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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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die man über eine Person zusammengetragen hat, die vor dreitausend Jahren lebte.«
    »Naja, wenn in diesen Artikeln wenigstens etwas passierte, ließen sie sich erheblich leichter lesen.« Richard lachte.
    »Sethos I. herrschte bald nach dem Pharao, der aus der ägyptischen Religion einen Monotheismus zu machen versuchte«, erklärte Erica, ohne auf Richards Bemerkung zu achten. »Sein Name lautete Echnaton, und in seinem Lande herrschte das reinste Chaos. Sethos I. hat das geändert. Er war ein starker Mann, der für Stabilität im Reich und in den Provinzen sorgte. Er kam im Alter von etwa dreißig Jahren an die Macht und herrschte schätzungsweise fünfzehn Jahre lang. Außer von einigen Kämpfen in Palästina und Libyen sind sehr wenig Einzelheiten aus seinem Leben bekannt, und das ist ein Unglück, denn er regierte während eines hochinteressanten Zeitabschnitts der ägyptischen Geschichte. Damit meine ich eine Periode von knapp fünfzig Jahren Dauer, von Echnaton bis Sethos I. Das muß eine faszinierende Ära gewesen sein, voller Unruhe, Aufruhr und kultureller Umwälzungen.« Erica tippte auf den Stapel fotokopierter Artikel. »Während dieses Zeitraums hat auch Tutanchamun regiert. Und sonderbarerweise gab es bei der Entdeckung von Tutanchamuns prachtvollem Grab eine große Enttäuschung. Unter all den gehobenen Schätzen befanden sich keinerlei historische Dokumente. Keine einzige Papyrusrolle hat man gefunden. Nicht eine einzige!«
    Richard zuckte mit den Schultern.
    Erica bemerkte, daß er, obwohl er sich Mühe gab, ihre Aufregung schlichtweg nicht zu teilen vermochte. Sie wandte sich wieder ihren Unterlagen zu. »Sehen wirmal, was in der anderen Mappe steckt«, sagte sie und zog den Inhalt von »Sethos I. B.« heraus.
    Richard sah gespannt zu. Der Inhalt umfaßte mehrere Dutzend Fotografien der Mumie Sethos’ I. einschließlich Röntgenaufnahmen, einen gegenstandsbezogen modifizierten Autopsiebericht sowie etliche weitere fotokopierte Aufsätze.
    »Gott«, rief Richard und mimte Erschrecken. Er betrachtete eine Fotografie des Mumienkopfes Sethos’ I. »Sieht ja so schlimm aus wie mein Kadaver im ersten Jahr Anatomie.«
    »Auf den ersten Blick sieht er gräßlich aus, aber je länger man ihn betrachtet, um so würdevoller wirkt er.«
    »Komm, Erica, er sieht makaber aus. Würdevoll? Gib mir lieber etwas anderes.« Er bemächtigte sich des Autopsieberichts und fing an zu lesen.
    Erica fand eine Röntgenganzaufnahme. Sie sah aus wie das Bildnis eines Skelettkostüms mit auf dem Brustkorb gekreuzten Armen. Trotzdem begutachtete sie die Aufnahme genauer. Plötzlich bemerkte sie etwas Ungewöhnliches. Wie bei allen Pharaonenmumien waren die Arme überkreuzt, jedoch die Hände waren offen, nicht zu Fäusten geballt. Die anderen Pharaonen hatte man allesamt mit ihren königlichen Insignien begraben, Zepter und Geißel in ihren Händen. Aber nicht Sethos I. Erica überlegte, warum wohl.
    »Das ist gar keine Autopsie.« Richard unterbrach ihre Überlegungen. »Ich meine, sie hatten gar keine inneren Organe. Nur die leibliche Hülle. Aber bei einer Autopsie untersucht man das Äußere eigentlich nur oberflächlich, es sei denn, man hat einen besonderen Grund. Unter Autopsie versteht man in der Wissenschaft die mikroskopische Untersuchung von inneren Organen. Hier dagegen hat man sich nur ein bißchen Muskel- und Hautgewebe vorgenommen.« Er schnappte sich die Röntgenaufnahme, mit der sich Erica gerade befaßte, und hielt sie auf Armlänge in die Höhe, um sie zu begutachten. »Lungen sind sauber«, sagte Richard lachend. Erica begriff nicht den Grund, und Richard erläuterte, daß die Aufnahme den Brustkorb nur deshalb klar zeigte, weil man die Lungen schon im Altertum entfernt hatte. Das hörte sich wenig erheiternd an, und er wurde wieder ernst. Erica betrachtete das Bild über Richards Arm hinweg. Die offenen Hände Sethos’ I. ließen ihr keine Ruhe. Sie spürte, daß sie irgend etwas zu bedeuten hatten.
     
    In der großen gläsernen Vitrine standen zwei beschriftete Schildchen. Um sich die Zeit zu vertreiben, bückte sich Khalifa und las das Gedruckte. Ein Schild war alt und trug den Hinweis: »Goldener Thron Tutanchamuns, ca. 1355 v.Chr.« Das andere Schildchen war neueren Datums und mit der Mitteilung versehen: »Zeitweilig entfernt für die Weltwanderausstellung der Schätze Tutanchamuns.« Von seinem Standort aus hatte Khalifa durch den leeren Schaukasten Erica und Richard voll im Blickfeld.

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