Der Fluch des Andvari (German Edition)
Holler sah Dokumente mit Stempeln, wie sie Behörden verwendeten. Dazu mehrere Bilder von einer Baustelle und Aufnahmen einer Bohrung.
Steinhagen schaute überrascht auf. „Ich sagte, lassen Sie mich allein.“
„Entschuldigung. Selbstverständlich.“
Ohne weitere Verzögerung verließ Holler die Suite. Diese Mappe war ihm bereits vergangene Woche in Steinhagens Münchener Büro aufgefallen. Projekt Andvaranaut stand in großen Buchstaben auf dem Deckel. Waren es Pläne, wie sie den Schatz der Nibelungen heben konnten? Holler wusste von den Aktivitäten am Binger Loch. Einmal war er mit Steinhagen dort gewesen, seither machte er ein Geheimnis darum. Stand er kurz vor dem Ziel?
Mittwoch, 26. April
Das Klingeln des Weckers riss Röwer aus seinen erotischen Träumen. Er schreckte auf. Nur zögernd erfasste er die Realität. Regentropfen klatschten gegen die halb geschlossene Jalousie. Wind ließ die Plastiklamellen klappern. Sein Blick schweifte zu Beate Wittek, die ruhig in seinen Armen schlummerte. Beim Anblick der nackten Frau erfasste ein glückliches Lächeln sein Gesicht. Vergangene Nacht hatte er erneut unglaubliche Höhen erlebt. Diese Frau schien zum Liebe machen geboren zu sein. Es war ein Wink des Schicksals, der sie auf der Ronneburg zusammengeführt hatte.
„Guten Morgen, Süße“, flüsterte er und streichelte ihr sanft durch das lange Haar.
Beate stöhnte leise auf, öffnete die Augen.
„Hast du gut geschlafen?“, fragte er.
Sie strahlte ihn an. „Es war eine wunderbare Nacht, Jochen.“
Er näherte sich ihrem Mund und sie küssten sich leidenschaftlich. Erregt strichen seine Hände über ihren Körper. Aber er zügelte sein Verlangen rechtzeitig. Verliebt schaute er sie an. Sie wirkte wie ein Traum mit ihren verlockenden, blauen Augen und dem betörenden Lächeln. Ihre vollen Lippen waren leicht geöffnet. Es fiel Röwer schwer, ihrem Angebot zu entsagen, doch der Wecker klingelte erneut. Er musste pünktlich sein heute Morgen.
„Wenn du magst, bleib einfach liegen“, sprach er leise. „Draußen gießt es in Strömen.“
„Das ist eine gute Idee“, erwiderte sie gleichmütig und streckte sich.
Röwer genoss noch einmal das sinnliche Bild des nackten, makellosen Körpers.
Nachdem er geduscht und sich angezogen hatte, kochte er sich Kaffee. Dabei schweifte sein Blick hinaus auf die dunklen Wolken, die tief über der Stadt hingen. Unaufhörlich fiel der Regen. Eine Wetterbesserung schien nicht in Sicht. Keine guten Voraussetzungen für seine Nachforschungen am Binger Loch, die er für den Vormittag geplant hatte. Aber er musste sich einen Überblick verschaffen, was tatsächlich auf Steinhagens Baustelle geschah. Waren die Arbeiten nur Tarnung für die Suche nach dem Nibelungenschatz?
Mit einer Tasse Kaffee in der Hand ging Röwer in sein Arbeitszimmer. Die Unterlagen und Papiere, die er über die Serienmorde erstellt hatte, lagen immer noch so auf dem Tisch verstreut wie gestern Abend. Er hatte sich nach dem Bowlingspiel damit beschäftigen wollen, was ihn aber nur für eine halbe Stunde gelungen war. Dann hatte Beate nicht länger warten wollen. Ihr Verlangen war so stark gewesen, dass sie ihn gleich hier verführt hatte und sie es auf dem Tisch gemacht hatten. Bei den Erinnerungen daran grinste Röwer. Genüsslich trank er einen Schluck Kaffee.
Schließlich packte er die Unterlagen zusammen und steckte einen Teil davon in seine Aktentasche. Unter anderem die Mappe mit den lateinischen Schriftstücken, die er am Nachmittag einem Professor zur Übersetzung geben wollte. Von all dem hatte er dem BKA nichts erzählt. Auch sein Chef wusste nichts davon. Offiziell befasste sich Röwer mit einem Raubmord an einem Juwelier, wobei er die Recherchen geschickt an seine Mitarbeiter delegiert hatte. Aber Röwer musste vorsichtig sein - in jeder Hinsicht. Er hatte von allen wichtigen Papieren mehrere Kopien angefertigt, die er aus Sicherheitsgründen an verschiedenen Orten aufbewahrte. So hoffte er, bei einem Überfall der Schwarzen Engel gegen einen möglichen Diebstahl abgesichert zu sein. Zudem verfasste er jeden Abend ein Protokoll über die Ergebnisse seiner Ermittlungen, die er per Post einem befreundeten Anwalt zukommen ließ. Es waren versiegelte Umschläge, die der Advokat nur im Falle von Röwers Tod öffnen und an die Presse weiterleiten sollte. Das war Röwers Lebensversicherung gegenüber dem Orden. Sein Blick fiel auf die Uhr. Es wurde Zeit. Er musste sich beeilen, wenn er
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