Der Fluch der Sphinx
Augen gesehen hatte, wußte sie, daß zehntausend Dollar hier die gleiche Wirkung hervorrufen mußten wie eine Milliarde in New York. Damit würde er auf die Kairoer Unterwelt unerhörten Druck ausüben. Da Abdul Hamdis Tod mit der Statue zweifellos in Zusammenhang stand, konnten die bloß für die genannte Information gebotenen zehntausend Dollar weitere Morde nach sich ziehen. Ein furchtbarer Gedanke.
Eilig schilderte Erica ihr Erlebnis in Abdul Hamdis Laden und beschrieb die verschwundene Statue Sethos’ I. Rice lauschte aufmerksam und notierte sich Abdul Hamdis Namen. »Wissen Sie, ob sonst noch jemand die Statue zu sehen gekriegt hat?« fragte er und schob seinen Stetson nach hinten.
»Nicht daß ich wüßte«, entgegnete Erica.
»Ist sonst irgend jemandem bekannt, daß Abdul Hamdi die Statue hatte?«
»Ja«, antwortete Erica. »Einem Monsieur Yvon de Margeau. Er wohnt zur Zeit im Meridien Hotel. Er hat angedeutet, Hamdi habe mit mehreren potentiellen Käufern auf der ganzen Welt Briefe gewechselt, daher darf man wohl annehmen, es wissen eine ganze Menge Leute, daß Hamdi diese Statue hatte.«
»Sieht aus, als bekämen wir noch viel mehr Spaß alserwartet«, sagte Rice zu seiner Frau und tätschelte ihr schlankes Handgelenk. Er wandte sich wieder Erica zu und händigte ihr den Umschlag aus. »Haben Sie irgendeine Vorstellung, wo die Statue abgeblieben sein könnte?«
Erica schüttelte ihren Kopf. »Nicht im geringsten«, sagte sie und nahm den Umschlag. Trotz der schlechten Lichtverhältnisse konnte sie es nicht abwarten, die Bilder zu sehen; sie zog sie heraus und betrachtete aufmerksam das oberste Foto.
»Das ist ein Standbild, was?« meinte Rice, als zeige er Erica Aufnahmen seines Erstgeborenen. »Daneben sieht das ganze Zeug Tutanchamuns aus wie Kinderspielzeug.«
Jeffrey Rice hatte recht. Erica mußte zugeben, während sie die Fotos durchsah, daß die Statue atemberaubend schön war. Aber sie bemerkte noch etwas. Soweit sie sich entsann, glich die verschwundene Statue diesem in Houston befindlichen Standbild aufs Haar. Dann jedoch stutzte sie. Als sie die Fotos von Rices Statue eingehender betrachtete, fiel ihr auf, daß hier die rechte Hand das juwelenschwere Zepter hielt. Sie erinnerte sich noch genau daran, daß Abduls Statue das Zepter in der linken Hand hatte. Die Statuen waren nicht gleich, sondern spiegelverkehrt ausgeführt! Erica besah sich die restlichen Bilder. Die Statue war von allen Seiten aufgenommen worden, offenbar von einem professionellen Fotografen, denn die Fotos waren ausgezeichnet. Zum Schluß, am Ende des Stapels, kamen die Vergrößerungen. Erica fühlte ihren Puls schneller schlagen, als sie die Hieroglyphen sah. Es war zu düster, um die Schriftzeichen deutlich erkennen zu können, aber indem sie das betreffende Foto schräg ans Licht hielt, vermochte sie die beiden pharaonischen Kartuschen zu erkennen. Sieumfaßten die Namen Sethos’ I. und Tutanchamuns. Ganz erstaunlich.
»Miss Baron«, sagte Jeffrey Rice, »es wäre uns ein Vergnügen, wenn Sie heute mit uns zu Abend essen würden.« Priscilla Rice lächelte sie herzlich an, als ihr Mann die Einladung aussprach.
»Vielen Dank«, erwiderte Erica und schob die Fotos zurück in den Briefumschlag. »Bedauerlicherweise habe ich bereits anderweitig zugesagt. Vielleicht an einem anderen Abend, falls Sie länger in Ägypten bleiben.«
»Natürlich«, sagte Jeffrey Rice, »oder Sie und Ihre Bekannten könnten sich zu uns gesellen.«
Erica überlegte einen kurzen Moment, dann lehnte sie höflich ab. Jeffrey Rice und Yvon de Margeau paßten zueinander wie Öl und Wasser. Erica wollte sich schon verabschieden, da fiel ihr noch etwas ein. »Mr. Rice, auf welche Weise haben Sie Ihre Sethos-Statue erworben?« Sie stellte ihre Frage umständlich und verlegen, weil sie nicht wußte, wie so ein Mann auf eine solche Frage reagierte.
»Mit Geld, meine Liebe!« Jeffrey Rice lachte und schlug die ausgestreckte Handfläche auf die Tischplatte. Offenbar hielt er seinen Scherz für umwerfend komisch. Erica lächelte matt und wartete, in der Hoffnung, er möge sich näher äußern.
»Ein befreundeter Kunsthändler in New York hatte mir davon erzählt. Er rief mich an und sagte mir, es solle ein wundervolles Stück ägyptischer Bildhauerkunst hinter verschlossenen Türen versteigert werden.«
»Hinter verschlossenen Türen?«
»Ja, unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Nur Gemauschel. So läuft das immer.«
»War das hier in
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