Der Fluch der Totenleserin totenleserin4
ist …«
Der Bischof wedelte mit seinem Buttermesser durch die Luft. »Die Schwangerschaft spricht sie nicht von ihren Sünden los. Wurzel und Ast, Gerhardt, Wurzel und Ast. Denkt daran!«
»Ja, Monseigneur. Dann gibt es noch einen Söldner, der eine Sprache spricht, die niemand versteht, dazu einen Sarazenen und eine Frau, die für ihn übersetzt.« Gerhardt blickte auf. »Sie ist die Frau, die unser Informant unbedingt brennen sehen will. Wenn die anderen mit ihr sterben, so sei es. Kein christlicher König würde solche Abwasserratten seiner Tochter zumuten.«
Der Bischof zuckte mit den Schultern. »Was das betriff, wäre ich nicht so sicher, nicht bei Henry Plantagenet. Nein, ich habe keinen Zweifel, dass sie das sind, was sie sagen.«
Vater Gerhardt war verblüfft, nicht so sehr, weil es tatsächlich so zu sein schien, sondern weil sich sein Bischof offenbar nicht darum scherte. »Und muss uns seine Meinung stören?«, fragte er. »Die Meinung eines Priestermörders?«
»Eines Priestermörders, der Buße getan hat für den Mord an Becket und wieder in Gnade steht.« Der Bischof schüttete sich ein weiteres Glas Wein ein und überlegte. »Ich frage mich vielmehr: Können wir es uns leisten, den König von England zu beleidigen?«
»Wenn wir es nicht tun, verlieren wir einen Spion im Herzen des königlichen Netzes. Im Übrigen, Monseigneur …« Gerhardts Eckzähne blitzten auf und zeugten von der Freude, mit der er den Trumpf zog, den er bisher zurückgehalten hatte. »Im Übrigen kann ich Euch berichten, dass sich der Bischof von Winchester und andere aus dem Gefolge der Prinzessin beschwert haben, der Sarazene und seine Übersetzerin seien Hexen. Sie sagen, die beiden hätten Verderben über sie gebracht, und sie wären nicht unglücklich, sie zu verlieren.«
»Hexen, was?« Das gefiel dem Bischof.
»Ja, Monseigneur. Offenbar hat die Sarazenenfrau Bischof Rowley von St. Albans einen Liebestrunk verabreicht, und er lechzt nach ihr und will kein Wort gegen sie hören.«
»Ich dachte, sie ist ohne Reiz?«
»Das stimmt, Monseigneur. Was beweist, welch eine gefährliche Hexe sie ist.«
»Eine Isebel«, sinnierte der Bischof. »›Und er befahl ihnen: Stürzt sie herab! Und die Diener gingen hin, fanden aber nichts mehr von ihr als den Schädel, die Beine und die Hände. Das ist das Wort des Herrn: Die Hunde werden das Fleisch Isebels fressen.‹ Ein sehr befriedigendes Ende, wie ich schon immer gedacht habe.«
»In der Tat, Monseigneur.« Gerhardt wollte sich nicht vom Thema abbringen lassen. »Zudem trägt diese Metze kein Kreuz, und sie und das Mädchen sind wie Katharer gekleidet. Die Zeit mit Ermengarde hat sie zweifellos infiziert.«
Der Bischof lächelte. Im gefiel das Prinzip des
post hoc ergo propter hoc.
Wie nützlich es doch war.
Vater Gerhardt hob flehentlich die Arme zum Himmel. »Wann, oh Herr, wirst Du uns diese Plage ein für alle Mal ausrotten lassen?«
Ja, wann tatsächlich?, dachte der Bischof. Immer strengere Edikte waren von Rom gegen die Katharer erlassen worden, seit über dreißig Jahren jetzt, aber zu einem Kreuzzug gegen sie wurde nicht aufgerufen. Dabei war es die einzige Lösung, sonst würden sie wahrhaftig eine Seuche werden. Eine neue Ordnung war vonnöten. Ein Mann, der auch gegen den Willen des Papstes das heilige Kreuz gegen die Katharer erhob, um Gottes gerechte Schlacht zu beginnen.
Nachts schwitzte der Bischof von Aveyron in der Seidenwäsche seines Bettes. War er erfolgreich, würde es ihn hoch hinauftragen, vielleicht sogar bis auf den Thron in Rom. Wenn nicht …?
Sich gegen die Zähne klopfend, betrachtete der Bischof das Bild des Paradieses an der Decke. Es gefiel ihm sehr. Der Künstler hatte nicht davor haltgemacht, auch Evas nackten Körper zu malen. »Dieser Informant, der ist verlässlich, oder?«, fragte er.
»Er ist ein wertvoller Mensch, Monseigneur. Wie ich sagte, hat er Zugang zu dem, was zwischen den englischen Bischöfen und dem König besprochen wird, und er wird auch in Sizilien sein, wenn St. Albans nach seinen Verhandlungen dort ankommt. Was zählt dagegen eine Hexe und eine Handvoll bedeutungsloser Irrgläubiger?«
Aber der Bischof von Aveyron hatte in seiner Vorsicht bereits einen Entschluss gefasst. Er war nicht zu dem geworden, der er heute war, indem er die Dinge übereilte.
»Dennoch sollten wir uns versichern. Der Plantagenet ist den Ungläubigen gegenüber zu nachgiebig, doch sein Arm reicht weit, und er führt ein
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