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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Schatten wohler fühlen.

 
Kairo, 22 Uhr
     
    Das Abendessen mit Yvon erwies sich als beruhigende und romantische Abwechslung. Erica war von ihrer eigenen Widerstandskraft überrascht; trotz des anstrengenden Tages und des Schuldgefühls, das ihr nach dem Telefongespräch mit Richard zurückgeblieben war, konnte sie den Abend genießen. Yvon hatte sie gerade in dem Moment vom Hotel abgeholt, als es an der Stelle des Horizonts, wo die Sonne gesunken war, noch leuchtete wie von erlöschender Glut. Sie fuhren in Richtung Süden am Nil entlang, verließen die staubige Hitze Kairos, schlugen die Richtung nach Maadi ein. Als am Himmel die Sterne erschienen, hatte sich Ericas Spannung bereits in der kühlen Abendluft gelöst.
    Das Restaurant nannte sich »Zum Seepferdchen« und stand direkt am östlichen Ufer des Nils. Um das köstliche ägyptische Abendklima voll genießen zu können, waren alle vier Seiten des Speiseraums geöffnet worden. Auf der anderen Seite des Stroms, hinter einer Reihe von Palmen, sah man die angestrahlten Pyramiden von Giseh.
    Sie aßen frischen Fisch und riesige Garnelen aus dem Roten Meer, an offenem Feuer gegrillt, und tranken dazu einen kalten Weißwein, der Gianaclis hieß. Yvon hielt ihn für scheußlich und verdünnte ihn mit Mineralwasser, aber Erica mochte den leicht süßlichen, fruchtigen Geschmack.
    Sie beobachtete Yvon beim Trinken, bewunderte sein eng tailliertes dunkelblaues Hemd aus Seide. In Anbetracht ihrer eigenen seidenen Tops, die sie sehr schätzte und nur zu besonderen Anlässen trug, hätte sie eigentlich erwartet, er sähe darin weibisch aus, aber das war nicht der Fall. Vielmehr schien der silbrige Glanz seine Männlichkeit noch zu unterstreichen.
    Erica selbst hatte viel Zeit darauf verwendet, sich für den Abend zurechtzumachen, und die Mühe hatte sich gelohnt. Ihr frisch gewaschenes Haar war an den Seiten locker nach hinten gelegt und mit Schildpattkämmen festgesteckt. Sie hatte sich für ein einteiliges schokoladenbraunes Jerseykleid mit elastischer Taille, ausladendem Kragen und Stulpenärmeln entschieden. Darunter trug sie – zum ersten Mal, seitdem sie das Flugzeug verlassen hatte – eine Strumpfhose. Sie wußte, daß sie das Bestmögliche aus sich gemacht hatte, und sie warmit ihrer Gesamterscheinung zufrieden und in prächtiger Stimmung.
    Ihre Konversation begann unbefangen, wechselte jedoch bald über zu den Mordfällen. Yvons Bemühungen, die Mörder Abdul Hamdis zu ermitteln, waren erfolglos verlaufen. Er teilte Erica mit, er habe nur herausfinden können, daß die Mörder nicht aus Kairo kamen. Danach schilderte Erica das grauenhafte Erlebnis im Serapeum und ihre anschließenden Erfahrungen mit der Polizei.
    »Ich wollte, Sie hätten mir erlaubt, Sie während des Tages zu begleiten«, sagte Yvon und schüttelte fassungslos den Kopf, als Erica ihren Bericht beendet hatte. Er langte über den Tisch und drückte zärtlich ihre Hand.
    »Ich auch«, gestand Erica und betrachtete ihrer beiden Finger, die einander nur ganz sachte berührten.
    »Ich muß Ihnen etwas sagen«, meinte leise Yvon. »Als ich Sie kennenlernte, war ich ursprünglich nur an dem Sethos-Standbild interessiert. Aber jetzt finde ich Sie unwiderstehlich charmant.« Im Kerzenschein schimmerten seine Zähne.
    »Ich kenne Sie leider nicht gut genug«, erwiderte Erica, »um beurteilen zu können, wann Sie mich aufziehen und wann nicht.«
    »Ich ziehe Sie keineswegs auf, Erica. Sie sind ganz anders als alle anderen Frauen, denen ich bisher begegnet bin.«
    Erica blickte auf den dunklen Nil hinaus. Schwache Bewegungen am diesseitigen Ufer erregten ihre Aufmerksamkeit, und bei genauerem Hinsehen vermochte sie gerade noch einige Fischer zu erkennen, die an einem Segelboot arbeiteten. Anscheinend waren sie nackt, und ihre Haut glänzte in der Dunkelheit wie polierter Onyx. Während ihr Blick für einen Moment am Ufer verweilte, dachte sie über Yvons Bemerkung nach. Sie klang fürchterlich kitschig und mochte in diesem Sinn eine gewisse Geringschätzung verraten. Aber möglicherweise stak darin auch ein Körnchen Wahrheit, denn andererseits unterschied sich Yvon von jedem anderen Mann, den sie bislang gekannt hatte.
    »Die Tatsache, daß Sie Ägyptologie studiert haben«, fuhr Yvon fort, »fasziniert mich, denn Sie besitzen – und das meine ich als Kompliment – eine bestimmte osteuropäische Sinnlichkeit, die mir sehr gefällt. Außerdem glaube ich, daß Sie mit Ägypten etwas von seiner

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