Der Fluch des Andvari (German Edition)
verloren? Schatzjäger wie Neumann und Wolff? Achtsam folgte Hannah mit ihrer Tochter und Beate dem Weg in die Dunkelheit.
Kurz nach fünf hatte Röwer die Baustelle am Binger Loch erreicht. Das Gatter stand offen, der Kommissar fuhr bis zur Baracke vor, wo Steinhagens BMW und ein Mercedes parkten. Wachposten oder Arbeiter sah er nirgends. Dafür kam Hansen auf ihn zu. Der Agent trug einen dunklen Overall, Schutzhelm und einen großen Rucksack auf dem Rücken. Rasch stieg Röwer aus.
„Ah, Herr Kommissar“, stockte Hansen. „Ich dachte schon, Sie kommen gar nicht mehr.“
Röwer hatte nicht die Absicht, von den Ereignissen bei dem Professor zu erzählen. Daher konterte er mit einer Frage: „Wo sind die Arbeiter?“
„Die haben heute frei“, erwiderte Hansen trocken.
„Und die Wachposten? Ich hätte gedacht, Steinhagen hätte zumindest ...“
„Um die Wachposten brauchen Sie sich nicht mehr sorgen.“
„Sie haben sie doch nicht etwa umgebracht?“
„Nicht doch, Herr Kommissar. Ich gehöre zu den Guten. Die Männer warten sicher verschnürt in der Baracke, damit Sie sie später verhaften können.“
Immer noch genauso arrogant wie in Hamburg, stellte Röwer fest. Was fand Hannah nur an diesem Mann? Er hatte keine Erklärung. Aber ließ sich Liebe überhaupt erklären? Während der Fahrt hatte er gehofft, einen Anruf von Beate oder Hannah zu erhalten - doch vergebens. Die beiden Frauen waren wie vom Erdboden verschluckt. Wusste Hansen vielleicht die Antwort? Sollte er den Agenten vielleicht doch mit dem Tod des Professors konfrontieren? Irgendetwas stimmte Röwer misstrauisch. Wieso hatten die Fotos so sauber platziert auf dem Kaminsims gelegen? Der Mörder hatte ein Chaos hinterlassen. War nach dem Mord noch jemand in der Villa gewesen? Einiges sprach dafür - dann konnte es nur der Informant gewesen sein: Steffen Hansen. Aber warum hatte er ihn nicht vor den korrupten Polizisten gewarnt? Der Kommissar durfte sich nicht in irgendwelche abstrusen Verschwörungstheorien verstricken – dennoch, ein gutes Maß an Misstrauen war angebracht.
„Kommen Sie“, forderte Hansen und reichte Röwer einen Schutzhelm, bevor er auf die kleine Hütte zuging.
Es riss den Kommissar aus seinen Überlegungen. Er wagte die Konfrontation. „Warum haben Sie mir verschwiegen, dass Sie die Identität der Walküre Brünhild kennen?“
„Wie meinen Sie das?“, wich Hansen aus.
Röwer ließ sich nicht beirren. „War die Frage nicht klar genug gestellt?“
„Sie haben die Fotos gefunden?“
„Wer hat den Professor ermordet? Und keine Gegenfrage mehr.“
Hansen stockte einen Moment. „Steinhagens Leute.“
„Warum haben Sie mich nicht gewarnt?“
„Es betrübt Sie vielleicht zu hören, dass mein Ordensbruder bei der Verfolgung des Mörders selbst ums Leben kam und Sie daher nicht warnen konnte.“
„Warum haben Sie mir die Fotos nicht früher gezeigt?“
„Was hätten Sie denn unternommen, wenn ich sie Ihnen vorher gegeben hätte?“
„Dann hätte ich Hannah gewarnt und sie wäre ...“
„Nein“, unterbrach Hansen ihn mit eindringlichem Ton. „Damit hätten Sie alles zerstört. Sie dürfen es nicht aufhalten.“
„Aufhalten? Was?“
„Den Fluch. Das Schicksal, das der Heermeister Chlotars heraufbeschworen hat.“
„Von welchem Schicksal reden Sie?“
„Hannah Jenning. Sie ist die Schlüsselfigur in diesem Kampf, der nun schon seit über tausend Jahren währt.“
„Ich verstehe nicht.“
„Sorry, aber für Details haben wir keine Zeit. Steinhagen wird den Schatz noch heute finden. Die Mächte der Finsternis fordern den Tribut. Hannah wird sich ihrem Schicksal stellen. Wir müssen es geschehen lassen, denn nur so können wir die Walküre vernichten und den Orden zerstören.“
Röwer zögerte.
„Kommen Sie, Mann“, forderte Hansen. „Jede Minute zählt.“
Um die Ernsthaftigkeit seiner Worte zu unterstreichen, wandte er sich unmittelbar ab und ging in die Hütte hinein. Röwer musste zerknirscht eingesteht, dass der Agent Recht hatte – ob es ihm passte oder nicht. Hansen war ein Wächter des Lichts. Er besaß ein Wissen, das Jahrhunderte alt war. Er bestimmte die Regeln. Angespannt folgte Röwer dem Agenten in die Hütte und stieg in die Tiefe hinab.
Wenige Minuten später standen die beiden Männer vor dem geöffneten Tor, hinter dem sich zwei Stollen in die Dunkelheit hinein erstreckten.
„Wer hat das gebaut?“, fragte der Kommissar verblüfft.
„Vermutlich die Nibelungen,
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