Der Fluch des Andvari (German Edition)
Julia in die Augen.
„Du musst mir versprechen, dass du nicht mit Jochen darüber sprichst.“
„Mama“, begehrte sie auf.
„Versprich es, Julia. Es ist mir ernst.“
Sie zögerte einen Moment. „Okay.“
Schutzsuchend klammerte sie sich an ihre Mutter. Hannah streichelte sie zärtlich.
„Ich frage Jochen, ob er dich heute Abend ins Bett bringt. Möchtest du das?“
„Ja“, flüsterte sie.
Es tat Hannah weh, ihre Tochter dermaßen zu belügen. Doch die Umstände ließen ihr keine Wahl. Sie musste die Sache alleine durchziehen.
Hamburg. Hotel ‚Vier Jahreszeiten‘.
Zufrieden stand Karl-Ludwig Steinhagen vor dem Spiegel in seiner Suite und band sich eine Krawatte um. Nur noch wenige Stunden und er würde sein großes Ziel erreicht haben. Seit er vor drei Jahren die Aktienmehrheit an den deutschen Privatsendern aufgekauft hatte, träumte er von der totalen Kontrolle der Medienlandschaft. Dazu fehlten ihm nur noch die Presseverlage, die sich in den Händen von Reinhold Jenning befanden. Aber das würde ab morgen Geschichte sein. Steinhagen hatte den Verleger in die Knie gezwungen. Gestern Abend hatte er ihm die Übernahme zugesagt und das im Beisein seiner Tochter. Steinhagen hatte Hannah Jenning lange nicht mehr gesehen; sie war in der Tat eine bildhübsche Frau, bedeutend besser, als auf den Fotos, die er kannte. Jetzt konnte er Holler verstehen. Aber wo war der Mann abgeblieben? Auf der Feier war er ihm nicht aufgefallen. Steinhagen musste vorsichtig sein, der Mann konnte zu einem unkalkulierbaren Risiko werden. Einen Moment verharrte er vor dem Spiegel. Nachdenklich fuhr er sich über das Kinn. Was, wenn Holler Thor von der Intrige erzählen würde? Wenn er ihn verraten wollte?
Hastig wandte sich Steinhagen um und ging zum Arbeitszimmer hinüber. Dort warteten drei seiner Bodyguards. „Herr Beckmann“, sprach er einen von ihnen an. „Ich habe einen speziellen Auftrag für Sie.“
Der Mann horchte auf.
„Finden Sie Holler. Wie, das ist mir egal. Wenn Sie mehr Männer dazu brauchen, holen Sie sie sich. Aber finden Sie ihn.“
„Ja, Herr Steinhagen.“
„Sie sind mir persönlich für diesen Auftrag verantwortlich.“
„Jawohl.“
„Und wenn Sie ihn gefunden haben, dann töten Sie ihn.“
„Verstanden.“
Es war an der Zeit, einen Schlussstrich unter diese Angelegenheit zu ziehen.
Der Bodyguard griff zu seinem Handy und verließ das Zimmer. Steinhagen sah ihm nach. Holler war nicht sein einziges Problem. Auch des Jägers Tochter bereitete ihm zunehmend Kopfzerbrechen. Zwei seiner Leute beschatteten sie rund um die Uhr. Er musste ihrer habhaft werden. Ihr plötzliches Verschwinden würde sicherlich nicht nur die Wächter des Lichts in Panik versetzen, auch Thor würde damit unter Druck geraten.
„Es ist Zeit, nach Tosted aufzubrechen“, befahl er schließlich.
Die beiden verbliebenen Bodyguards reagierten und begleiteten ihren Boss in den Korridor hinaus zum Fahrstuhl. Während der Lift nach unten fuhr, bereitete sich Steinhagen gedanklich schon auf das Treffen vor. Dabei galt es, nichts von dem vermeintlichen Fehlschlag am Binger Loch zu erwähnen. Noch waren die beiden Ingenieure fieberhaft auf der Suche nach weiteren verborgenen Hohlräumen. Steinhagen wollte einen Misserfolg nicht zulassen.
Als sich die Türen zum Parkdeck öffneten, empfing ihn eisige Kälte. Instinktiv stecke er seine Hände in die Taschen und wickelte sich in seinen Mantel. Schummriges Licht umgab ihn und seine Bodyguards, während sie an den Stellplätzen vorbeigingen.
Am BMW angekommen, öffnete einer der Männer die Fondtür. Ein Fluch kam über seine Lippen. „Scheiße, ist die kalt.“
Steinhagen verharrte überrascht und blickte ins Innere des Wagens. „Holler“, hauchte er.
Auf der Rückbank saß der steif gefrorene Körper des Todesengels. Er war über und über mit Eiszapfen bedeckt. Eine Wasserlache breitete sich auf dem Lederpolster aus. Reflexartig zogen die beiden Männer ihre Pistolen und schauten sich prüfend um. So gut es ging, versuchten sie, ihren Boss gegen einen möglichen Angriff abzuschirmen.
Plötzlich hallte ein irres Gelächter durch das Parkdeck. Steinhagen zuckte unwillkürlich zusammen.
„Dachtest du, ich würde einen Verrat ungestraft lassen?“, ertönte die Stimme einer Frau.
Steinhagen erkannte sie sofort: Brünhild. Im selben Augenblick erschien die Walküre in einer gelben Rauchsäule vor den Männern. Ihre blauen Augen funkelten diabolisch. Wild agierte sie
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