Der Fluch des Andvari (German Edition)
wirklich sehr direkt. Ja, Bea … ich glaube nicht, dass das was auf Dauer ist. Sie ist eine absolute Granate im Bett, aber irgendwie …“
„Granate?“
Er lachte. „Entschuldige, das ist so ein Ausdruck für …“
„Für was?“, hakte sie kess nach.
Doch sie wusste genau, was er damit meinte und freute sich, wie ihre Frage ihn verlegen machte.
„Na, das heißt …“, stotterte er.
„… dass sie unheimlich scharf und geil ist und dir alle Wünsche erfüllt.“
„Du kleines Biest“, schimpfte er lächelnd. „Du hast es wirklich faustdick hinter den Ohren. Lässt mich hier zappeln und genießt es noch.“
Julia kicherte. Auch ihre Mama unterschätze sie in dieser Angelegenheit. Julia verhielt sich zwar zurückhaltend, aber das bedeutete nicht, dass sie weltfremd war.
„Jetzt weißt du, wie es um mein Liebesleben steht, meine Süße“, fuhr er vergnügt fort. „Und das hast du geschickt gemacht. Aber du brauchst es deiner Mama nicht sagen. Sie weiß es ohnehin.“
„Ich mag dich, Jochen“, entgegnete sie aufmunternd.
„Das ist lieb von dir, Prinzessin. Und nun solltest du langsam ans Schlafen denken.“
„Gibst du mir einen Gute-Nacht-Kuss?“
Behutsam beugte er sich zu ihr hinunter und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Gute Nacht, Julia.“
„Gute Nacht, Jochen.“
Als er an der Tür stand, wandte er sich noch einmal um. „Träum was Schönes.“
Das Mädchen lächelte wohlwollend. Es betrübte Röwer zunehmend. Er mochte Mutter und Tochter sehr, er würde ihnen ein guter Partner sein. Aber die Liebe ging ihre eigenen Wege.
Rasch griff er zu seinem Handy und wählte die Nummer seines Kollegen. Es war gefährlich, Hannah allein zu lassen, doch er hatte sie nicht gänzlich ohne Schutz gelassen. Am Nachmittag hatte er einen Freund bei der Hamburger Polizei angerufen und ihn gebeten, die Observierung zu übernehmen. Doch das, was Röwer jetzt zu hören bekam, gefiel ihm überhaupt nicht, es verärgerte ihn. Hannah hatte ihn tatsächlich belogen - er hatte es befürchtet. Sie war nicht zur Innen Alster gefahren, wo sie sich mit Hansen hatte treffen wollen, wie sie ihm erzählt hatte. Der Kommissar zögerte nicht. Er musste ihr folgen.
Es dunkelte bereits, als Hannah ihr Ziel erreichte. In sicherem Abstand war sie dem Mercedes ihres Vaters gefolgt. Immer wieder hatte sie sich im Rückspiegel versichert, dass sie nicht verfolgt würde. Einmal glaubte sie, einen dunklen Audi bemerkt zu haben, aber irgendwann war der Wagen aus ihrem Blickfeld verschwunden.
Jetzt stand Hannah an der Zufahrt eines großen Gehöfts irgendwo im Süden von Hamburg. Ringsherum erstreckten sich weite Felder. Das Gelände, das sich vor ihr abzeichnete, wirkte verlassen. Früher musste es ein blühender Bauernhof gewesen sein. Heute schienen nur noch einzelne Gebäude genutzt zu werden. Das Schild einer Marketingfirma prangte an der Zufahrt.
Es war Hannah nicht leicht gefallen, Röwers Warnungen zu ignorieren und ihre Tochter allein zu lassen. Das Risiko, das sie einging, war sehr hoch. Denn ihren Gegnern zählte ein Menschenleben nichts. Sollte sie von den Ordensmitgliedern überrascht werden, wäre sie in allergrößter Gefahr. Doch ihre Neugier und Entschlossenheit waren stärker als die Angst.
Achtsam eilte Hannah den sandigen Zufahrtsweg entlang und betrat das Gelände. Der Mercedes ihres Vaters war in einer der ehemaligen Scheunen verschwunden. An einem Baum blieb sie stehen und spähte über den großen Platz, der sich vor ihr eröffnete. Im Haupthaus flackerte Licht hinter den zugezogenen Vorhängen, Schatten huschten umher. War Steinhagen bereits eingetroffen? Seinen BMW sah sie nirgends parken. Der ungünstige Blickwinkel ließ sie das Innere der Scheune nicht erkennen. Hannah musste näher heran. Sie lief quer über den Platz, bis sie die Längsseite der Scheune erreicht hatte.
Wachsam schlich sie zur Vorderseite, näherte sich dem offenen Tor. Ihr Herzschlag steigerte sich. Ihre Sinne spannten sich bis zum Äußersten. Aufgeregt lauschte sie. Gemurmel drang aus dem Innern. Hannah unterschied zwei Stimmen. Vorsichtig spähte sie hinein. Der Mercedes ihres Vaters parkte neben Steinhagens BMW. Ihre Vermutung war zutreffend. Die beiden Chauffeure hielten sich bei den Wagen auf, rauchten und sprachen miteinander. Auf der linken Seite erkannte Hannah einen beleuchteten Korridor, der zu dem Hauptgebäude führte. Ihr Vater musste diesen Weg genommen haben und war bestimmt schon mit Steinhagen
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