Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
verteidigte.
    Vorm Eingang zum Grab Tutanchamuns blieb er stehen. Er wünschte, die Gruft wäre heute entdeckt worden, nicht vor einem halben Jahrhundert. Er schaute hinauf zum Verkaufspavillon, denn dort oben hätte er zu Carters Zeit auf Wache gestanden. Er wäre hinter der Brüstung der Veranda in Deckung gegangen, und niemand hätte sich dem Grab nähern können, ohne sich seinem mörderischen Feuer auszusetzen.
    Als er so nach oben blickte und sann, bemerkte Nassif, daß die Tür zu den Toiletten offenstand. Ihm fiel auf, daß sie noch nie offengelassen worden war, und überlegte, ob er einmal hinaufgehen solle. Dann richtete er seinen Blick hinüber zur anderen Seite des Tals und beschloß, auf dem Rückweg in den Toiletten nach dem Rechten zu sehen. Auf dem weiteren Wege bildete er sich ein, wie er mit einer Gruppe von ihm persönlich verhafteter Banditen nach Kairo reiste.
     
    Erica schätzte, daß sie Tutanchamuns Grab sehr nahe sein mußte. Wegen des nach oben gewölbten, unebenen Tunnelbodens war sie nur langsam vorangekommen. Sie erspähte voraus eine scharfe Biegung nach links, hinter die sie erst sehen konnte, nachdem sie um die Ecke gegangen war. Dahinter führte der Stollen ein Stück weitsteil abwärts und endete dann in einem Raum. Die Hände gegen die rauhen, aus dem Fels gehauenen Wände des Tunnels gestemmt, schlitterte sie langsam über die Schräge hinab, bis ihre Füße wieder auf ebenem Untergrund standen. Sie befand sich jetzt in einer unterirdischen Kammer.
    Erica schätzte, daß sie direkt unter der Vorkammer von Tutanchamuns Grab lag. Sie hob die Öllampe weit über ihren Kopf, und der Schein fiel auf glatte, aber schmucklose Wände. Der Raum war etwa zehn Meter lang und sechs Meter breit; die Decke bestand aus einer einzigen riesigen Kalksteinplatte. Als Erica den Blick auf den Boden richtete, sah sie sich einem unfaßbaren Gewirr von Skeletten gegenüber, von denen manche noch Reste natürlich mumifizierten Gewebes aufwiesen. Sie hielt das Licht tiefer und erkannte, daß sämtliche Schädel mit einem schweren stumpfen Gegenstand eingeschlagen worden waren.
    »Mein Gott«, flüsterte Erica. Sie wußte, was hier vorgegangen war. Dies waren die Überbleibsel des Massakers an den Arbeitern, die im Altertum an dieser Kammer gearbeitet hatten.
    Langsam durchquerte sie den Raum und gedachte der Grausamkeiten im Altertum. Dann stieg sie eine ausgedehnte Treppenflucht hinunter, die vor einer Mauer endete. Raman hatte ein großes Loch geschlagen, und Erica konnte ohne Mühe in einen anderen, viel größeren Raum treten. Als ihr Licht die Dunkelheit durchdrang, schnappte Erica nach Luft und lehnte sich rücklings ans Gemäuer. Vor ihr lag ein archäologisches Märchenland ausgebreitet. Vier dicke eckige Säulen stützten den Hohlraum. Die Wände waren mit außerordentlich kunstvollen Darstellungen des altägyptischen Pantheons bemalt. Vor jeder einzelnen Gottheit war Sethos I. abgebildet. Erica hatte den Schatz des Pharao gefunden! Nenephta hatte in der Tat erkannt, wo für einen Schatz der sicherste Aufbewahrungsort war: nämlich unter einem anderen Schatz.
    Scheu trat Erica vor, hielt ihre Öllampe in die Höhe, so daß der unruhige Lichtschein über die zahllosen Beigaben flackerte, die man hier angehäuft hatte. Im Gegensatz zu Tutanchamuns kleiner Gruft herrschte hier keinerlei Unordnung. Alles war an seinem Platz. Vollständige vergoldete Streitwagen standen bereit, als warteten sie nur darauf, daß man die Rösser einspanne. An der rechten Wand waren große Kästen und schwere hochgekantete Truhen aufgereiht, vornehmlich aus mit Ebenholz verstärkter Zeder hergestellt.
    Nur eine kleine Truhe aus Elfenbein stand offen, und der Inhalt – Edelsteinschmuck von unvergleichlicher Eleganz – lag ordentlich davor am Boden ausgebreitet. Offenbar hatte sich Raman daraus bedient.
    Erica umkreiste die in der Mitte angeordneten Säulen und entdeckte eine weitere Treppe. Sie führte wieder in einen anderen Raum von den gleichen Ausmaßen, ebenfalls angefüllt mit Schätzen. Hier zweigten einige Gänge in andere Gemächer ab.
    »Mein Gott«, seufzte Erica nochmals, diesmal nicht aus Entsetzen, sondern vor fassungslosem Staunen.
    Sie machte sich klar, daß sie sich in einer weitverzweigten Anlage aufhielt, die sich mit ihren Gängen und Kammern labyrinthartig in die Tiefe und nach verschiedenen Seiten erstreckte. Sie sah sich hier einem Schatz gegenüber, der das gewöhnliche Begriffsvermögen

Weitere Kostenlose Bücher