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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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noch veranlassen, dass dir deine Sachen gebracht werden, aber jetzt geh. Hau ab!«
    Kate lauschte diesen Worten wie erstarrt. Sie überlegte, ob sie nach draußen rennen und sich von Manono verabschieden sollte, aber sie konnte nicht. Ihre Beine waren schwer und der Kopf völlig leer. Regungslos saß sie da, als Granny das Haus betrat.
    »Du wirst kein Wort mehr an ihn richten, verstanden?«, herrschte sie Kate an.
    Kate nickte schwach und fragte sich, ob sie das ihrer Großmutter wohl jemals würde verzeihen können.
 
    Kate traf Manono seitdem allenfalls beim Einkaufen, doch Granny blieb stets in ihrer Nähe und verhinderte, dass sie einander Botschaften zukommen ließen. Ein höflicher Gruß von ferne. Mehr war nicht möglich.
    Trübsinnig stierte Kate auf den Hafen. Sie malte nicht mehr, lernte nicht mehr und las nicht mehr. Granny war sichtlich bemüht, sie aufzuheitern. Vergeblich.
    »Vergiss nicht, nachher zum Hafen hinunterzugehen. Denk daran, dass diese Maria ankommt. Ich habe keine Zeit, sie zu begrüßen, weil ich zur Plantage muss.«
    Kate sah ihre Großmutter herausfordernd an. »Zur Plantage könnte ich doch fahren!«, schlug sie vor.
    Anna seufzte. »Du weißt doch, dass es nicht geht!«
    Kate biss die Zähne zusammen. Natürlich wusste sie, dass Großmutter es nicht erlauben würde. Seit Manono dort oben lebte, war es ihr - sehr zu Brenners Kummer - verboten, auf die Plantage zu fahren.
    »Ich kann mich also darauf verlassen, dass du sie abholst, oder?«
    »Ja!«, fauchte Kate unwirsch. Sie hatte nicht die geringste Lust, zum Hafen zu eilen, um eines der heiratswilligen deutschen Fräulein in Empfang zu nehmen. Onkel Rasmus hatte eine entfernte verarmte Verwandte aus Bayern für Brenner ausgewählt. Kate musste unwillkürlich grinsen. Zu spät, denn als er erfahren hatte, dass das Schiff mit den ledigen Damen unterwegs war, hatte er ganz schnell seine Loana geheiratet und geschwängert.
    Lustlos machte sich Kate auf den Weg. Unten am Hafen standen bereits ein paar Herren in Sonntagsanzügen herum. Als das Schiff einlief, wurden sie zunehmend nervös. Kate beobachtete das mit sichtlichem Vergnügen.
    Und dann kamen die heiratswilligen Damen, eine nach der anderen, blass und erschöpft an Land geklettert. Zum Schluss eine üppige Brünette mit wachen Augen. Als »üppige Brünette« hatte Rasmus Maria angekündigt. Kate trat einen Schritt auf sie zu: »Sind Sie Maria? Hergeschickt von den Hamburger Wortemanns?«
    Die junge Frau nickte und stellte sich in einer deutschen Mundart vor, die in Kates Ohren fremd klang. Dann unterbrach sie sich und lachte breit. »Mei, da schau her, du verstehst mi nit. Dann will ich mal versuchen, Hochdeutsch zu reden. Also, ich bin die Maria, eine von der armen Verwandtschaft, die, wo sie meinten, keinen Mann mehr abkriegen würde.« Sie lachte herzerfrischend.
    Kate fiel in das Lachen ein. Das Eis war gebrochen.
 
    Als Kate und Maria schließlich auf der Veranda saßen, wollte Maria wissen, ob ihr Zukünftiger sehr hässlich sei. Da fasste sich Kate ein Herz. Einmal musste es die angehende Braut schließlich erfahren, dass der Bräutigam nicht mehr zur Verfügung stand. »Ich muss dich enttäuschen. Er ist bereits verheiratet!«
    Statt in Tränen auszubrechen, umarmte Maria Kate überschwänglich. »Der Herrgott hat meine Gebete erhört. Ich bin schon gern fort aus meinem Dorf, aber ich wollte eigentlich keinen Mann heiraten, den ich nicht kenne. Ich tät ihn mir lieber selber aussuchen!«
    Kate grinste. »Dazu wirst du genügend Gelegenheit haben. Die Herren der Handelsgesellschaft und auch die meisten Pflanzer wandeln hier auf Freiersfüßen.«
    Mit diesem Tag begann Kate wieder zu malen, zu lernen und zu lesen, denn sie hatte eine Freundin gefunden. Obwohl Maria das Gegenteil von ihr war, verstanden sie sich prächtig. Maria machte sich im Haus unentbehrlich und wurde ganz schnell Paulas erklärter Liebling. Die abendlichen Gespräche und die gemeinsamen Strandspaziergänge mit ihr brachten ein wenig Abwechslung in Kates Leben und heiterten sie auf.
    Nur eines vertraute Kate der neuen Freundin nicht an: dass sie sich jede Nacht vor dem Einschlafen vor Sehnsucht nach Manono verzehrte!

 
Apia, im September 1908
 
    »Endlich!«, dachte Kate aufgeregt. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Loana, die neben ihr am Tisch saß, weil sie einmal die Woche zum Unterricht kam, schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen und jammerte: »Missy wirft mich raus. Und Otto wird sie

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