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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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und ausschaltete, da der Thermostat für
eine gleichbleibende Raumtemperatur sorgte. Und Judys schwaches, leises Atmen,
während sie die Rolle las.
    Ben saß dicht neben ihr und
streichelte zerstreut Poppäa Sabina, die auf seinen Schoß gesprungen war. Er
konnte seine Augen nicht von Judys Gesicht abwenden, und gleichzeitig wunderte
er sich über sie und fragte sich, warum er sie zu sich gerufen hatte. Als ihre
großen, braunen Augen langsam über die Zeilen wanderten, erkannte Ben
fasziniert, daß sie in eben diesem Augenblick einen Tag im alten Jerusalem
durchlebte. Und er fragte sich: Ist das der Grund, warum ich sie hier haben
will? Um Davids Erfahrungen mit ihr zu teilen? In der Wärme und Stille der
Wohnung, während der Herbstregen ununterbrochen gegen die Fenster prasselte,
kam Ben der Erkenntnis, warum er Judy Golden an seiner Seite brauchte, einen
Schritt näher. Denn während er von den entfernten Geräuschen des Novemberregens
dahingetrieben wurde, glaubte Ben Messer, aus seinem Unterbewußtsein ein
sanftes Flüstern zu vernehmen, das ihm sagte: Sie ist hier, weil David es so
will.
    Als Judy geendet hatte,
rührte sie sich nicht von der Stelle, sondern starrte weiter auf die letzte
Zeile, die sie gelesen hatte. In der linken Hand hielt sie auf halbem Weg zu
ihren Lippen eine Tasse mit kaltem Kaffee. Neben ihr saß Ben, der kaum atmete
und in einem Dämmerzustand vor sich hin grübelte.
    Endlich brach sie den Bann.
»Es ist wunderschön«, flüsterte sie. Ben versuchte, seinen Blick auf Judy zu
konzentrieren. Worüber hatte er gerade nachgedacht? Über irgend etwas im
Zusammenhang mit David… Ben schüttelte den Kopf und hatte Judy jetzt schärfer
im Blickfeld. Er war in Gedanken abgeschweift. Er konnte sich nicht daran
erinnern, woran er gedacht hatte. An irgend etwas, was mit David zu tun hatte…
Doch nun war es wie weggeblasen.
    Ben räusperte sich. »Ja, es
ist schön. Wissen Sie, ich bekomme irgendwie ein seltsames Gefühl, wenn ich
Davids Worte lese. Wie…beinahe, als ob er direkt zu mir spräche. Wissen Sie,
was ich meine? Es ist, als könnte er jeden Augenblick sagen: ›Nun, Ben…‹«
    »Tja, offensichtlich fühlen
Sie eine gewisse Verwandtschaft mit ihm. Sie haben doch tatsächlich einige
Dinge mit ihm gemein. Dasselbe Alter, beide Juden, beide Gelehrte des
Gesetzes…« Ben hörte nicht weiter hin. Sein Blick wanderte die Wände entlang
und blieb an einem Aquarell vom Nil und den Pyramiden hängen. Eine andere, aus
großer Ferne kommende Stimme trat an die Stelle von Judys Stimme und sagte:
»Benjy, dein Vater hat immer gesagt, daß der Herr den Weg der Gerechten
behütet, der Weg der Sünder aber in den Abgrund führt.« Jona Messer. Jona Ben
Ezekiel.
    Dann dachte er an Saul, so
kräftig und muskulös neben dem sanften, romantischen David. Und er dachte an
Salomon Liebowitz, der den polnischen Rohlingen die Nasen blutig geschlagen
hatte. Kann das alles Zufall sein? fragte er sich verwirrt. Ich verstehe es
nicht. Es scheint zuviel…
    Judys Stimme drang wieder
langsam an sein Ohr. »Ich bin sicher, Sie erkennen viel von sich selbst in
David, und deshalb bedeuten Ihnen seine Worte so viel.«
    Er schaute sie schräg von der
Seite an, während er abermals versuchte, ihr Gesicht klar zu sehen.
    Judy brachte da einen ganz
neuen Gedanken ins Spiel, einen merkwürdigen, schwer faßbaren Gedanken… Ich
erkenne viel von mir selbst in David. Was hatte das zu bedeuten? Was bedeutete
das alles? Die Übereinstimmungen… David, der zu mir spricht… Judy beugte sich
nach vorne, um ihre Kaffeetasse auf dem Glastisch abzustellen, und durch die
Bewegung und das Klappern wurde Ben aus seinen Träumen gerissen. Er schüttelte
seinen Kopf zum zweitenmal. Seltsame Gedanken. Ich kann mir nicht vorstellen,
wie ich darauf komme. Es muß hier drinnen wohl zu warm sein. Vielleicht bin ich
auch hungrig.
    »Möchten Sie etwas zu essen?«
hörte er sich fragen und schreckte von der Lautstärke seiner eigenen Stimme
hoch.
    »Nein, danke. Bruno und ich
haben, kurz bevor Sie anriefen, zu Abend gegessen. Der Kaffee ist völlig
ausreichend, danke.« Sie saßen wieder schweigend da und lauschten auf das
sanfte Prasseln des Regens gegen das Fenster, während sie sich im Geiste die
kahlen, herbstlichen Bäume und die blankgewaschenen Gehsteige ausmalten. Bis
Judy ganz unvorbereitet fragte: »Warum sind Sie Paläograph geworden?«
    »Was?«
    »Warum sind Sie
Schriftenkundler geworden?«
    »Warum? Nun…?« Er runzelte
die

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