Der Fluch Des Bierzauberers
auf weitere Erklärungen wartete, fügte sein Herr aber bedauernd hinzu: »Wie es exakt funktioniert, kann ich noch nicht erklären. Da mangelt es mir an Übung. Aber bald werde ich damit umgehen können.«
»Wenn Ihr diese neuen Rechnereien in der Brauerei einführen wollt, dann könnt Ihr auf uns zählen.« Damit hatte Knoll den Prinzen von Homburg endgültig für sich eingenommen.
Viel Zeit verbrachten sie bis zum Saisonbeginn damit, die Brauerei auf eine vernünftige wirtschaftliche Grundlage zu stellen.
»Fortschrittlich wollen wir sein, mehr als alle anderen Brauhäuser im Land!«, prahlte der Prinz des Öfteren. Eines seiner liebsten Themen war ›Wallenstein und das Bier‹. Stundenlang konnte er darüber referieren, debattieren und diskutieren. Am liebsten mit Knoll, der für die Thesen des Hessenprinzen den Advocatus diaboli spielen musste. Und dies mit großer Begeisterung tat, obwohl er eigentlich der gleichen Meinung war.
»Wenn der böhmische Großkotz am Ende nicht all seinen Wagemut in Bier ersoffen hätte, so er denn je welchen gehabt hat, wenn ihn schließlich auch seine eigene Intriganz gefällt hat, als Wirtschafter war er großartig«, versuchte Friedrich seinen wichtigsten Mitarbeitern regelrecht einzubläuen, dass er den ehemaligen Kriegsgegner nur als Ökonomen, nicht jedoch als Feldherr schätzte. »Wenn wir es ähnlich anstellen, werden wir erfolgreich sein, ohne Zweifel!« Er wusste, dass Wallenstein das Bier geliebt hatte. »Sein Bier erst befeuerte ihn und gab ihm den Mut, nach der Krone zu greifen. Und sein diplomatisches Geschick ließ erst nach, als seine Tage mit der Sehnsucht nach seinem guten Bier angefüllt waren.«
Knoll wusste beizusteuern: »Ich habe gehört, dass Wallenstein im Krieg die Stadt Zerbst plündern und niederbrennen wollte. Die Fürstin Agnes von Anhalt hat dies jedoch durch eine Fürbitte, auch für das berühmte Zerbster Bier, verhindern können.«
Friedrich hatte sich Abschriften von Wallensteins Unterlagen besorgt, aus denen er gern vorlas. »Wallenstein hatte seine eigene Wirtschaftsordnung entworfen. Sogar seine Kühe wussten, wie viel Butter und Käse sie herzugeben hatten. Keiner seiner Äcker sollte brachliegen, seine Bauern durften nur das beste Saatkorn nehmen. Wenn Landstreicher auf seinen Ländereien aufgegriffen wurden, so ließ er sie einkleiden und schickte sie zur Arbeit.« Die Grundidee des toten Feldherrn war genau das, was Friedrich sich auch auf die Fahnen schreiben wollte. »Das Wichtigste für ihn war, von niemandem abhängig zu sein. Seine eigenen Manufakturen sollten alles Notwendige herstellen, was man brauchte.«
Unabhängigkeit: Das war Musik in Knolls Ohren. Obwohl er wusste, dass er zu alt war, um jemals wieder Verhältnisse wie in Magdeburg vor dem Krieg erleben zu können. Sein Sohn vielleicht? Dafür wollte er zumindest sein Scherflein beitragen.
So schweiften seine Gedanken ab, während der Hessenprinz weiter Wallenstein studierte und zitierte. »Er stellte sogar französische Schneider und Käseexperten aus Parma ein. Alles was man benötigte, ließ Wallenstein in seinen Manufakturen selbst herstellen: Flachs und Spinnereien für die Uniformen; Fleisch, Bier, Zwieback für die Soldaten; dazu Waffen, Stiefel, Pulver, Blei. Und was er selbst nicht brauchte, wurde mit gutem Gewinn verkauft.« Dann stutzte er, schmunzelte und fuhr fort: »Aber das hier wird Euch gar nicht behagen, mein lieber Knoll.« Er hob das Blatt, von dem er gerade vorlas. »Denn Wallenstein war hart bis zur Grausamkeit, wenn seine Leute schlecht arbeiteten oder gar betrogen. Der Braumeister musste es mit hundert Stockhieben büßen, wenn das Bier einmal nicht nach dem Geschmack des großen Kriegshelden geraten war.« Knolls Gesicht gefror zur Maske, die sich erst löste, als der Prinz laut loslachte. »Knoll, Ihr seht aus, als hättet Ihr ein Gespenst gesehen. Glaubt Ihr im Ernst, ich würde Euch durchprügeln lassen?«
Für die Brauerei sollte ab sofort höchste Effizienz gelten. »Ich werde Euch die beste Gerste beschaffen, die ein Bauer nur anbauen kann. Und den prachtvollsten Hopfen dazu.« Friedrich von Homburg hatte einige Hopfengärten gekauft, die er nun von erfahrenen Hopfengärtnern aus Böhmen pflegen ließ. »Wollen wir doch mal sehen, ob wir den Bierabsatz vervielfachen können, so wie der böhmische Generalissimo es geschafft hatte.« Derart tatkräftige Sprüche waren an der Tagesordnung. Die Biertreber wurden ab sofort ans
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