Der Fluch der Sphinx
geheimnisvollen Ausstrahlung gemein haben.«
»Ich glaube eher, ich bin ziemlich amerikanisch«, erklärte Erica.
»Ah, doch auch Amerikaner können auf diese und jene ethnische Abstammung zurückblicken, und bei Ihnen ist sie ganz offensichtlich. Ich finde das sehr attraktiv. Um ehrlich zu sein, ich bin der kühlen Blonden aus dem Norden überdrüssig.«
So merkwürdig ihr selber das auch vorkam, Erica fand darauf keine Worte. Am allerwenigsten erwartete oder wünschte sie sich eine enge Beziehung, die ihre Gefühle verletzlich machte.
Anscheinend spürte Yvon ihr Unbehagen, denn er wechselte das Thema, während man das Geschirr abräumte. »Erica, könnten Sie womöglich auch den Mörder identifizieren, der heute im Serapeum zugeschlagen hat? Haben Sie sein Gesicht gesehen?«
»Nein«, sagte Erica. »Es war, als sei auf einmal der Himmel über mir eingestürzt. Ich habe niemanden gesehen.«
»Gott, was für ein gräßliches Erlebnis. Ich kann mir kaum etwas Schlimmeres vorstellen. Und dann fällt die Leiche auch noch auf Sie! Unglaubliches Pech. Aber Ihnen ist sicherlich bekannt, daß hier im Nahen Osten tagtäglich Beamte ermordet werden. Naja, wenigstens sind Sie unverletzt geblieben. Ich weiß, das dürfte schwerfallen, aber am besten versuchen Sie, einfach nie wieder daran zu denken. Es muß ein verrückter Zufall im Spiel gewesen sein. Es ist bloß so schlimm, weil es gleich am Tag nach Hamdis Tod passiert ist. Zwei Morde an zwei Tagen. Ich weiß nicht, wie mir das bekommen wäre.«
»Ich kann mir denken, daß es wahrscheinlich ein zufälliges Zusammentreffen war«, sagte Erica, »aber eines beschäftigt mich. Der arme Mann, der erschossen worden ist, war nicht irgendein Beamter, sondern er arbeitete für das Department of Antiquities. Beide Mordopfer hatten also mit alten Artefakten zu tun, stammten aber aus verschiedenen Lagern. Aber was weiß ich schon davon!«
Der Kellner brachte arabischen Kaffee und servierte das Dessert. Yvon hatte einen herben Weizengrießkuchen mit Zuckerguß, bestreut mit Walnuß und Rosinen, bestellt.
»Die erstaunlichste Tatsache Ihres Abenteuers ist«, sagte Yvon, »daß die Polizei Sie nicht festgehalten hat.«
»Das stimmt nicht ganz. Ich saß einige Stunden lang fest, und ich darf das Land nicht verlassen.« Erica kostete das Dessert, fand jedoch, daß es sich nicht lohnte, dafür die Kalorien in Kauf zu nehmen.
»Das bedeutet so gut wie gar nichts. Sie haben Glück, daß Sie nicht im Gefängnis sitzen. Ich könnte wetten, daß der Fremdenführer noch drin ist.«
»Ich glaube«, sagte Erica, »ich habe meine Freilassung Achmed Khazzan zu verdanken.«
»Sie kennen Achmed Khazzan?« fragte Yvon. Er hörte auf zu essen.
»Ich weiß selber nicht, wie unser Verhältnis einzustufen ist«, meinte Erica. »Nachdem wir uns gestern abendgetrennt hatten, wartete Achmed Khazzan schon in meinem Hotelzimmer auf mich.«
»Ist das wahr?« Yvons Gabel klirrte auf die Tischplatte.
»Wenn Sie davon schon so überrascht sind, dann stellen Sie sich erst mal vor, wie mir zumute gewesen ist. Ich dachte, ich solle verhaftet werden, weil ich den Mord an Abdul Hamdi nicht angezeigt hatte. Er nahm mich mit in sein Büro und fragte mich eine Stunde lang aus.«
»Das ist ja unglaublich«, stöhnte Yvon und wischte sich den Mund mit seiner Serviette. »Achmed Khazzan wußte schon von Hamdis Ermordung?«
»Ich habe keine Ahnung, ob er schon davon wußte oder nicht«, sagte Erica. »Anfangs dachte ich, er wisse Bescheid. Warum hätte er mich sonst in sein Büro holen sollen? Aber er hat ihn kein einziges Mal erwähnt, und ich hatte natürlich Angst, von mir aus darauf zu sprechen zu kommen.«
»Was wollte er denn?«
»Hauptsächlich etwas über Sie erfahren.«
»Mich?« Yvon setzte eine übertrieben unschuldige Miene auf und tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Erica, Sie haben wirklich zwei aufregende Tage erlebt. Ich bin Achmed Khazzan noch nie begegnet und reise schon seit einer ganzen Anzahl von Jahren nach Ägypten. Was hat er über mich wissen wollen?«
»Er fragte danach, was Sie in Ägypten tun.«
»Und was haben Sie ihm für eine Auskunft gegeben?«
»Daß ich’s nicht weiß.«
»Sie haben ihm nicht von der Sethos-Statue erzählt?«
»Nein. Ich mußte ja einkalkulieren, daß ich, wennich die Statue erwähne, auch über Hamdis Ermordung sprechen müßte.«
»Hat er seinerseits von der Sethos-Statue gesprochen?«
»Nein, nicht.«
»Erica, Sie sind
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