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Der Fluch des Andvari (German Edition)

Der Fluch des Andvari (German Edition)

Titel: Der Fluch des Andvari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas W. Krüger
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ihrer Angst konnte sich Hannah nicht gegen die Anziehungskraft der Frau wehren. Es war wie ein Bann.
    Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Hannah zuckte zusammen, fuhr herum. Es war Beate, die sie verwirrt ansah. „Alles in Ordnung mit dir?“
    Hannah brauchte einige Sekunden, um sich der Situation bewusst zu werden. Mit klopfendem Herzen starrte sie ihre Freundin an.
    „Hanni?“, wiederholte Beate.
    Verwirrt schaute sich Hannah um. Sie stand unmittelbar vor dem Altar. „Bea, ich habe sie gesehen“, stammelte sie.
    „Wen?“
    „Die Walküre, den Dämon. Sie stand direkt vor mir.“
    Prüfend sah sich Beate um. „Hier ist niemand. Das hast du dir eingebildet.“
    „Nein“, protestierte sie. „Es war ... sie war hier.“
    „Hat sie denn etwas gesagt?“
    „Sie nannte mich mit Namen“, stotterte sie. Die Begegnung hatte sehr real gewirkt. Hannah hatte die Frau fast berühren können, so nah waren sie sich gewesen. „Bea, ich habe Angst.“
    Ihre Freundin wollte sie in die Arme nehmen, doch Hannah wich ihr aus. Rasch stieg sie die flachen Stufen hinunter, verließ den Chor und eilte aus dem Dom. Am Südportal blieb sie schließlich stehen. Vor ihr eröffnete sich der einstige Kreuzgang. Heute deuteten nur noch Hecken die ehemalige Struktur an. Zum ersten Mal hatte Hannah eine Wachvision von dieser mysteriösen Frau gehabt. Und sie hatte sie bei ihrem Namen gerufen. Verwirrt ging sie weiter, betrat den einstigen Innenhof. Die Sonne strahlte, wärmte sie. Dennoch fröstelte Hannah.
    Beate eilte mit Julia hinzu. „Warum bist du weggelaufen?“, fragte sie besorgt.
    Hannah sah sie lange an, bevor sie erwiderte: „Ich habe große Angst.“ Dabei rieb sie sich über die Arme. „Du kannst es nicht verhehlen - irgendetwas versucht, Besitz von mir zu ergreifen. Eine Macht jenseits unserer Welt.“ Ihre Stimme zitterte bei diesen Worten.
    „Hanni.“ Beate sprach mit sanften Worten. „Das klingt jetzt aber wirklich sehr nach ...“
    „Nein“, widersprach sie streng. „Ich habe ihren Geist gespürt. Sie ist hier. Brünhild ist im Dom.“
    „Ich kann nicht glauben, was du erzählst.“
    Hatte ihre Freundin Recht? Litt Hannah unter Halluzinationen? Sie war völlig verwirrt und fühlte sich so hilflos, seit sie an diesem Ort war. Bangend starrte sie auf das mächtige Südportal. Eigentlich waren Dome Stätten der Stärke und inneren Erbauung. Doch dieser Sakralbau strahlte eine unheilvolle Kälte aus. Die Finsternis hatte Besitz von diesem Ort ergriffen. Die Stunde des Schicksals war gekommen! Es gab kein Zurück mehr. Hannahs Blick suchte Julia, die sie mit großen Augen betrachtete.
    Hannah ging vor ihr in die Hocke. „Hast du Angst, Prinzessin?“
    Julia schien in sich hinein zu lauschen, bevor sie zögerlich antwortete: „Ja.“
    „Möchtest du lieber hier draußen warten?“
    Dieses Mal schüttelte sie den Kopf. „Nein.“ Ihr Blick hing flehend an ihr. „Ich möchte bei dir bleiben, Mama.“
    „Das möchtest du?“
    „Ja.“
    „Okay.“
    Hannah war nicht wohl bei dem Gedanken. Andererseits wollte sie ihre Tochter nicht allein lassen – das Böse steckte voller Tücke.
    „Hanni“, fragte Beate, „was hat das alles zu bedeuten? Sollten wir nicht besser ...?“
    „Nein“, widersprach Hannah strickt. „Ich werde nicht zurückweichen.“
    „Wie meinst du das?“
    Ohne auf die Bedenken ihrer Freundin einzugehen, fragte Hannah ihre Tochter auffordernd: „Bist du bereit?“
    Julia nickte tapfer.
    „Hanni? Was hast du vor?“, wiederholte Beate.
    „Ich stelle mich der Herausforderung.“ Sie atmete einmal tief durch. „Mögen die Götter uns die nötige Stärke geben.“
    Sie nahm Beate den kleinen Rucksack ab, fasste die Hand ihrer Tochter und ging zielsicher auf das Südportal zu.

    Voller Anspannung fuhr Röwer bei Beate Witteks Wohnhaus in Mainz-Bretzenheim vor.
    Während der Fahrt hatte er sich mit den Andeutungen des Professors beschäftigt, ohne jedoch ein klares Bild zu erkennen. Bei einer kurzen Pause hatte er sich Hannahs Internet-Ausdrucke näher angeschaut. Die Aussagen über die altertümliche Satanssekte bestätigten seinen Verdacht, es bei dieser nach Blut dürstenden Frau tatsächlich mit Brünhild zu tun zu haben. Hellhörig werden ließ ihn allerdings der Umstand, dass Professor Neumann, der tragische Entdecker der Nibelungengruft, einem aristokratischen Geschlecht angehört hatte, das angeblich bis in die Merowingerzeit zurück reichte. Er sollte ein direkter

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