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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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mehr mit mir nach Pakeha fahren?«
    Emma schaute ihre Großmutter schuldbewusst an. »Oh, das hatte ich völlig vergessen.«
    »Vergessen?«, fragte Kate ungläubig.
    »Ja, ich würde lieber ... Ich bleibe dann hier!«, stammelte Emma, woraufhin Kate ihr theatralisch eine Hand auf die Stirn legte.
    »Du musst Fieber haben, dass du für diesen Menschen alles stehen und liegen lässt. Hast du denn gar keinen Stolz? Wochenlang hat er dich zappeln lassen. Und du springst, sobald er auch nur mit den Fingern schnippt!«
    »Er ist so ein Charmeur. Er hat mich ›schönes Mädchen‹ genannt!«, seufzte Emma.
    »Das sagte der Wolf auch, bevor er das Rotkäppchen fraß«, entgegnete Kate und fügte in scharfem Ton hinzu: »Gut, dann fahre ich auch nicht! Und nach eurem kleinen Ausflug möchte ich den jungen Mann einmal unter die Lupe nehmen. Nicht dass du mir noch nachsagst, ich hätte mich von einem Vorurteil leiten lassen. Vielleicht entpuppt er sich auf den zweiten Blick ja tatsächlich als charmanter Zeitgenosse. Gib deiner alten Großmutter noch eine Chance.« Letzteres klang versöhnlich.
    Emma umarmte Kate überschwänglich, während sie aufschrie: »Oh Gott, es ist ja schon zwei. In einer Stunde holt er mich ab. Was soll ich bloß anziehen?«
    »Siebenachtelhosen und Nickituch«, schlug Kate ungerührt vor und verbiss sich das Lachen, als sie das entsetzte Gesicht ihrer Enkelin sah.
    »Unmöglich, der hält mich für ein kleines Mädchen. Ich glaube, der steht auf damenhaft.«
    »Ja, dann zieh doch den roten Tellerrock mit einer weißen Bluse an. Eigentlich ist es sowieso egal, denn du wirst bei dem Wetter ohnehin einen Mantel überziehen müssen.«
    »Tellerrock? Unmöglich, da sehe ich aus wie den Fünfzigern entsprungen. Das ist zu bieder. Der Mann hat Stil.«
    »Seit wann magst du Tweed?«
    Emma lief rot an. »Ich meine ja nur, er ist ein Mann und kein kleiner Junge.«
    »Ich würde mich nicht verstellen. Wenn er dich nicht in dem Look mag, in dem du dir am besten gefällst, ist schon was faul.«
    Emma überlegte fieberhaft. »Du hast ja recht. Wenn er sich wegen meiner Aufmachung nicht mehr mit mir verabredet, ist er selber schuld!«
    »Braves Mädchen!«, entfuhr es Kate.
    Als es klingelte, wollte Kate zur Tür eilen, aber Emma war schneller.
    »Bis nachher! Ich bringe ihn dann mit«, erklärte sie hastig, bevor sie aus der Tür schlüpfte. Ihr Pferdeschwanz wippte bei jedem Schritt, und unter ihrem Mantel blitzte eine Skihose hervor.
    Harry Holden fuhr zu Emmas Überraschung auch einen Mini. Das nahm sie noch mehr für ihn ein. Formvollendet hielt er ihr die Beifahrertür auf. Täuschte sie sich, oder musterte er sie ein wenig abfällig?
    Kaum saßen sie im Wagen, als Harry feststellte: »Ich hätte Sie beinahe nicht wiedererkannt. Sie haben heute so gar nichts Elegantes an sich.«
    Emma fuhr zusammen.
    »Entschuldigen Sie meine Worte. Ich wollte Sie nicht beleidigen. Sie sehen entzückend aus, aber es ist eine andere Klasse, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Sie stehen wohl mehr auf Damen?«, fragte Emma in leicht beleidigtem Ton.
    »Wenn Sie mich so fragen. Ja, ich bin ein Freund der schlichten Eleganz, aber Sie haben sich sicherlich auf einen herbstlichen Strandausflug eingestellt, nicht wahr?«, fragte er mit einem merkwürdigen Unterton und ergänzte bedauernd. »Na, dann essen wir eben ein anderes Mal.«
    »Von Essengehen haben Sie nichts gesagt«, erwiderte sie aufgebracht.
    Emma kämpfte gegen die Tränen an. Dieser Mann benahm sich taktlos. Sie überlegte noch, ob sie ihn bitten sollte, sie zurückzubringen, da hielt er plötzlich auf dem Seitenstreifen. Emma schaute ihn trotzig an.
    Er lächelte und sagte schmeichelnd: »Sie sind doch auch so wunderschön, Emma. Ich begehre Sie!« Mit diesen Worten zog er sie fest an sich und küsste sie.
    Emma schlang die Arme um seinen Hals. Er schmeckte nach Pfeifentabak. Und der brannte unangenehm auf ihrer Zunge. Dennoch wünschte sie sich, er würde sie niemals mehr loslassen. Es durchfuhr sie heiß und kalt.
    Harry jedoch ließ sie abrupt los, fuhr sich einmal durch das Haar und rückte sein Jackett zurecht, bevor er weiterfuhr.
    Emma war wie bezaubert. Unauffällig betrachtete sie Harry von der Seite. Was für ein Profil! Eckig, kantig und genauso willensstark wie sein Charakter. Es war ihr, als würde sie schweben. Es fiel ihr schwer, sich auf das Gespräch über zeitgenössische Dichter zu konzentrieren, das Harry begonnen hatte.
    Er redete und redete.

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