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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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fremden Besucher widmet!« Kate sagte das in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    »Vielleicht änderst du deine Meinung ja, wenn ich dir sage, dass er Mediziner ist.« Emma sagte es in einem dermaßen spitzen Ton, dass sie selbst darüber erschrak. Selten hatten sie und ihre Großmutter sich so unversöhnlich gegenübergestanden.
    »Das ändert gar nichts an meinem Eindruck«, widersprach Kate ihr scharf. »Ich beurteile Menschen nicht nach ihrem Beruf, sondern nach ihrem Charakter. Und ich kann mir nicht helfen, beim Anblick deines paffenden, überheblich dreinblickenden Mediziners kriege ich Gänsehaut.«
    Mit diesen Worten entfernte sich Kate. Emma blieb noch einen Augenblick wie betäubt stehen. Ob Großmutter eifersüchtig ist? Auf jeden Fall spürt sie, dass ich mich in Harry verknallt habe, dachte Emma und ging zu ihm zurück.
    Sie wollte ihm gerade sagen, dass sie sich nun ein wenig um ihre übrigen Gäste kümmern musste, als er ihr in bissigem Ton zuvorkam. »Emma, ich werde mich jetzt verabschieden. Wenn ich ganz ehrlich bin, mich interessieren die Leute hier nicht. Außer Ihnen, aber Sie sind ja offensichtlich anderweitig beschäftigt. Ich werde nicht gern in Ecken abgestellt und allein zurückgelassen. Man sieht sich. Im Übrigen sehen Sie umwerfend aus.« Mit diesen Worten stolzierte er gen Ausgang.
    Emma blieb völlig verwirrt stehen, doch dann rannte sie ihm nach. »Aber, ich weiß doch gar nicht, wie ich Sie erreiche.«
    »Ich melde mich!«, erwiderte Harry ungerührt und nannte der verdutzt dreinblickenden Emma ihre Telefonnummer.
    »Aber wenigstens Ihren Nachnamen können Sie mir doch verraten, oder?«
    »Holden, Harry Holden!«
    Nachdem die Haustür hinter ihm zugeschlagen war, stand Emma noch eine ganze Weile im Flur. Was bildet der sich eigentlich ein, wer er ist?, fragte sie sich. Dennoch wünschte sie sich von Herzen, er möge sie nur recht bald anrufen, um sich mit ihr zu verabreden. Und auch sein Kompliment ließ sie sich noch einmal auf der Zunge zergehen. Sie sehen umwerfend aus!

 
Dunedin, im Mai 1962
 
    Emmas Feier lag mehr als zwei Wochen zurück. Draußen war es dunkel und ungemütlich. So ähnlich sah es auch in Emmas Herzen aus. In den ersten Tagen nach der Party war sie bei jedem Klingeln zum Telefon gerannt, um den Anruf von Harry nicht zu verpassen. Aber der Arzt hatte sich nicht wieder gemeldet. Emma war untröstlich, und es verletzte sie, dass ihre Großmutter die Sache mit »dem paffenden Lackaffen« offensichtlich mit Erleichterung als erledigt betrachtete.
    Als an diesem herbstlichen Maitag das Telefon klingelte, hatte Emma die Hoffnung schon aufgegeben. Gelangweilt blickte sie auf. Sicher wieder Frank!
    Da sagte Großmutter in spitzem Ton: »Wer bitte? Harry Holden? Doch, sie ist zu Hause«, hielt ihr den Hörer hin und bellte: »Für dich!«
    Klopfenden Herzens sprang Emma auf. Endlich! Na, dem Kerl werde ich gehörig die Meinung sagen! Mich so lange zappeln zu lassen! Mit knallrotem Kopf griff sie nach dem Hörer. »Emma!«, meldete sie sich unfreundlich.
    »Schönes Mädchen, da kann man ja direkt Angst bekommen«, erwiderte Harry, und Emma schmolz allein beim Klang der Worte dahin. Nichts war übrig geblieben von ihren Vorsätzen. Im Gegenteil, sie flötete in den Hörer:
    »Guten Tag, Harry. Nett, von Ihnen zu hören. Haben Sie sich von der schrecklichen Party erholt?«
    Emma bemerkte, dass ihre Großmutter sie missbilligend beobachtete. Sie drehte ihr abrupt den Rücken zu, während sie sich auf das Gespräch konzentrierte
    »Können wir uns heute Nachmittag sehen? Ich würde gern einen Ausflug nach St Clair machen. Ich liebe Strände im Winter. Im Sommer kann ich sie nicht leiden.«
    »Ja, gern, holen Sie mich um fünfzehn Uhr ab! Sie haben doch einen Wagen, oder?«
    »Ich werde vor der Tür warten. Das müssen Sie mir verzeihen, doch ich habe das Gefühl, Ihre Großmutter kann mich nicht leiden.«
    »Da müssen Sie sich täuschen. Meine Großmutter findet Sie ganz reizend«, erwiderte Emma und fügte mit einem Blick auf die sie zornig anfunkelnde Kate hinzu: »Ich komme dann raus!«
    Kaum hatte sie den Hörer aufgelegt, als das Donnerwetter losging. »Was erzählst du diesem Kerl? Du kannst ihm ruhig sagen, dass ich ihn nicht mag und dass ich mir gewünscht hätte, er würde sich zum Teufel scheren. Und was heißt überhaupt, er soll dich um fünfzehn Uhr abholen? Doch wohl nicht heute, oder? Wir sind doch schon so gut wie weg. Oder willst du jetzt nicht

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