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Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Titel: Der Fluch der Totenleserin totenleserin4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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erniedrigend, Wasser vom Brunnen zu holen und es wie die anderen Frauen auf dem Kopf nach Hause zu tragen, oder Feuerholz zu machen und ihre Wäsche im Fluss unterhalb der Burg zu waschen. Sie und Thomassia waren Herrin und Dienerin, was sie nicht davon abhielt, sich abends gemeinsam mit einigen anderen Dorffrauen auf Na Roquas Balkon zu treffen, Wolle zu spinnen, sich gegenseitig die Haare mit einem Läusekamm zu kämmen, was ein Zeichen der Freundschaft war, und dabei die letzten Neuigkeiten auszutauschen.
    Adelia nahm an, dass es die Frauen schwerer hatten als die Männer. Sie arbeiteten ebenso viel und hatten weniger davon, jeder Einwand dagegen wurde abgetan oder sogar hin und wieder mit Schlägen beantwortet. Sie beschwerten sich nicht, kannten sie es doch nicht anders, blühten aber auf, wenn sie Witwen wurden, und zumeist überlebten die Frauen Caronnes ihre Männer. Na Roqua, Fabrisses Freundin zum Beispiel, und ihre Nachbarin Na Lizier hatten nach dem Tod ihrer Ehemänner ihr eigenes Geschäft gegründet und regierten heute über ihre Söhne und Enkel wie Matriarchinnen, die sie ja wirlich waren. Adelia bewunderte sie.
     
    Tagsüber halfen Boggart und Adelia Fabrisse und Thomassia bei ihren Aufgaben, zu denen die endlosen Vorbereitungen für das Weihnachtsfest gehörten. Ob ihre Ansichten zur Geburt Jesu nun übereinstimmten oder nicht, Katharer und Katholiken feierten das Fest mit einem großen Mahl für das ganze Dorf in der Halle der Burg.
    Mansur, Ulf und Rankin verbrachten ihre Zeit damit, den Schäfern mit ihren Herden zu helfen, was eine rein männliche Tätigkeit war, oder sie nutzten ihre Fähigkeiten dazu, Reparaturen an der verwahrlosten Burg vorzunehmen.
    Das alles brachte den geflohenen Gefangenen ein Gutteil der Kraft zurück, die der Bischof von Aveyron ihnen genommen hatte. Ganz besonders Rankin fühlte sich wie zu Hause. »Wie auf ’n Highlands isses hier, nur ohne den verfluchten Regen.« So beschrieb er es, wobei auch ihm selbst immer klarer wurde, dass ein Teil der Anziehung, die Caronne auf ihn ausübte, von seiner wachsenden Freundschaft zu Thomassia herrührte.
    Dieser wunderbare, so besondere Ort nimmt uns in sich auf, dachte Adelia, er schließt uns in sein Herz. Ganz sicher hatte sie
ihn
längst in
ihr
Herz geschlossen. Von O’Donnell, der die fünf wieder abholen wollte, war noch nichts zu hören oder zu sehen, und es konnte jetzt jeden Tag den ersten Schnee geben, der sie von der Außenwelt abschneiden würde.
    Nachts dachte Adelia an Allie und fragte sich, wie lange dieses Idylle wohl nach anhalten mochte. Oder wie lange sie wollte, dass sie anhielt.
     
    Am Morgen des Heiligen Abends bereiteten die Frauen das Festmahl des nächsten Tages vor. Die Küche hing voller Hühner, Enten und Gänse, die darauf warteten, auf ihre Spieße gesteckt zu werden, und alles war voller Vorfreude, als Mansur plötzlich in der Tür erschien. »Im Dorf gibt es Ärger.«
    Adelia ließ die Handmühle fallen, mit der sie Kastanien für die
torche aux marrons
gemahlen hatte, Caronnes Weihnachtsspezialität. Ihr Blick fand den Boggarts, die sie ebenso erschreckt ansah. Sie kommen uns holen! Dann traten sie zusammen mit Thomassia und Fabrisse, die sich ihren kleinen Sohn auf den Rücken gebunden hatte, hinaus auf den Hof und hörten die Schreie unten aus dem Dorf heraufschallen.
    Nicht noch einmal, lieber Gott, bitte nicht noch einmal!
    Es klang wie ein Gemetzel, war aber keines. Als sie im Dorf ankamen, sahen sie Na Roqua auf dem flachen Dach ihres Hauses stehen und Na Lizier anschreien, die auf ihrem stand und ebenfalls schreiend alle Beleidigungen über die schmale Gasse hinweg erwiderte, die ihre beiden Häuser voneinander trennte.
    Es sind nur zwei streitende Frauen. Danke, Gott, danke!
    Eine Gruppe Neugieriger hatte sich versammelt, und Fabrisse musste sich zwischen ihnen hindurchschieben. »Sancta Maria, was geht hier vor?«
    »Bleibt zurück!«, kreischte Na Roqua. »Geht nicht in die Gasse! Seht nur, was darin liegt!«
    Die schwache Morgensonne hatte den schmalen Durchgang noch nicht erreicht, und Fabrisse musste ihre Augen anstrengen, um zu erkennen, worauf ihre alte Freundin deutete. Adelia trat neben sie und konnte den Körper eines großen Ziegenbocks ausmachen, der dort auf dem Boden lag, den Kopf in einem unnatürlichen Winkel verdreht.
    »Sie hat ihn getötet«, heulte Na Roqua. »Die neidische Schlampe hat ihn auf ihr Dach gelockt und hinuntergeworfen.«
    »Ich hätte ihn nicht mal

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