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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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schüttelte nur schwach den Kopf, bevor sie raunte: »Mir ist elend zumute. Ich glaube, ich muss mich ein Weilchen ausruhen.«
    Mit diesen Worten steuerte sie auf ein Sofa zu, auf dem ihre Freundin Melanie McLean ganz allein saß. In Annas Kopf ging es wild durcheinander. Tod, Krankheit, Scheidung, Glück ... das war zu viel auf einmal. Und dann dieser verrückte letzte Wille. Sie konnte heute keine Entscheidung über ihre Zukunft treffen. Noch lebte Lucille, und Anna wünschte Johns Frau noch viele glückliche Jahre an seiner Seite.
    Melanie sah ihre Freundin fragend an. »Ist etwas passiert?«, raunte sie, aber Anna wollte hier nicht darüber sprechen. Die Freundin verstand sie auch ohne Worte und nahm stumm ihre Hand.
    »Die gehören eingesperrt, die Politiker, die mit dem Gedanken spielen, dass die Weiber wählen dürfen. Das ist doch Schwachsinn. Die sollen die Kinder kriegen und die Hütte sauber halten!«, dröhnte es nun laut von der Kaminecke herüber. Anna brauchte gar nicht hinzusehen. Sie wusste, wem die Stimme gehörte. Philipp McLean, Melanies Ehemann. Mit einem Seitenblick bemerkte Anna den angewiderten Blick ihrer Freundin. Und einen bläulichen Schimmer über deren Auge.
    »Melanie, hat er dich geschlagen?«, fragte Anna erschrocken, aber die Freundin legte nur den Finger auf den Mund. In ihren Augen jedoch las Anna die Antwort: Frag mich bitte nicht in seiner Gegenwart!
    Laut schallten die Worte des Schafzüchters durch den Raum. »Und dann das mit den Maori? Wählen dürfen die. Das sind doch Wilde. Nicht weit von uns entfernt, da wohnt so ein armes Schwein von Farmer; hat keine Neuseeländerin abgekriegt, nur so eine Wilde, und was hat der davon? Keine richtigen Kinder kann die ihm gebären. Nur so ein verkrüppeltes Mädchen!«
    »Wenn die Kinder nicht wären, ich würde ihn zum Teufel schicken!«, zischte Melanie nun.
    John, auf den der Farmer einredete, schickte flehende Blicke zu dem Sofa herüber, die um Erlösung zu bitten schienen. Anna signalisierte ihm, dass er zu ihnen hinüberkommen sollte, aber kaum hatte John sich einen Schritt entfernt, als der bullige Farmer grölte: »Halt, hiergeblieben! Wenn ich schon mal die Gelegenheit habe, mit einem Politiker zu sprechen ...« Nun trat Christian hinzu und legte dem Farmer beschwichtigend die Hand auf die Schulter. Sofort wurde der Mann ruhiger.
    Merkwürdig, dachte Anna, dass Melanies Mann ausgerechnet Christians bester Freund geworden ist.
    Nun nahm Timothy schüchtern neben ihr Platz. »Tante Anna?«, fragte er mit ernster Stimme. »Darf ich dich was fragen?«
    »Sicher!«
    »Sie ist meine Freundin!«, erklärte Anna lächelnd, deutete auf Melanie und ermunterte ihn, sich trotzdem von der Seele zu reden, was ihn bedrückte.
    »Mich bedrückt nichts. Ich möchte nur wissen, was du sagen würdest, wenn ich um Klaras Hand anhalten würde?«
    »Was sollte ich dazu sagen?«, gab Anna zurück. »Ich habe schon gehofft, dass du mein Schwiegersohn wirst, da konntest du noch nicht einmal sprechen.«
    »Da bin ich aber froh«, erklärte er sichtlich erleichtert und fügte verschwörerisch hinzu: »Wen soll ich zuerst fragen: Klara oder Onkel Christian?«
    Anna musste sich das Lachen verbeißen.
    »Ich würde sagen, erst fragst du mal meine Tochter und dann Onkel Christian. Meinen Segen hast du. Allerdings unter einer Bedingung: Ihr müsst noch warten, bis du auf eigenen Füßen stehst und eine Familie ernähren kannst!«
    »Aber das versteht sich doch von selbst!«, erwiderte der junge Mann im Brustton der Überzeugung. »Das ist schon alles mit Vater abgesprochen. Ich werde Jura in Dunedin studieren und danach gemeinsam mit Vater Onkel Albert hier vor Ort in der Kanzlei unterstützen. Onkel Albert schafft es nicht mehr allein.«
    »Dein Vater kommt zurück nach Dunedin?«, fragte Anna, bemüht, ihre innere Erregung zu verbergen.
    »Nicht sofort, aber etwa in einem Jahr will er die Politik an den Nagel hängen und umziehen.«
    »Schau, da hinten ist Klara! Vielleicht entführst du sie mal auf die Veranda«, riet Anna ihm, damit er nicht merkte, wie aufgewühlt sie war.
    Kaum war Timothy fort, hörte Anna Melanie raunen: »Ob das so eine gute Idee von John ist?«
    Anna räusperte sich, bevor sie raunte: »Lucille ist unheilbar krank und hat nur einen letzten Wunsch: dass ich mich um John kümmere, wenn sie tot und Klara aus dem Haus ist.«
    »Oh!«, entfuhr es der Freundin.
    »Du entschuldigst mich?« Anna sprang auf. Sie wollte als gute Gastgeberin

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