Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Titel: Der Fluch der Totenleserin totenleserin4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
Vom Netzwerk:
vorausreiten, um »ihnen zu sagen, dass wir kommen.« Er gab seinem Maultier die Fersen und verschwand in der Dunkelheit. Als er weg war, bewies der Mann, der Boggart gegenüber solche Sorge gezeigt hatte, seine Menschlichkeit ein weiteres Mal und befahl eine Pause, um den Gefangenen zu trinken zu geben. Das Wasser war warm und abgestanden, und der Ledersack, in dem es war, stank übel, aber oh, es war wunderbar.
    Der Marsch ging weiter.
    Endlich nahmen die Berge vor ihnen im schwachen Licht der noch weit hinter dem Horizont weilenden Dämmerung zerklüftete Formen an. Soweit es zu erkennen war, umgaben sie eine ansehnliche Stadt.
    Figères? Nein. Rowley hatte gesagt, Figères sei kaum größer als ein Dorf. Die Hoffnung zog herauf, dass es Carcassonne sein könnte, eine der größten Städte des Languedoc, in die auch Rowley wollte. Allerdings hatte sie gedacht, Carcassonne liege auf einer Ebene.
    Sie hörte Ermengarde »Aveyron« sagen, als sei etwas in ihr ausgelöscht worden, und einer der Männer lachte.
    Die Stadt erwachte gerade, als sie ihre Außenbezirke erreichten. Eine Frau kam aus einem Haus, leerte einen Nachttopf und rief ihre Familie, damit alle sahen, wer da vorbeikam. Fensterläden flogen auf, und Fragen, Hunde und Kinder begleiteten die Gefangenen einen gewundenen, gepflasterten Weg hinauf zu einem Platz, der von Häusern beträchtlicher Größe umgeben war. Adelia sah einen großen Turm und Kuppeln, die an graziöse Topfdeckel erinnerten und sich vor der aufgehenden Sonne abzeichneten. Immer noch weiter hinauf ging es zu einem weiteren Platz, wo Boggart von ihrem Maultier gehoben wurde. Die Stricke, mit denen sie gefesselt waren, wurden durch Ketten ersetzt, und sie wurden in eine prächtige, von Säulengängen gesäumte Halle geführt, wo eine Reihe livrierter Diener mit Speisen in den Händen auf dem Weg in einen Raum auf der rechten Seite innehielt, um sie anzustarren. Die Gaffer wurden aber gleich von einem üppig gekleideten Haushofmeister mit dem Aufstampfen seines Stabes aufgefordert, ihre Arbeit nicht zu vergessen. Von einer Galerie hoch oben sahen ebenfalls Leute zu ihnen herunter.
    In der Mitte der Halle saß ein in ein Priestergewand gekleideter Mann an einem Tisch, einen Schreiber neben sich. Ein Fluch war zu hören und ein Gerangel, und als Adelia sich umdrehte, sah sie, dass einer der Soldaten Ward im Nacken packte und nach draußen beförderte, worauf die Türen geschlossen wurden.
    Ermengarde hatte ihren Mut wiedergefunden. Als sie vor den Tisch geschoben wurde, sprach sie den Priester freundlich auf Latein an. »
Ave,
Gerhardt«, und dann lauter auf Okzitanisch:
»Ara roda l’aleha.«
(»Die Biene summt wieder herum.«)
    Es gab einen Lacher, der schnell unterdrückt wurde und dessen Echo es unmöglich machte zu sagen, woher er gekommen war.
    »
Vater
Gerhardt für dich, Weib«, sagte der Priester auf Latein.
    »Mein Vater ist im Himmel. Wollt ihr wieder disputieren? Großartig.«
    Vater Gerhardt wandte sich an seinen Schreiber: »Ermengarde von Montauban, eine geständige Katharerin. Schreibe er!« Er hob den Kopf. »Oder bereust du, Frau?«
    »Ich bereue nichts.«
    »Du wirst angeklagt, Irrlehren zu verbreiten und den Edikten seiner Heiligkeit Papst Alexanders  III . zuwiderzuhandeln. Die Strafe darauf ist der Tod durch Verbrennen.«
    »Ich erkenne weder diese Edikte an noch Euren satanischen Papst. Ich habe nur die wahre christliche Lehre gepredigt.«
    »Wir haben Zeugenaussagen.« Vater Gerhardt deutete auf eine Rolle vor sich.
    »Großartig.«
    Hör auf! Hör auf!, wollte ihr Adelia zurufen. Sie hatte die Rufe der ungebildeten Soldaten, die Haus und Stall angesteckt hatten –
»brennen sollen sie wie ihr verfluchten Katharer«
 –, für die Drohungen von Großmäulern gehalten, jetzt wurde etwas ganz anderes daraus. Zweifellos befanden sie sich in den Fängen einer machtvollen Maschinerie, und der Mann vor ihnen meinte es ernst. Die Augen in seinem steinernen Gesicht waren das einzig Bewegliche an ihm, und in ihnen loderten Flammen.
    Das können sie nicht, dachte sie. Nicht uns. Henrys Wut würde fürchterlich sein, wussten sie das nicht? Das
mussten
sie wissen.
    Aber um sie herum erhoben sich die gleichgültigen Berge eines Landstrichs, in dem die Erlasse der Plantagenets nicht galten. Sie waren in die Geschichte einer Frau geraten, die nicht die ihre war. Es war ein Fehler, sie würden aus einem Fehler heraus sterben. Sie wollte, dass Ermengarde sich duckte und

Weitere Kostenlose Bücher