Der Fluch Des Bierzauberers
zweiunddreißigtausend Taler wollte Friedrich insgesamt erstattet bekommen, sogar ohne die versprochenen lebenslangen Pensionsansprüche. Über mehrere Jahre zog sich der mühsame Kleinkrieg dahin, der mit Federkiel und Tinte ausgefochten wurde. Dennoch blieb die schwedische Regierung eisern. Offensichtlich war man in Stockholm der Meinung, der Prinz von Homburg hätte in Gestalt seiner Gattin genug Geld aus Schweden hinausgetragen. Dessen Verstimmung seinem ehemaligen Dienstherren gegenüber wuchs weiter. Und hätten die Schweden geahnt, wann und wie der Hessenprinz und Brauereibesitzer Friedrich von Homburg in späteren Jahren wieder militärisch aktiv werden würde, nur zu gern hätten sie wohl gezahlt, um gerade dies zu vermeiden …
7.
Im weit entfernten Trier waren die seit Längerem kursierenden Gerüchte mittlerweile zur Gewissheit geworden, dass Cord Heinrich Knoll nicht nach Amerika gelangt, sondern in Brandenburg zu finden war. Bruder Martin, der in jeder Hinsicht erfolgreich die Nachfolge des ermordeten Jakobus angetreten hatte, war über die Jahre ein ähnlich erfolgreicher Theaterregisseur beim Jesuiten-Theater geworden. Ihm fehlte zwar der innerlich brodelnde Hass auf alle Andersdenkenden, dies machte er jedoch durch eine besonders perfide Intriganz mehr als wett. Er entsprach in jeder Hinsicht dem Bild, das sich viele Menschen in dieser Zeit von den Jesuiten machten: dem Bild finsterer, romhöriger Kleriker, denen alles Moderne, Aufklärerische oder Protestantische ein Dorn im Auge war. Und zudem die Möglichkeit, bei vielen hochgestellten Persönlichkeiten Beichtvater zu sein, für Geheimniskrämerei und Intrigen missbrauchten. Auch Bruder Martin war als Beichtvater mehr als einmal an Informationen gelangt, die ihm von Nutzen waren. Die Folge waren mehr Macht und Geld, vor allem jedoch Schaden für die Gegner der Jesuiten. Viele Menschen, die seine Meinung oder seinen Glauben nicht teilten, hatte er so in den vergangenen zehn Jahren ins Unglück gestürzt. Das geschah jedoch so unauffällig, dass die Jesuiten als Drahtzieher dieser persönlichen Tragödien unbemerkt geblieben waren. Öffentliche Verhaftungen, Folter und Vollstreckungen waren seit einigen Jahren nicht mehr die Waffen der Trierer Jesuiten. Heimliche Denunziation, gesellschaftliche Ächtung und Nutzung des gesamten Netzwerks der Jesuiten, um den Gefallenen eine neue Chance zu verwehren, hatten sich als weitaus effektiver erwiesen.
»Wer gefallen ist aus der Gnade Gottes, und sich dann ehrlich bei uns um Hilfe für einen Neuanfang mit Gott bemüht, dem wird auch geholfen werden«, so lautete die öffentliche, heuchlerische Maxime Martins. Dass er bei Ersterem kräftig nachhalf und auch nur äußerst selten einen der derartig Gefallenen bei Zweitem später unterstützte, wie es Jahrzehnte zuvor sein berühmter Ordensbruder Friedrich von Spee noch so mustergültig vorexerziert hatte, verschwieg er nämlich geflissentlich. Auch vor seinem eigenen Gewissen.
Trotz der ausgezeichneten Verbindungen der Jesuiten untereinander, die viel und überall im Reich umherreisten, – Martin selbst hatte 1658 einige Monate im Jesuitenkolleg in Wien verbringen dürfen und dort wertvolle Kontakte geknüpft, die er Jahre später gegen Knoll nutzen konnte –, hatte es dennoch einige Zeit gedauert, bis ihm zu Ohren gekommen war, dass im Bistum Halberstadt, das seit Kriegsende zu Brandenburg gehörte und damit für die Jesuiten tiefstes Ketzerland darstellte, der verhasste Braumeister und gesuchte Mörder mit seinem Sohn Asyl gefunden hatte. Dabei hatte ihnen der älteste Bruder des Prinzen von Homburg, Wilhelm Christoph, gute Dienste erwiesen. Dieser Bruder, der den Titel Landgraf zu Homburg führte, hatte einige Eskapaden hinter sich, größtenteils amouröser Art. Im daraus folgenden Zwangsexil war er unlängst zum Katholizismus konvertiert und pflegte seitdem gute Beziehungen zu den Jesuiten. Halberstadt war indes nicht gerade die beste Region für einen Rachefeldzug nach Jesuitenart, zumal der Kurfürst von Brandenburg sich ja gerade Toleranz und Freidenken auf die Fahnen geschrieben hatte, um sein entvölkertes Fürstentum wieder zu füllen.
Nun, Martin war geduldig. Er konnte warten, die passende Gelegenheit würde sich eines Tages bieten. Auch Wilhelm Christoph würde sie auf dem Laufenden halten über das, was sich bei seinem Bruder tat. Bis dahin wollte er Knoll in Sicherheit wiegen. Man bat nach wie vor Emigranten, die nach Amerika
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