Der Fluch des Andvari (German Edition)
wieder aufzunehmen.
Nachdem sie geduscht hatte, setzte sie sich an den PC. Zunächst wollte Hannah Informationen über Friedrich Wolff und seinen Sohn sammeln. Sie musste viele Einschränkungen vornehmen, um überhaupt brauchbare Links über die Personen zu erhalten. Das Bild, das sie schließlich erhielt, beschrieb zwei skrupellose und Macht besessene Männer. Einige der Seiten druckte sie aus, um sie später zu lesen. Anschließend startete Hannah eine erneute Suche über die blutrünstige Sekte aus dem frühen Mittelalter, auf die sie gestoßen war. Es passte zu den Informationen, die sie von Röwer erhalten hatte. Wenn die Frau, die der Verfasser in seinen Texten erwähnt hatte, mit Brünhild identisch war, hieße das, dass es den Menschen damals gelungen war, sie in den Sarkophag zu sperren. Sie hatten einen Weg gefunden, die Walküre zumindest zu bannen. Aber wie? Welches Wissen hatten die Merowinger besessen? Gab es noch Aufzeichnungen über ihre Taten und Weisheiten?
Hannah intensivierte ihre Suche. Immer mehr Links führten sie weiter in die Vergangenheit zurück, zu den Anfängen Europas, als die Merowinger 481 das erste Frankenreich gründeten und die Fundamente der mittelalterlichen Welt schufen. Fast 300 Jahre herrschten sie, bis sie allmählich ihre Macht an den Adel verloren und schließlich die Karolinger die Herrschaft im Reich übernahmen, die damit zu den Begründern Europas wurden und schließlich mit Karl dem Großen den ersten deutschen Kaiser der Historie stellten.
Aber die entscheidenden Fragen blieben nach wie vor unbeantwortet. Wodurch hatten Neumann und Wolff die Walküre Brünhild wiedererweckt? Welcher Zauber hatte sie an ihren Sarkophag gefesselt? Welche Bedeutung hatte das Schwert Tirfing? Die Walküre war der Schlüssel zum Erfolg. Würde sie getötet, würde der Orden seinen wichtigsten Pfeiler verlieren und zerfallen. So hoffte Hannah. Sie musste etwas unternehmen, egal wie und was, damit die bestialischen Morde aufhörten. Aber wo versteckte sich Brünhild?
Hannah musste sich der Wirklichkeit stellen. Sie musste die Konfrontation wagen - heute Abend, wenn sich ihr Vater mit Steinhagen treffen würde.
Später am Nachmittag nahm Hannahs Anspannung mehr und mehr zu. Immer wieder sah sie auf ihre Armbanduhr, während sie mit ihrer Tochter Schach spielte.
Beim gemeinsamen Mittagessen hatte ihr Vater die geschäftliche Verabredung am Abend angesprochen; sie sollte um 20 Uhr beginnen. Solche Besprechungen waren für ihn nicht ungewöhnlich, so dass ihre Mutter keinen Verdacht schöpfte. Nur Hannah wusste, dass sich weit mehr dahinter verbarg. Bislang hatte sie den Kommissar nicht eingeweiht, und das würde sie auch nicht tun.
„Du musst dich besser konzentrieren, Mama“, belehrte Julia und nahm mit dem nächsten Zug einen Turm. „Schach.“
Verwirrt sah Hannah auf das Spielbrett. „Oh.“
Julia schaute sie fragend an. „Wo bist du mit deinen Gedanken?“
„Ich … mach dir keine Sorgen, mein Schatz. Es ist alles in Ordnung.“
„Echt?“, widersprach sie ernst. „Warum hast du vergangene Nacht in meinem Bett geschlafen?“
Diese Frage erschreckte Hannah. Sie hatte gehofft, ihre Tochter hätte es verdrängt.
„Mama? Hast du dich mit Jochen gestritten?“
„Nein.“ Und nach einer kurzen Pause: „Es ist nicht wegen ihm.“
„Sind es die Männer, die uns entführen wollen?“
Hannah lächelte gequält. „Im gewissen Sinne … ja.“ Sie setzte sich zu ihrer Tochter und nahm sie in den Arm. „Dein Opa hat mir gestern etwas erzählt, das mich sehr betroffen macht.“
„Hat er uns enterbt?“
Hannah musste lachen. „Nein, davor brauchst du keine Angst haben.“ Dann wurde sie ernst. „Es gibt einen sehr bösen Mann, der unserer Familie den Erfolg nicht gönnt. Dein Opa leidet sehr darunter.“
„Sag es Jochen. Er ist Polizist.“
Sanft strich sie Julia eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Weißt du, mein Schatz. Es gibt Dinge, da kann nicht einmal die Polizei helfen. Das muss Opa alleine tun. Und ich werde ihm dabei helfen.“
„Hast du schon einen Plan?“
„Ja, und dazu brauche ich deine Unterstützung.“ Sie sah ihre Tochter einen Moment an. „Ich begleite Opa heute Abend. Aber das darfst du niemandem erzählen. Das muss unser Geheimnis bleiben. Versprichst du es?“
Angst zeichnete Julias Gesicht. „Wieso?“
„Weil es Opas Wunsch ist.“
„Aber … Jochen …“
„Nein, Prinzessin. Er darf es auf keinen Fall erfahren.“
Tränen traten
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