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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Buchstaben. Nein, es gab keinen Zweifel. David Ben Jona
war zwei Jahre nach dem überlieferten Datum der Kreuzigung Jesu geboren.
    Ohne einen Augenblick zu
zögern, begann Ben den Rest des ersten Fotos zu übersetzen.
     
    Mein Vater – Dein Großvater,
den Du nie kennenlerntest – war Fischer von Beruf. Nachts warf er auf dem See
Genezareth seine Schleppnetze nach Fischschwärmen aus, und tagsüber hängte er
seine Netze zum Trocknen auf. Wir waren eine gesegnete Familie – fünf Knaben
und vier Mädchen –, und wir alle halfen meinem Vater bei seiner Arbeit.
     
    Hier endete das erste
Fragment. Ben prüfte seine Übersetzung nochmals, steckte das Foto in den
Umschlag zurück und zog das zweite Teilstück daraus hervor. Er wollte sich eben
daranmachen, als das Telefon klingelte.
    »Verdammt!« fluchte er leise
und knallte seinen Kugelschreiber auf den Tisch.
    »Ben, Liebling«, ertönte
Angies Stimme, »ich habe darauf gewartet, daß du anrufst.«
    »Ich habe heute nachmittag
einen weiteren Umschlag von Weatherby erhalten. Eine vollständige Schriftrolle
in vier Ausschnitten. Entschuldige, daß ich nicht dazu kam, dich anzurufen.
Waren wir etwa verabredet?«
    Während sie antwortete,
blieben seine Augen an dem ersten Wort des Fotos Nummer zwei haften. Es hieß:
Maria.
    »Verabredet? Na hör mal, Ben,
seit wann brauchen wir eine Verabredung? Paß auf, ich bin eben dabei, einen
Braten zu machen…«
    »Ich kann nicht, Angie. Nicht
heute abend.« Schweigen.
    »Es tut mir leid, Liebes,
ehrlich.« Und das stimmte. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte Ben daran,
die Rollen für eine Weile ruhen zu lassen und sich bei Angie zu entspannen.
Ihre Stimme klang wie immer höchst verlockend. »Du fehlst mir, Schatz«,
bettelte sie sanft.
    Ben seufzte und war schon
drauf und dran nachzugeben, als sein Blick erneut den Namen Maria oben auf der
Schriftrolle erhaschte. »Wirklich, Angie, ich kann nicht. Ich habe es Weatherby
versprochen.«
    »Und was ist mit Joe
Randall?« Natürlich. Er hatte den Kodex vergessen.
    »Und was ist mit mir?« Ihre
Stimme klang zart, unwiderstehlich. »Hast du nicht auch mir ein Versprechen gegeben?
Ben, du bist den ganzen Tag über an der Uni, und abends übersetzt du. Was
bleibt da noch für uns übrig?«
    »Es tut mir leid«,
wiederholte er kraftlos. »Wirst du noch lange brauchen?«
    »Das läßt sich schwer sagen.
Wahrscheinlich nicht. Soll ich hinterher zu dir kommen?«
    »Das wäre schön. Die Uhrzeit
spielt keine Rolle. Brauchst nicht zu hetzen. Ich weiß, wie wichtig die
Manuskripte sind. Alles klar?«
    »Alles klar. Bis später.«
    Er wandte sich dem zweiten
Fotoabzug zu. Die erste Zeile lautete: Maria und Sarah und Rahel und Ruth waren
meine Schwestern. Die nächsten beiden Abzüge waren im Handumdrehen übersetzt,
denn es handelte sich dabei nur um Namenslisten und Familienstammbäume. Drei
von Davids Schwestern waren verheiratet und lebten in verschiedenen Teilen von
Syria-Palästina. Eine war im Alter von zwölf Jahren an einem Blutsturz
gestorben. Seine vier Brüder, allesamt älter, hießen: Moses, Saul, Simon und
Judas, in dieser Reihenfolge. Die drei ältesten hatten geheiratet und waren in
Magdala geblieben. Judas, der jüngste, war in einem der vielen unberechenbaren
Stürme auf dem See ums Leben gekommen.
     
    Wir waren keine arme Familie
und dankten Gott jeden Tag für seine Gaben und Segnungen. Mein Vater war ein
frommer Mann und befolgte das göttliche Gesetz, wie die besten Juden es tun. Er
ging in die Synagoge, um mit den Gelehrten zu sprechen, und las jeden Tag in
den heiligen Schriften. Er war kein weltlich gesinnter Mann und lebte nach
einer grundlegenden Wahrheit, die besagte: »Denn der Herr behütet den Weg der
Gerechten, doch der Weg der Sünder führt in den Abgrund.«
     
    Bens Herz zuckte leicht
zusammen. Diese letzten Worte – die er nicht so oft gelesen hatte, wie er sie
gehört hatte – klangen für ihn so vertraut, daß er sich im Stuhl zurücklehnen
mußte. »Das kann doch wohl nicht wahr sein«, murmelte er ungläubig. Wie lange
war es her? Wie viele Jahre waren vergangen, seit er genau diesen Satz zum
letzten Mal gehört hatte, diesen Satz, den man ihm immer und immer wieder
vorgesagt hatte, so daß er zum ständigen Begleiter seiner Kindheit geworden
war? Die Tatsache, daß die Worte nun, nach so vielen Jahren, wieder aus den
dunkelsten Winkeln seiner Erinnerung zu ihm drangen, trieb ihm die Tränen in
die Augen. Und eine vertraute Stimme, eine, die

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