Eine Hunnin?«, hörte Kate eine bissige Frauenstimme hinter sich herkeifen, bevor sie das Zimmer verließen.
    »Das war meine Schwester Jane, die seit ihrer Kindheit um Vaters Liebe buhlt. Sie begreift einfach nicht, dass Frauen für ihn nichts wert sind«, raunte Nora.
    Im Esszimmer in der oberen Etage plauderte Kate noch eine Weile mit ihrer Schwägerin, doch dann machte sich eine bleierne Müdigkeit in ihren Gliedern bemerkbar.
    »Ich habe keine Ahnung, was in ihn gefahren ist«, erklärte Nora zum Abschied entschuldigend. »Wo er sich doch so auf dich gefreut hat!«
    Kate zuckte mit den Achseln und erwiderte leise: »Ich muss mich erst daran gewöhnen, dass hier im Hause ein Tyrann herrscht. Ich habe immer nur mit Frauen zusammengelebt und war nach Großmutters Tod meine eigene Herrin. Ich bin nicht geübt im Umgang mit Männern, die sich über Frauen erheben. Da prallen zwei Welten aufeinander.«
    »Das glaube ich dir gern, aber ich befürchte, es steckt noch etwas anderes dahinter. Er war zwar bereits bei eurem Zusammenstoß auf der Treppe unausstehlich, aber erst als wir über das Haus in der Princes Street sprachen, sind ihm regelrecht die Nerven durchgegangen.«
    »Ich weiß nicht!« Kate kämpfte tapfer dagegen an, dass ihr die Augen zufielen.
    »Ich freue mich, dich morgen bei uns zu sehen«, sagte Nora und umarmte sie noch einmal herzlich.
    Kates letzter Gedanke vor dem Einschlafen galt Bill und der erfreulichen Tatsache, dass wenigstens zwischen ihm und seiner Schwester Nora eine gewisse Ähnlichkeit im Wesen bestand. Über alles andere würde sie morgen nachdenken.
 
    Nora hatte Kate am nächsten Morgen eine Kutsche geschickt, in die sie nun hastig einstieg. Wie gern hätte sie die Farm besichtigt, aber die Gefahr, ihrem Schwiegervater über den Weg zu laufen, war zu groß. Sie hatte keinen Bissen herunterbekommen, obwohl ein Mädchen ihr ein Frühstück gebracht hatte.
    Als Kate aus dem Wagen sprang und das Haus in der Princes Street sah, stieg eine Ahnung in ihr auf. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als Nora sie in die Diele zog. Die Erinnerungen überkamen sie nun mit aller Macht. Hier hatte sie ihre Kindheit verbracht! »Aber das ist ja das Haus meiner Großmutter!«, brachte sie heiser hervor.

 
Ocean Grove, Queenstown, 4. Januar 2008
 
    Es war ein strahlend schöner Tag, an dem sich Judith und Sophie in aller Frühe nach Queenstown aufmachten.
    »Wir werden an die vier Stunden brauchen«, sagte Judith.
    Sie scheint auch nicht besonders gut geschlafen zu haben, stellte Sophie mit prüfendem Blick auf die Freundin fest. Judith hatte dunkle Ringe unter den rot geweinten Augen. Hoffentlich entpuppt sich das mit diesem Tom als Irrtum, dachte Sophie, aber im Grunde genommen glaubte sie nicht daran. Im Gegenteil, wenn er vielleicht auch nicht jener Holden ist, so ist er bestimmt der Kerl, der Emmas Lebensgeschichte gestohlen hat und der mich nun verfolgt, dachte sie.
    Nach ein paar Meilen waren ihre finsteren Vermutungen jedoch wie weggeblasen. Der Anblick der sattgrünen Wiesen voller Schafe, der weiten Täler und Wälder ließ sie alles Schwere vergessen. Sophie hatte das Fenster leicht geöffnet und atmete die klare Luft ein, die hineinwehte. Pure Entspannung für ihre angeschlagenen Nerven!
    Auch Judith schien dieser Ausflug gut zu tun. Sie begann leise zu singen, in einer fremdartigen Sprache. Sophie horchte auf, als sie mehrmals »Hine« verstand. Judith sang mit solch glockenheller, reiner Stimme, dass Sophies Augen feucht wurden. Sie

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