Der Fluch der Maorifrau
werde ich nie vergessen, solange ich lebe.« Brenner brach in hemmungsloses Schluchzen aus: »Verdammt, sie ist doch noch ein Kind!«
Obwohl Kate längst wusste, wer der Mann war, der Brenners Tochter vergewaltigt hatte, fragte sie heiser: »Wen haben Sie erschlagen?«
»Ihren Mann, Missis Kate! Und jetzt werde ich mich selber richten, bevor sie mich ein Leben lang einsperren. Bitte, sorgen Sie für meine armen Kinder!« Mit diesen Worten richtete er den Lauf auf sich selbst, aber Kate riss ihm entschlossen das Gewehr aus der Hand.
»Machen Sie keinen Unsinn, Brenner! Ihre Kinder brauchen Sie. Und ich auch! Wir gehen jetzt zusammen zur Polizei. Ich besorge Ihnen den besten Anwalt der Insel. Ich werde dafür kämpfen, dass Sie bald wieder frei sind.«
Wie betäubt begleitete Kate Brenner zur Polizeistation. Träumte sie, oder hatte Brenner ihren Mann wirklich erschlagen? Vielleicht wache ich gleich auf, und alles war nur ein Spuk, dachte sie.
Aber im Licht der Wache schwand diese Hoffnung. Kate sank auf eine harte Bank, während Brenner stockend seine Aussage machte.
Der diensthabende Polizist zeigte offene Sympathie für den armen Kerl. Brenner war ein angesehener Mann in der kleinen Gemeinde; jeder wusste, dass die Plantage ohne seine Zuverlässigkeit und seinen Arbeitseifer schon längst hätte aufgegeben werden müssen. Auch Steven McLean war bekannt. Bekannt wie ein bunter, räudiger Hund, dem jeder möglichst aus dem Weg ging, weil er unberechenbar war. Besonders wenn er zu viel Alkohol getrunken hatte.
Als sich die Zellentür hinter Brenner schloss, rief er: »Missis Kate, das werde ich Ihnen nie vergessen!«
Kate seufzte, als sie die Wache verließ und in diesen unwirklichen Morgen hinaustrat. Wie sollte es weitergehen ohne Brennerlein? Sie erschrak, als sie realisierte, dass sie noch keinen einzigen Gedanken an ihren Mann verschwendet hatte. Wie würden die Kinder Stevens Tod aufnehmen? Vor allem Walter, der weit mehr an seinem Vater hing, als er jemals zugeben würde. Fast instinktiv lenkte sie die Kutsche zu Wohlrabes Haus. Dabei störte sie nur ungern seinen Schlaf, aber sie wusste sich keinen anderen Rat.
Der Arzt versprach ihr, sofort zur Plantage zu fahren, um sich um Sina zu kümmern. »Ich werde auch alles für die Beerdigung in die Wege leiten, aber ich nehme an, dass die Polizei ihn erst einmal gründlich untersuchen wird. Wie dem auch immer sei, Kate, ich erledige alles. Sehen Sie zu, dass Sie es seinem Sohn möglichst schonend beibringen.«
»Danke, Doktor!«, murmelte sie. »Finden Sie es verwerflich, dass ich über seinen Tod erleichtert bin, weil ich ihn für das, was er Sina angetan hat, sonst eigenhändig erwürgt hätte?«
»Nein, liebe Freundin«, erwiderte Johannes Wohlrabe. »Jeder von uns, der ein bisschen Anstand besitzt, hätte ihn dafür umbringen mögen.«
Die Kinder nahmen die Nachricht von Stevens Tod unterschiedlich auf. Natürlich erzählte Kate ihnen nicht, wer ihm den Schädel zertrümmert hatte und warum. Walter zeigte keine Regung, während Bill John in Tränen ausbrach.
Nur der beiden Jungen wegen ging Kate schließlich zu Stevens Beerdigung. Sie hätte ihm diese letzte Ehre ansonsten verweigert. Sina Brenner hatte schwere Verletzungen davongetragen und würde niemals eigene Kinder haben. Otto Brenner war inzwischen wieder auf freiem Fuß. Wohlrabe hatte in Apia gesammelt und eine stattliche Summe für seine Kaution zusammengetragen. Keiner glaubte daran, dass man ihn verurteilen würde. Ganz Apia war auf seiner Seite.
Schon am Tag der Beerdigung ahnte Kate, dass ihre Tage auf Samoa gezählt waren. Nicht nur wegen der wirtschaftlichen Situation der Plantage, sondern auch, um Walter zu schützen. Wenn sie überhaupt etwas für ihn tun konnte, dann musste sie ihn schnellstens von hier fortbringen.
Kate saß auf der Veranda und schrieb eine Liste, was vor ihrer Abreise alles zu erledigen war, als Johannes Wohlrabe sie besuchte.
»Kate, ich bedaure es zutiefst, dass Sie für immer fortgehen, denn ein drittes Mal wird es sicher nicht geben!«, seufzte er.
»Ach, Doktor, ich muss an Walter denken. Er darf nicht hierbleiben. Man wird ihn immer spüren lassen, was für ein Verbrechen sein Vater begangen hat. Ich will nicht, dass er erfährt, was sich wirklich zugetragen hat, aber vermutlich ist es längst zu ihm durchgesickert.«
»Er wird es Ihnen sicher nicht danken!«, wandte der Arzt ein.
»Wahrscheinlich nicht. Trotzdem muss ich es tun!«
»Aber wohin
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